Unter dem bekannten Markennamen Calgonit vertreibt die Calvatis-Gruppe in über 80 Ländern all jene Produkte, die Betriebe benötigen, um Oberflächen und Produktionsanlagen zu reinigen, Luft und Wasser zu behandeln oder Küchen und Ställe hygienisch sauber zu halten. Calvatis ist eine Ausgründung der Industriereinigersparte aus dem ehemaligen Benckiser-Konzern (heute Reckitt Benckiser), der auch das Geschirrspülmittel Calgonit produzierte. 

Calvatis bedient heute verschiedene Sektoren, die Versorgungszentren in Bregenz und Wels beliefern Betriebe der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie. Hier entstand vor fünf Jahren die Idee, in den brasilianischen Markt einzusteigen. Michael Alles, Vertriebsleiter für den Bereich Landwirtschaft, erklärt dazu: „Uns war klar: Wenn wir in Brasilien beginnen, macht es Sinn, mit der Landwirtschaft anzufangen und später in anderen Segmenten nachzuziehen.“ 

ADA als Partner

Den Schritt in den neuen Markt bereitete der Mittelständler umfassend vor. In einem ersten Zugang wurde eine Machbarkeitsstudie zur Nutztierhaltung in Brasilien erstellt, die von der Austrian Development Agency ADA, der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, gefördert wurde. Über ähnliche Kooperationen mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG hatte schon die deutsche Muttergesellschaft – damals mit dem Geschäftsfeld Milchverarbeitung – in Zentralamerika und Weißrussland Fuß gefasst.

Die Studie zeigte, dass Viehwirtschaft vor allem im Süden Brasiliens betrieben wird und hier zumeist in den Händen von Familienbetrieben liegt. Diese erhalten sowohl ihre Jungtiere, Futter und Hygienemittel, soweit vorhanden, als auch ihre Arbeitsrichtlinien von den Schlachtbetrieben und Verbänden. Anfang 2018 eröffnete Calvatis eine Vertriebsniederlassung im südbrasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul. Für den Absatz der Produkte war es nun entscheidend, den Bauern sowie den Schlachtbetrieben und Verbänden aufzuzeigen, dass Hygiene nicht primär Aufwand, sondern vor allem eine Chance bedeutet.

Tränkewasser

Am raschesten ließ sich dieser Nachweis am Beispiel des Tränkewassers erbringen. Dieses ist für die Tiergesundheit von entscheidender Bedeutung, bislang kümmerten sich die brasilianischen Bauern aber kaum um dessen Qualität. Zugleich waren im Land keine Mittel zur wirksamen und nachhaltigen Reinigung von Tränkewasser vorhanden. Michael Alles betont: „Wenn die Tiere sauberes Wasser erhalten, trinken und fressen sie mehr, die Sterberate ist geringer und sie wachsen besser. Das schlägt sich in einem höheren Gewinn nieder. Und für Betriebe, die nach Europa exportieren, kommt als Vorteil hinzu, dass gesunden Tieren keine Antibiotika mehr verabreicht werden müssen.“ 

Pilotfarm Fuhr In Brasilien: Der Feldversuch wurde auf Farmen mit zwei Ställen durchgeführt. In einem Stall wurden Hygienemaßnahmen gesetzt, der andere zum Vergleich wie bisher weitergeführt.

Die Kooperation mit der ADA fand ihre Fortsetzung in einer Wirtschaftspartnerschaft, mit deren Unterstützung das Hygieneunternehmen die Vorteile seiner Produkte in der Nutztierhaltung aufzeigen und entsprechende Schulungen anbieten konnte. „Wir arbeiten in der Regel mit Großhändlern und Großkunden und können es uns nur dank einer solchen Förderung leisten, bis hin zum Landwirt zu gehen und mit ihm Hygienemaßnahmen durchzuexerzieren“, erklärt Vertriebsleiter Alles. ADA-Programmmanager Gottfried Traxler begründet die Partnerschaft vor allem damit, dass durch das Projekt ein Netzwerk von Experten und Praktikern entsteht, das die Bauernfamilien dabei unterstützt, die Tierhaltung auf ihren Farmen hygienischer, nachhaltiger und umweltschonender zu gestalten.

