Kofi Annan Award: Afrikanische Healthtechs im Rampenlicht

Neun Healthtech-Anbieter haben es ins Finale des neuen Kofi Annan Award for Innovation in Africa geschafft. Mit dem Preis will das Bundeskanzleramt die österreichisch-afrikanische Partnerschaft stärken. Die Gewinner fliegen im Juli zum Festakt nach Wien ein.

Hochrangiges Europa-Afrika-Forum: Die Idee zum neuen Preis entstand Ende 2018 in Wien.
Hochrangiges Europa-Afrika-Forum: Die Idee zum neuen Preis entstand Ende 2018 in Wien.

Wer an „Afrika“ und „medizinische Versorgung“ denkt, hat vermutlich kaum positive Assoziationen. Zu stark haben Meldungen von todbringenden Krankheiten wie Ebola, Malaria oder HIV/Aids sowie Fotos von hungernden, kranken Kindern das Bild Afrikas als Hort der Seuchen und Krisen geprägt. Tatsächlich ist das Gesundheitssystem unseres Nachbarkontinents vergleichsweise schwach aufgestellt. Das zeigt schon ein Vergleich der Fachkräfte: Während die Ärztedichte in Europa laut Weltgesundheitsorganisation bei 37 Medizinern pro 10.000 Einwohnern liegt (in Österreich sogar bei 53), sind es in Afrika gerade einmal drei. Auch kümmern sich in Europa im Schnitt 83 Pfleger und Hebammen um 10.000 Kranke und Gebärende, in Afrika lediglich 13. Und während in Europa sechs Zahnärzte rund 10.000 Gebisse in Schuss halten, sind es in Afrika drei für gleich 100.000 Patienten. 

Afrika ist aber bekanntlich nicht ein einziges Land. Und so unterscheidet sich der medizinische Versorgungsgrad in den 54 Staaten und vor allem auch zwischen urbanen Zentren und abgelegenen Dörfern teils erheblich. Über ein Gesundheitssystem, das allen Einwohnern Zugang zu leistbaren Therapien, Impfstoffen und Medikamenten bietet, verfügt aber noch kein Land zwischen Algerien und Südafrika.

Kofi Annan Award: Healthtechs im Wettbewerb

Mithilfe eines Start-up-Wettbewerbs will nun ausgerechnet Österreich dem afrikanischen Gesundheitssektor auf die Sprünge helfen – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn quer durch Afrika entwickeln Sozialunternehmen innovative Geschäftsmodelle in Bereichen wie Energie, Finanzservices oder eben Gesundheit, in denen oftmals digitale Lösungen im Mittelpunkt stehen. „Auf unserem Nachbarkontinent entsteht gerade eine historische Chance, mittels eines Leapfroggings die technologische Kluft gegenüber ökonomisch fortgeschritteneren Ländern zu überspringen“, erklärt Antonella Mei-Pochtler, Sonderbeauftragte im Bundeskanzleramt BKA. 

 

Interview mit Antonella Mei-Pochtler, Bundeskanzleramt

Antonella Mei-Pochtler, Bundeskanzleramt

Afrikanische Lösungen

Antonella Mei-Pochtler, Sonderbeauftragte im Bundeskanzleramt, über den Kofi Annan Award for Innovation in Africa und einen neuen Blick auf den Kontinent.

Mei-Pochtler gehört zu jenem Team, das den neuen Kofi Annan Award for Innovation in Africa – benannt nach dem 2018 verstorbenen ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen – auf die Beine gestellt hat: ein panafrikanischer Wettbewerb, der technologieaffine Sozialunternehmen bei der Hochskalierung unterstützen soll. Durch Finanzierung, Mentoring und Networking sollen diese besser, größer und wirkungsvoller werden.

