Sie arbeiten seit drei Jahrzehnten mit Bauern in Entwicklungsländern. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Kitinoja: Die Menschen sind sich im Allgemeinen des Problems der Nahrungsmittelverluste bewusst. Viele Organisationen haben im vergangenen Jahrzehnt für das Thema sensibilisiert. In Entwicklungsländern treten Nachernteverluste oft aufgrund der rauen Handhabung des Ernteguts, des Mangels an geeigneten Behältern und Lagermöglichkeiten sowie des schlechten Temperaturmanagements auf. Die Höhe der Verluste lässt sich jedoch lediglich schätzen, da selten die erforderlichen Mittel für Feldmessungen vorhanden sind.
Haben Kleinbauern überall dieselben Probleme?
Kitinoja: Es gibt regionale Unterschiede, die primär auf die angebauten Nutzpflanzen zurückzuführen sind. Afrikanische Bauern pflanzen als Grundnahrungsmittel oft Bananen, Wurzel- und Knollenfrüchte an, die leichter verderblich sind. In Indien wiederum essen die Menschen viele Hülsenfrüchte wie Linsen und Kichererbsen, die sich getrocknet lange lagern lassen. Hier sind die Verluste tendenziell geringer.
Welche Low-Tech-Methoden haben sich in der Praxis ganz besonders bewährt?
Kitinoja: Es gibt viele hilfreiche Werkzeuge. Der Einsatz von Pflückstangen zum Ernten von Baumfrüchten, die Lagerung von Obst und Gemüse in luftdurchlässigen Kunststoffkisten und der Einsatz von Verdunstungskühlung sind sehr wirkungsvoll, weil die Schäden damit geringer ausfallen. Für Getreide empfiehlt sich die solare Trocknung auf speziellen Gitterschalen sowie die Lagerung in speziell versiegelten Behältern, um Haltbarkeit und Verkaufsfähigkeit deutlich zu verlängern.
In welcher Region sind Fortschritte gelungen?
Kitinoja: Insbesondere in den indischen Bundesstaaten Maharashtra und Punjab haben Landwirte in bessere Nacherntemethoden investiert und wurden dabei auch staatlich unterstützt. Es sind modernere Lebensmittelversorgungsketten einschließlich Kühlketten für verderbliche Lebensmittel entstanden, die zu geringeren Nachernteverlusten führen.