Unterschätzte Ressource

Juliane Wiesenhütter, Bodenexpertin bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, spricht über den Wert unserer Böden und darüber, wie Maßnahmen für bessere Bodengesundheit in Entwicklungsregionen aussehen können.

Juliane Wiesenhütter, GIZ GmbH
Juliane Wiesenhütter, GIZ GmbH
Wir sprechen viel über Klimawandel oder Plastikverschmutzung, aber selten über Böden. Was sollten Menschen über Böden wissen?

Wiesenhütter: Menschen sollten sich bewusst sein, dass der Boden die Grundlage unserer Ernährung ist und fast alles, was wir auf unseren Tellern haben, von ihm stammt. Der Boden ist auch ein riesiger Kohlenstoffspeicher und somit zentral für unser Klima. Die Hälfte unseres Wirtschaftswachstums hängt vom Naturkapital ab, zu dem auch gesunde Böden gehören. Leider behandeln wir den Boden oft wie Dreck, obwohl wir den ganzen Tag darauf stehen.

Und wie geht es den Böden?

Wiesenhütter: Jährlich gehen fruchtbare Böden in einer Fläche, die anderthalb mal so groß wie Österreich ist, verloren. Trockengebiete sind besonders anfällig für Bodenverschlechterung und diese machen etwa 40 Prozent der Landfläche der Erde aus. Wenn in Trockengebieten die Böden zu lange übernutzt werden und zusätzlich der Klimawandel wirkt, droht die Wüstenbildung. Je weniger fruchtbare Böden wir haben, desto weniger Nahrungsmittel haben wir. Das führt zu Preissteigerungen, in manchen Ländern zu Hungerkrisen, Konflikten um natürliche Ressourcen und Migrationsereignissen.

Wir befinden uns in der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen, es gibt internationale Vereinbarungen, wie die SDGs, die auch den Bodenschutz beinhalten. Passiert genug?

Wiesenhütter: Auf internationalen Konferenzen sind nachhaltige Nutzung von Ressourcen, Wiederherstellung von Ökosystemen und nachhaltiger Konsum wichtige Themen. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit trägt auch aktiv zur Verankerung von nachhaltigem Landmanagement in nationalen und internationalen politischen Prozessen bei. Weltweit sind Regierungen aufgefordert, lang vereinbarte Ziele umzusetzen und zu erreichen. Jedes Land, aber auch jeder einzelne Mensch ist dafür verantwortlich. Handeln ist angesagt.

Ist es überhaupt möglich, beschädigte Böden zu verbessern?

Wiesenhütter: Es ist möglich und es zahlt sich aus. Jeder Euro, der in die Wiederherstellung von degradierten Flächen investiert wird, bringt den fünffachen Ertrag ein, wenn man die vielen Leistungen des Bodens für Nahrungsmittel, Klimaschutz oder Wasserfilterung berücksichtigt. In unseren Projekten verfolgen wir den Ansatz, dass man Böden am besten rehabilitiert, wenn es sich für die Menschen vor Ort lohnt. Wenn eine produktive Landwirtschaft zu besseren Ernten führt, haben die Menschen einen Anreiz, mitzumachen und auch dabeizubleiben. Es gibt aber keine pauschalen Lösungen. Unsere Projekte in Ländern wie Burkina Faso, Äthiopien oder Indien müssen stets individuell aufgesetzt werden.

Wie sehen konkrete Maßnahmen aus?

Wiesenhütter: Wir fördern Dorfgemeinschaften bei der Erhöhung ihrer Baumbestände und der Wiederbelebung vorhandener Baumstümpfe, um Bäume als Nährstoffpumpen für den Boden zu nutzen. Wir verbreiten trockenresistente Arten wie Akazien als Viehfutter und Obstbäume für die Ernährungssicherheit. Weitere Maßnahmen wie Bewässerung, Kompostierung, die richtige Fruchtfolge und Erosionsschutz ergänzen unser Programm. Dabei setzen wir uns auch für bessere Rahmenbedingungen ein, wie zum Beispiel Landtitel als Voraussetzung für nachhaltige Landnutzung. Nur so haben Menschen einen Anreiz, auch langfristig in die Bodengesundheit zu investieren.

Es gibt heute viele Ansätze, um sogar Wüsten zu begrünen. Was halten Sie davon?

Wiesenhütter: Wüstenbegrünung ist technisch möglich, aber oft mit hohem Aufwand verbunden. Ökonomisch und ökologisch halte ich es für sinnvoller, in die Wiederherstellung von einst rentablen, aber falsch bewirtschafteten Flächen zu investieren, als mit viel Aufwand neue Ökosysteme zu erschließen.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

 

Bild: GIZ GmbH