Warum braucht es die GWP?
Ernst: Deutschland ist im Wasserbereich ein Hochtechnologieland, wir haben viele Nischenanbieter mit interessanten Technologien und Ideen, aber keine großen Player. Die deutsche Wasserindustrie beherrscht ihr Geschäft, aber das heißt noch lange nicht, dass wir diese Kompetenz in die Welt, etwa nach Afrika, bringen können. Wenn man das will, braucht es eine Plattform, die Unternehmen zur gemeinsamen Entwicklung von Ideen zusammenbringt.
Ähnlich sieht es in Österreich aus: Starker Mittelstand, Zögerlichkeit in Hinblick auf neue Märkte.
Ernst: Der starke Mittelstand ist ja, wie in Deutschland, ein Segen. Aber wenn wir etwa auf Frankreich schauen: Dort gibt es drei große Wasserbetriebe, die den Markt bestimmen, in Deutschland gibt es Tausende – das schränkt die Möglichkeiten, ins Ausland zu gehen, ein. Eine Veolia (Anm.: französisches Wasser-, Entsorgungs- und Energieunternehmen mit einem Jahresumsatz von rund 25 Mrd. Euro und 169.000 Mitarbeitern) kann das allein. Wir haben keine Veolia, dafür aber die German Water Partnership.
Diese hat 350 Mitglieder. Wie und wo kommt es da zu konkreten Lösungen für einzelne Unternehmen?
Ernst: Unter anderem in den sogenannten Länderforen, die jeweils rund zehn Mitglieder haben, die sich regelmäßig treffen. Das sind die Kraftfelder, in denen die Informationen fließen und Kooperationen entstehen. In der großen Gruppe kann es eine solche Dynamik natürlich nicht geben.
Welche Rolle spielt die Politik?
Ernst: Wasser geht nicht ohne Politik. Es ist immer eine politische Aufgabe, für Wasser zu sorgen und die Entsorgung zu garantieren. Und je größer das Engagement eines Unternehmens ist, desto wichtiger ist das Commitment der Politik. Bei der Eröffnungsveranstaltung der GWP vor zehn Jahren hatten wir fünf deutsche Bundesministerien mit am Tisch. Das ist natürlich für die heimischen KMU von großer Bedeutung: Staatssekretäre oder auch Kommunalpolitiker zu treffen, zu denen sie sonst keinen Zugang haben. Zusätzlich braucht es aber auch politische Unterstützung in den Empfängerländern.
Das ist vor allem in Entwicklungsländern nicht immer unkompliziert. Welche Projekte verfolgen Sie dort aktuell?
Ernst: Gerade läuft ein sechsjähriges Projekt in Vietnam aus: Wir haben gemeinsam mit den Partnern vor Ort den dortigen Abwasserverband aufgebaut, entwickelt und Systeme zur Finanzierung entworfen – und letztlich eine Struktur geschaffen, die nun auch selbstständig funktionsfähig ist. Ähnliches haben wir in Jordanien gemacht, unsere Unternehmen haben an der African Water Association Konferenz in Kenia teilgenommen und auch in Sambia und der Elfenbeinküste sind wir sehr aktiv.
Welche entwicklungspolitische Agenda verfolgen Sie dabei?
Ernst: Die beste Entwicklungshilfe ist die Entwicklung von funktionsfähigen Märkten, von unternehmerischen Strukturen, Arbeitsplatzschaffung und Bedarfsdeckung. Das kann nur die Wirtschaft. Wir sind hier ein Instrument zur Stabilisierung örtlicher Verhältnisse.