Wie entwickelt sich Afrikas Luftfahrtsektor?
Kacou: Luftfahrt wurde in Afrika in der Vergangenheit in erster Linie als Privileg der Reichen gesehen. Die Fluggesellschaften haben wohlhabenden Menschen verschwenderische Urlaube und den Regierungen die Einnahme von Steuern ermöglicht. Es ist bedauerlich, dass Afrikaner heute weniger als drei Prozent der weltweiten Passagiere ausmachen und die Luftfahrtbranche weit unter ihrem Potenzial liegt. Luftfahrt ist jedoch viel mehr als nur ein Symbol für Wohlstand – sie kann auch ein Haupttreiber für Wohlstand sein. Denn Luftfahrt unterstützt fast jeden Wirtschafts-zweig und trägt damit zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Die Branche erfordert qualifizierte und halbqualifizierte Arbeitskräfte und sie fördert auch Jobs beispielsweise im beschäftigungs-intensiven Tourismus. Der Luftverkehr könnte laut Prognosen in Afrika bis 2034 rund hundert Millionen Arbeitsplätze und sechs Billionen Dollar Wirtschaftsleistung schaffen. Um dieses Potenzial tatsächlich auszuschöpfen, braucht es bei Politik und Wirtschaft ein neues Mindset und ein tieferes Verständnis dafür, wie man Luftfahrt zum Erfolg macht.
Wie weit ist Afrika mit der Schaffung eines einheitlichen Luftraums?
Kacou: Im Jahr 1999 kamen 44 Länder in Yamoussoukro zusammen, um sich auf ein Open-Skies-Abkommen zu einigen. 17 Jahre später kehrten die Verantwortlichen in die Stadt zurück, um den Yamoussoukro-Beschluss zu unterzeichnen, der einen Rahmen für die Liberalisierung der afrikanischen Luftfahrt schaffen soll. Und nun wurde ein neues Open-Skies-Abkommen ins Leben gerufen. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns nun auch in Richtung Umsetzung bewegen. Denn wenn man Handel und wirtschaftliche Chancen auf dem gesamten Kontinent verbessern will, wird auch die Bedeutung der Luftfahrt als Transportmittel für Menschen und Waren wichtiger. Ruanda beispielsweise ist ein Binnenstaat, der die eigene Entwicklung durch Investitionen in die Luftfahrt vorantreiben will. Man hat erkannt, dass der Sektor für den Handel und für den Tourismus wichtig ist, letzterer ist ja auch bedeutendster Devisenbringer. Gleich zu Beginn seiner neuen Amtszeit hat Präsident Kagame den Spatenstich für den internationalen, 800 Mio. Dollar teuren Bugesera Flughafen gemacht. RwandAir, die nationale Fluggesellschaft Ruandas, bedient bereits 30 Ziele, darunter Brüssel, London und viele Städte in Westafrika. Und zusammen mit Benin will Ruanda eine neue Fluggesellschaft gründen. Das Streben nach einem einheitlichen Luftraum als Teil eines gemeinsamen wirtschaftlichen Umfelds ist vielversprechend und wird umso erfolgreicher sein, je mehr afrikanische Länder Handel innerhalb und außerhalb des Kontinents anstreben.
Welche Bedeutung haben eigentlich Billigfluglinien in Afrika?
Kacou: Bislang hat die Kostenstruktur von Billigfluglinien keine starke Durchdringung in Afrika erlaubt, nirgendwo auf der Welt gibt es weniger Billiganbieter. Denn dazu braucht es Hubs mit hoher Bevölkerungskonzentration und erheblichen Handel zwischen ihnen. Da nur wenige Städte mehr als zehn Millionen Einwohner haben und der Handel zwischen diesen Städten limitiert ist, sind auch die Möglichkeiten für Billigflieger begrenzt. Allerdings sehe ich positive Dynamiken. Bevölkerungswachstum und zunehmende Verstädterung tragen dazu bei, die erforderliche Marktgröße zu erreichen. Und während es vor 30, 40 Jahren Flugverbindungen hauptsächlich zwischen Afrika und Zielen in Europa und den USA gab, ändert sich das nun. Mit zunehmendem innerafrikanischen Handel und leichteren Visabedingungen sind Reisen auch innerhalb Afrikas signifikant angestiegen. Ich bin also zuversichtlich, dass sich die Bedingungen für Billigfluglinien verbessern werden