„Beethoven könnte heute hören“, sagte Ingeborg Hochmair, Gründerin und CEO von  MED-EL, bei der Verleihung des Trigos Mitte September in Wien. Der von einer breiten Trägerschaft initiierte Preis wird alljährlich an österreichische Unternehmen vergeben, die eine hohe gesellschaftliche Verantwortung nachweisen können. MED-EL konnte insbesondere mit seinen Aktivitäten in Bangladesch und der Elfenbeinküste punkten. Das Tiroler Familienunternehmen  prescht seit seiner Gründung mit immer neuen Hightech-Lösungen für alle Arten und Grade von Hörverlust voran. Sein Kernprodukt sind Cochlea-Implantate: Hörprothesen, die den nicht funktionierenden Teil des Innenohrs umgehen und mittels elektrischer Schallsignale an das Gehirn Hören ermöglichen.
Hörimplantate für Taubgeborene
Moderne Technologie macht Hören auch für Taubgeborene möglich.
Mit mehr als vierhundert Millionen hörbeeinträchtigten Menschen, darunter mehr als 30 Millionen Kinder, meldet die Weltgesundheitsorganisation einen gewaltigen Bedarf an Hörlösungen. Nur für die Spitze des Eisbergs kommen Cochlea-Implantate in Frage, wie Sales Managerin Stephanie Unterrieder erklärt: „Den meisten hörgeschädigten Personen wird durch Fachwissen und Maßnahmen wie beispielsweise Hörgeräte oder chirurgische Eingriffe geholfen. Nur 4,5 von 10.000 betroffenen Kindern sind potenzielle Kandidaten für ein Cochlea-Implantat. Und für sie bedeutet ein solches eine Chance auf ein autonomes Leben.“ MED-EL ist heute in allen Industrieländern sowie in Schwellenländern wie Indien, Indonesien, Südafrika oder Mexiko vor Ort. Daneben bietet der Innovationsführer seine Produkte über internationale Netzwerke in vielen weiteren Ländern, auch Entwicklungsländern, an. „Unser Ziel ist es, Hörverlust als Barriere für Kommunikation und Lebensqualität zu überwinden“, beschreibt Regional Manager Christian Steppan die Unternehmensvision.

Mit der ADA als Partner in arme Länder

So motiviert legte MED-EL zuletzt einen verstärkten Fokus auf Entwicklungsländer. Im Zuge einer Machbarkeitsstudie, die das Unternehmen mit einer Förderung der Austrian Development Agency ADA auf den Philippinen durchführte, wurden schwache Gesundheitssysteme, unzureichend ausgebildete Fachkräfte und fehlende Ausbildungsinfrastruktur als zentrale Hürden für die Entwicklung eines breiteren medizinischen Angebots für Menschen mit Hörbeeinträchtigung identifiziert. Es gibt weder lokale Vorsorge noch Nachbetreuung – beides ist nötig, um Taubheit frühestmöglich zu erkennen und die Sprachentwicklung betroffener Kinder zu fördern.  Geschäftsführerin Ingeborg Hochmair  erwog, sich „durch die Bereitstellung von Fachwissen über das Kerngeschäft hinaus“ am Aufbau eines Hörsektors in Entwicklungsländern zu beteiligen, selbst wenn dies für das Unternehmen nicht unmittelbar gewinnbringend sein würde. In die engere Wahl kamen Bangladesch und die Elfenbeinküste, wo bereits Cochlea-Implantationen durchgeführt worden waren: in Bangladesch 2006 und in der Elfenbeinküste 2015 unter Anleitung regionaler und internationaler Experten. Dem Vorhaben stand nichts mehr entgegen, als die ADA Anfang 2018 eine Förderung im Rahmen einer Wirtschaftspartnerschaft zusagte. „Gesundheit ist ein wichtiges Anliegen. Deshalb unterstützen wir österreichische Unternehmen, die sich für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern einsetzen“, begründet ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter die Kooperation.

