Die deutschen Gedankenspiele, die Einfuhr von Jagdtrophäen künftig zu verbieten, haben zu erbosten Reaktionen in einigen afrikanischen Ländern geführt. Können Sie diese nachvollziehen?
Hackländer: Ja, denn die deutschen Politiker haben offensichtlich nicht mit den Experten in Afrika gesprochen – und negieren damit deren Erfahrung und Kompetenz. Afrika ist der Kontinent mit dem stärksten Bevölkerungswachstum, was bedeutet, dass der Druck auf die Wildtierbestände weiter zunimmt. Wenn jedoch die Wildtiere nicht als potenzielle Einnahmequellen betrachtet werden, wird die Wilderei deutlich zunehmen. Es ist bedauerlich, dass wir gezwungen sind, jedem dieser Tiere ein Preisschild umhängen zu müssen. Doch die Menschen vor Ort müssen nun einmal auch ihre Familien ernähren können.
Sind wir hier in Europa vor allem blind für die lokalen Folgen in Afrika – oder verorten Sie grundsätzlich ein problematisches Verhältnis zur Jagd und ihrem Nutzen?
Hackländer: Sowohl als auch. Auf der einen Seite lässt sich in den Industrieländern eine zunehmende Naturentfremdung beobachten. Wenn bei uns gesagt wird, man mache einen Spaziergang in der Natur, ist man meistens in einem bewirtschafteten Wald oder in einer offenen naturfernen Landschaft unterwegs. Auch der Bezug zum Tod und Töten hat sich geändert: Vor 200 Jahren waren 80 Prozent aller Österreicher in der Landwirtschaft beschäftigt. Jetzt wissen die meisten Leute nicht, woher die Nahrungsmittel kommen, wie schrecklich unsere Nutztiere teilweise gehalten werden. Ähnliches gilt für den Bezug zur Jagd. Viele denken wirklich, dass sie die Arten am besten schützen, wenn sie die Käseglocke über bestimmte Gebiete stülpen. Das Zweite ist unzweifelhaft auch die Ignoranz Afrika gegenüber. Auch dort haben wir wenig echte Berührungspunkte: Und das führt dazu, dass wir wieder einmal über Dinge reden, über die wir zu wenig wissen.
Etwa, dass auch in Afrika Tiere gemanagt werden müssen, um die Arten zu schützen?
Hackländer: Ja, in Afrika gibt es zwar im Gegensatz zu Europa noch sehr naturnahe Gebiete. Jedoch grenzen diese zumeist an bewirtschaftete Flächen, was immer wieder zu Konflikten führt. Deswegen sind viele Schutzgebiete in Afrika eingezäunt, was aus Naturschutzsicht sehr problematisch ist, weil es zu einer Isolation von Populationen und damit zu einer genetischen Verarmung führt. Aber anders geht es offensichtlich nicht. Auch hier lohnt wieder ein Blick vor die eigene Haustüre: Wenn ab und zu mal ein Elch nach Deutschland oder Österreich hereinwandert, schreien gleich die Förster, dass man ihn erlegen müsse. Und die afrikanischen Elefanten sollen unangreifbar bleiben, auch wenn sie für die Menschen dort auf verschiedenen Ebenen eine Gefahr darstellen? Wir müssen Wildtiere managen. Und das heißt übrigens vor allem, dass wir die bedrohten Arten schützen. Das machen wir in Europa nicht unbedingt gut. Aber die Fehler, die wir hier machen, sollten wir nun wirklich nicht auch noch von anderen einfordern.
Kann man sagen, wie ein Ökosystem ohne Jagd aussähe?
Hackländer: Es käme zu einer Verschiebung des ökologischen Gleichgewichts und letztlich nähme die Artenvielfalt ab. Dadurch verlöre das Ökosystem an Resilienz. In Afrika ist die Artenzusammensetzung noch deutlich vielfältiger als in Europa, und genau die sollte erhalten werden. Wie es nicht funktioniert, zeigt das Beispiel Kenia: Dort ist seit den 1970er Jahren die Jagd verboten. Dadurch sind die Wildtiere tatsächlich weniger wert – ein Löwe, der keinen Wert für meine Gemeinschaft hat und auch noch meine Schafe frisst, ist am besten ein toter Löwe. Und so erleben wir in Kenia außerhalb der Nationalparks den größten Rückgang an großen wild lebenden Säugetieren. Dort sieht es so aus wie im Norden Afrikas, wo eine intensive Kulturlandschaft die naturnahen Gebiete verdrängt hat. In Namibia, Botswana, Simbabwe oder Sambia ist das – noch – anders.