Der Preis wurde im November 2021 lanciert. Die Idee dazu entstand einige Jahre zuvor, nämlich als Österreich während der EU-Ratspräsidentschaft im Dezember 2018 zum hochrangigen Europa-Afrika-Forum in Wien lud und man – neben der traditionellen Entwicklungszusammenarbeit – nach weiteren Kooperationsmöglichkeiten suchte. „Der Award steht für einen neuen Dialog zwischen Afrika und Österreich. Er betont die Zusammenarbeit auf Augenhöhe und afrikanische Selbstbestimmung. Außerdem soll er zeigen, dass man vielen Herausforderungen unternehmerisch begegnen kann. Unternehmen sind ein Teil der Lösung“, so Mei-Pochtler. 

Kofi Annan
Namensgeber des neuen Awards ist der ghanaische Diplomat und VN-Generalsekretär Kofi Annan (1938-2018).

Kofi Annan Award: Von 330 auf drei

Das BKA konnte für den Wettbewerb, der nun alle zwei Jahre stattfinden soll, drei Partner gewinnen: die Kofi Annan Stiftung, den World Food Programme WFP Innovation Accelerator und die Austrian Development Agency ADA. Zudem rief es ein Unterstützernetzwerk aus engagierten Unternehmern, Investoren und Mentoren ins Leben. In der Auftaktrunde waren Start-ups gesucht, die dezidiert zu „Gesundheit und Wohlergehen“ – SDG 3, dem dritten Ziel für nachhaltige Entwicklung – beitragen. Weitere Voraussetzung war, dass ihre Lösungen nicht nur auf dem Papier existierten, sondern deren Praxistauglichkeit bereits durch Pilotprojekte bewiesen war.

Dem Aufruf zur Einreichung im Winter folgten 330 Bewerber aus 38 Ländern. Nach einem mehrstufigen Auswahlprozess blieben im Frühjahr neun Finalisten übrig. Sie durchliefen ein Boot Camp in Form eines fünftägigen, virtuellen Coachings, das von Experten des WFP Innovation Accelerators gestaltet wurde. „Innovation ist in der DNA des WFP verankert. Seit 2015 unterstützen wir mit unserem Innovation Accelerator aussichtsreiche Start-ups, die globale Herausforderungen lösen wollen. Mit dem Kofi Annan Award und den beteiligten Partnern wollen wir zu einem noch größeren Impact beitragen“, so Bernhard Kowatsch, Leiter des WFP Innovation Accelerators.

Gewinner und Finalisten im Überblick

Finalisten und Gewinner

Die drei Sieger des Kofi Annan Award for Innovation in Africa sowie sechs weitere Finalisten im Überblick.

Kofi Annan Award: Die Gewinner stehen fest

Im Mai präsentierten sich die Teams einer hochkarätigen, zehnköpfigen Jury – mit dabei Mikrokreditpionier und Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus, der seinerseits betonte: „Business kann die Probleme der Menschheit auf unternehmerische Art lösen, ganz ohne Wohltätigkeit. Der Kofi Annan Award ermöglicht einigen der besten afrikanischen Talenten, ihren Social Impact zu vergrößern.“

Seit kurzem stehen die drei Gewinner fest: die Notfallplattform Flare aus Kenia, das Impf-Verifizierungssystem VaxiGlobal aus Simbabwe sowie die nigerianische Aufklärungs-App myPaddi by MOBicure. Am 11. Juli findet die Preisverleihung in der Akademie der Wissenschaften in Wien statt. Die Sieger erhalten mehr als ein paar Momente im Rampenlicht: Sie werden Förderverträge mit der ADA in Höhe von je 250.000 Euro für den Ausbau ihrer Geschäftsideen unterzeichnen. Und sie bekommen ein weiteres Jahr fachliche Unterstützung. Auch auf die anderen Finalisten soll nicht vergessen werden – mit ihnen ist ebenso ein Austausch vorgesehen.

Vielleicht tragen die Jungunternehmen ja hierzulande auch zu neuen Perspektiven bei: Etwa, dass Afrika über eine starke Start-up Szene verfügt – und dass auch ein schwaches Gesundheitssystem dank neuer Ideen gute Chancen auf Besserung hat.

 

Fotos: Andy Wenzel/BKA, Marcos Issa/UN Photo