Neue Hörmärkte in Entwicklungsländern schaffen

Hörakustiker spielen eine wichtige Rolle nach der Einsetzung von Hörimplantaten
Bangladesch Studenten der Audiologie und Sprachtherapie beim Üben.
Binnen weniger Monate wurden in beiden Ländern alle Player am Hörsektor kontaktiert: Fachverbände, Ausbildungsinstitute und Gesundheits-NGO sowie HNO-Ärzte, Audiologen und Sprachtherapeuten. Ziel war es, sie für die Weiterentwicklung des Sektors durch einen multidisziplinären Ansatz zu gewinnen und Zuständigkeiten zu klären. Unterrieder und Steppan betonen, dass der Erfolg des Projekts letztlich davon abhing, ob die Akteure vor Ort das Anliegen teilen und die Maßnahmen selbstständig vorantreiben, während MED-EL als Industrie- und Projektpartner lediglich unterstützen kann. MED-EL selbst baute gerade in dieser Phase auch auf die Expertise der österreichischen Entwicklungsorganisation ICEP. Beim Kick-off, der in beiden Ländern Anfang 2019 stattfand – in  Bangladesch  im Beisein der damaligen Außenministerin Karin  Kneissl –, kam es zu weiteren Schritten. So legten die Teilnehmer erste Strategien zur Sensibilisierung von Bevölkerung und Politik für das Problem des Hörverlusts und Lösungsmöglichkeiten fest. Auch klärten sie nächste Schritte zur Deckung des Ausbildungs- und Kooperationsbedarfs, um vor Ort die so genannte „Hörreise“ von Patienten von der Diagnose bis zur Rehabilitation zu verbessern. Dazu wurden Wege aufgezeigt, um die Diagnosekapazitäten zu erhöhen und die Krankenkassen an Behandlungskosten zu beteiligen.

Erste große Ergebnisse

Kandidat für Hörimplantate
Elfenbeinküste Das Neugeborenen-Hörscreening-Programm ist im Gange.
Seither ist trotz coronabedingter Verzögerungen viel geschehen. Unterrieder und Steppan berichten etwa von der Etablierung eines Bachelorprogramms in Audiologie und Sprachtherapie mit einem Blended Learning-Konzept in Bangladesch und seinem Start mit 40 Studierenden – ein Meilenstein auf dem Hörsektor. Einen ebenso bedeutenden Fortschritt stellt die universell zugängliche Einführung eines Neugeborenen-Hörscreeningprogramms in der Elfenbeinküste dar, ein Unikat in ganz Afrika, das auch die Datenlage des Landes in diesem Bereich sehr verbessern wird. Zudem werden in beiden Ländern niederschwellige Aufklärungs- und Ausbildungsprogramme für Eltern, die breite Bevölkerung und Fachpersonal etabliert. Zuspruch gibt es von allen Seiten. MED-EL bereitet sich daher schon darauf vor, aufbauend auf den Erfahrungen und ausgehend von dem Erreichten, in Ost- und Westafrika sowie in Südasien regionale Experten-Hubs zu errichten, um von dort aus Hörsektoren zu entwickeln. Eine Strategische Partnerschaft mit der ADA soll dies ermöglichen.

Das Unternehmen

Lösungsanbieter bei Hörverlust 
Hörimplante-Hersteller geehrt
Der Trigos 2020 für internationales Engagement ging an MED-EL. Es freuen sich CEO Ingeborg Hochmair (Mitte), flankiert von Projektmanagerin Stephanie Unterrieder und Heinz Habertheuer (ADA) sowie Susanne Thiard-Laforet (ADA) und Astrid Taus (ICEP).
MED-EL Medical Electronics wurde 1990 von Ingeborg und Erwin Hochmair in Innsbruck gegründet, nachdem ihre Forschungsarbeit an der TU Wien zur Entwicklung des ersten mikroelektronischen, mehrkanaligen Cochlea-Implantats geführt hatte. Heute beschäftigt MED-EL mehr als 2.200 Personen aus 75 Nationen in 33 Niederlassungen und ist mit der größten Produktpalette zur Behandlung aller Arten von Hörverlust – Cochlea- und Mittelohrimplantatsysteme, ein System zur elektrisch-akustischen Stimulation, Hirnstammimplantate sowie implantierbare und operationsfreie Knochenleitungsgeräte – Innovationsführer. Menschen in 123 Ländern hören dank eines MED-EL Produkts. 
Fotos: MED-EL
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