Hygiene als Gewinn

Feldversuch: Die Qualität des Tränkewassers wurde an verschiedenen Stellen entlang der Leitung gemessen.

Wegen des kürzeren Mastzyklus zeigen Hygienemaßnahmen ihre Wirkung in der Geflügelmast schneller als in der Schweinemast, und in der Schweinemast schneller als in der Rindermast. In einem Pilotvorhaben wurde daher auf vier Geflügel- und zwei Schweinefarmen ein verbessertes Hygienemanagement eingeführt, das insbesondere die Reinigung der Ställe, der Wasserleitungen und die Aufbereitung des Tränkewassers mit Hilfe angepasster Reinigungs- und Desinfektionsmittel umfasste. Basierend darauf wurden Kosten-Nutzen-Analysen erstellt und Best-Practice-Modelle für die Betriebe entwickelt. An der Erfassung und Auswertung der Daten beteiligte sich mit großem Interesse die veterinärmedizinische Fakultät der staatlichen Universität von Rio Grande do Sul. 

Erste Erfolge: Der Stall bietet den Küken Platz und Luft, und dank des sauberen Tränkewassers sind sie gut ernährt und lebhaft.

Die Feldproben lieferten – nach einigen Verzögerungen – eindeutige Ergebnisse: So konnte die Sterblichkeit der Tiere bereits in der ersten Phase von knapp zehn auf unter fünf Prozent gesenkt werden, was bei einer Anzahl von 25.000 Küken pro Stall einen zusätzlichen Ertrag von jährlich 1.000 bis 1.500 Euro für den Bauern bedeutet. Nach einem weiteren Reinigungsschritt konnte das Level um weitere knapp zwei Prozent gesenkt werden. In Europa liegt die Sterblichkeit von Küken pro Mastperiode bei 1,3 Prozent. 

Mit diesen Ergebnissen hat Michael Alles nun ein valides Argument für den Nutzen seiner Produkte in der Hand. Er betont, dass die Bauern außerdem von dem gut durchdachten Dosiersystem von Calvatis profitieren. Denn dieses ermögliche es ihnen, die Reinigungsmittel sparsam und ohne Risiko für Mensch und Umwelt einzusetzen. Nach dem coronabedingten Lockdown sieht Alles seine Aufgabe als nächstes darin, Schulungsunterlagen zu erstellen und gemeinsam mit brasilianischen Verbänden, Forschungsinstituten und Universitäten Trainings für Farmer, Veterinärmediziner, Qualitätsmanager, Vertriebspartner und Servicetechniker anzubieten. Und auch was die lokale Produktion anlangt, befindet er sich bereits in Vorgesprächen mit möglichen Partnern. 


Das Unternehmen

Nach dem Motto: „Einfach gute Chemie“

Vielfältiges Angebot: Calvatis ermöglicht Sauberkeit mit mehr als 2.000 Produkten.

Mit der seit 1929 bestehenden Marke Calgonit zählt Calvatis heute zu den weltweit führenden Herstellern von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln für gewerbliche Kunden. Unter dem Eigentümer und Geschäftsführer Thomas Mohr stellt Calvatis mit über 400 Mitarbeitern individuell angepasste nachhaltige Hygieneprodukte und -konzepte für die Getränke-, Lebensmittel- und milchverarbeitende Industrie, die Landwirtschaft, Gastronomie, Industriereinigung, Wasserbehandlung sowie die Geräte- und Anlagentechnik bereit. Zentrale, Stammwerk sowie Forschung und Entwicklung befinden sich im deutschen Ladenburg. Produziert wird außerdem an vier lizenzierten Standorten außerhalb Europas. In mehr als 80 Ländern wurden Joint Ventures und Vertriebsniederlassungen gegründet. 2017 wurde Calvatis als eines der innovativsten KMU Deutschlands ausgezeichnet. 

Fotos: Calvatis