Afrika wird für Indien immer wichtiger. Warum – und wie macht sich das bemerkbar?
Ruchita Beri: Afrika ist keineswegs plötzlich wichtig für Indien geworden. Indien hat vielmehr seit Jahrhunderten enge Beziehungen zu Afrika. Bereits zu Zeiten der Induskultur 2.000 Jahre vor Christus waren indische Händler in Ostafrika aktiv. Dennoch lässt sich sagen, dass die Beziehungen zwischen Indien und Afrika in den vergangenen Jahren intensiviert wurden. Premierminister Modi räumt nach eigener Aussage Afrika in seiner Außenpolitik höchste Priorität ein.
Ist dieses Interesse vor allem wirtschaftlich oder eher geopolitisch motiviert?
Beri: Beides zugleich. Indien versucht seinen Einfluss im Indopazifik auszubauen – und Ostafrika ist ein integraler Teil dieser sicherheitspolitisch bedeutsamen Region. Die meisten dieser Länder sind quasi Indiens maritime Nachbarn. Seit den 1990er Jahren hat aber auch der Handel zwischen Indien und Afrika enorm zugenommen. Dass einige der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt in Afrika liegen, ist uns auch in Indien bewusst.
Welche Rolle spielt die gemeinsame koloniale Erfahrung in den Beziehungen?
Beri: Das ist eine der wichtigsten und tiefgehendsten Verbindungen zwischen Indien und den afrikanischen Ländern. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass sich daraus eine Art von Brüderlichkeit zwischen Afrika und Indien ergibt, die einzigartig ist. Darauf bauen beide Seiten politisch und wirtschaftlich auch auf.
China hat seinen Einfluss in Afrika in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch ausgeweitet. Was kann Indien dem entgegensetzen – Soft Power statt Infrastruktur?
Beri: Es gibt keinen offenen Konflikt zwischen Indien und China in Afrika. Es ist aber richtig, dass die wichtigste Säule der indischen Afrikastrategie auf der Entwicklung von Humanressourcen liegt. Schon seit der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten in den 1960er Jahren, die von Indien aktiv unterstützt wurde, fördert Indien die afrikanische Jugend, vor allem auch durch Ausbildungen an indischen Universitäten.