Es ist gerade wieder turbulent in Tansania“, äußert sich Paul Schreilechner zu den jüngsten Polit-Ereignissen im Land, in dem er seit zwei Jahren lebt und arbeitet. Und erklärt: „Tansania ist als politisch stabiles und friedliches Land bekannt, und das ist es auch. Was aber nicht heißt, dass für Wirtschaftstreibende alles glatt läuft. Gerade als Unternehmer muss man immer mit neuen herausfordernden Situationen rechnen. Diese können das Projekt auch von einem Tag auf den anderen in Frage stellen.“ Mit dem Projekt meint Schreilechner die von ihm 2017 in Daressalaam, der Wirtschaftshaupt- und Hafenstadt Tansanias, eröffnete Firma Biotan. Ihr Name spielt auf Bio-Produkte und Tansania an, konkret verarbeitet Biotan biozertifizierte Cashews für den europäischen Markt. 

Mit Herz und Hirn

Schreilechner gründete und managte zwei Beratungsfirmen im Umweltbereich. Geprägt von seinem familiären Hintergrund hegte der ausgebildete Botaniker aus Salzburg zugleich immer den Traum, auch einmal im landwirtschaftlichen Umfeld tätig zu werden. Der Wunsch nahm Gestalt an, als er ab 2012 wegen eines Consultingauftrags sehr häufig in das ostafrikanische Land flog und dort mit vielen Leuten, auch einem ansässig gewordenen Österreicher, ins Gespräch kam. Der Unternehmer entdeckte für sich die Aufgabe, Tansania, dem mit 300.000 Tonnen achtgrößten Cashewproduzenten der Welt, durch Verarbeitung der Kerne im Land zu höherer Wertschöpfung zu verhelfen. Bisher wurden 90 Prozent der Ernte nach Asien verkauft und dort zum Verzehr aufbereitet. 

Durch Besuche bei Verarbeitern gewann Schreilechner Einblick in den überaus aufwändigen Prozess der Cashewkerngewinnung (mehr über Cashews in Artikel „Snack auf Reisen“). Auf einfachem Equipment stellte er selbst erste Produktproben her und ließ diese mehreren Rohkosthändlern in Österreich zukommen. Umgehend meldeten alle kontaktierten Firmen Interesse an. „Tansanische Cashews sind besonders köstlich“, bestätigt der Unternehmer, und fügt augenzwinkernd hinzu: „So gute Kerne wie damals habe ich später allerdings nie mehr herstellen können.“

Nach dem positiven Echo kehrte Schreilechner mit Geschäftspartner Johannes Siller nach Tansania zurück. Sie sondierten das Terrain und führten eine von der Austrian Development Agency ADA geförderte Machbarkeitsstudie für die Errichtung eines Verarbeitungsbetriebs für Bio-Cashews in Tansania durch. Testweise exportierten sie sogar einen Container mit ein paar Tonnen angekaufter Cashews. „Der Markt für Cashews in Tansania ist massiv reguliert“, erklärt Schreilechner, „man muss mit Komplikationen rechnen.“ Die Sendung gelangte jedoch anstandslos außer Landes.

Einstieg in den Tropen

Mitte 2017 sagte die ADA eine zweijährige Wirtschaftspartnerschaft zu. Damit konnten die Partner den definitiven Schritt tun und ein Investment tätigen, das in einer ersten Phase rund eine Mio. Dollar erreichte. Sie mieteten eine Halle an der südlichen Stadtgrenze von Daressalam und installierten hier Cashew-Verarbeitungsmaschinen, die sie nach persönlicher Besichtigung bei einem Top-Erzeuger in Vietnam erworben hatten. Die Verarbeitungskapazität von Biotan lag damit bei rund 2.000 Tonnen Roh-Cashews im Jahr. Hierauf unterzogen sie den Betrieb der erforderlichen Umwelt- und Sozialzertifizierung und erlangten die Erlaubnis der Cashewbehörde, Roh-Cashews von Bauernkooperativen zu kaufen. „Damit sind wir Pioniere im Land“, freut sich Schreilechner. Im Allgemeinen sind die Ernten bei staatlichen Lagerhäusern abzuliefern und werden versteigert. 

Mit der Unterstützung der ADA und in Kooperation mit externen Konsulenten konnten die Partner bereits im ersten Jahr für rund 300 Bauern eine offizielle EU-Biozertifizierung erreichen und Trainings für ihre rund 120 Arbeiter durchführen. „Wir haben heute mehr als 900 Biobauern unter Vertrag und in der Fabrik mehr als 200 Beschäftigte“, beziffert Schreilechner die laufende Expansion. Mittlerweile sind eigene Field Officer in den Dörfern stationiert, um die Bauern in Fragen zu Bioanbau und höherer Produktivität zu unterstützen. Biotan hat selbst zehn Hektar Grund erworben, um eine Demonstrations- und Versuchsfarm aufzubauen. 

Daily Life

Schreilechner ist stolz auf sein Team, das sich gerade bei der Bewältigung standortbedingter Challenges bewährt. Dass die erste Cashewproduktion trotz Wächtern über Nacht gestohlen wurde, war dabei eine Lektion. Ein Schock war, als Präsident Magufuli im Vorjahr entschied, dass die Regierung die gesamte Cashewernte kaufte – bei Biotan stand man davor, die Produktion erstmals zu starten. Nach dreimonatigen Bemühungen gelang es, die Behörden zu überzeugen, Biotan die vertraglich zugesicherten Cashews, soweit noch nicht verkauft, doch zu überlassen. „Die Aktion richtete sich im Grunde gegen das illegale Treiben von Zwischenhändlern“, erklärt Schreilechner. 

Unter Cashwewbäumen im Gespräch mit der Gemeinde
Unter Cashwewbäumen
im Gespräch mit der Gemeinde

Insgesamt sei die öffentliche Verwaltung ein eigenes Kapitel. Um einen Vertrag abzuschließen, sind fallweise Verhandlungen mit der versammelten Gemeinde sowie mit Instanzen auf Bezirks-, Regional- und Bundesebene nötig. „Es geht von unten nach oben und von oben nach unten, oft mehrmals“, beschreibt der Österreicher die Gepflogenheiten. „Ohne Unterstützung durch Einheimische kann man nur scheitern.“

Doch davon ist Biotan weit entfernt. Noch in dieser Saison wird der Betrieb seine volle Auslastung erreichen – die Ware wird in Österreich, Schweden, Dänemark und den Niederlanden erwartet. „Wir haben bereits eine zweite Halle gemietet“, sagt Schreilechner, „und wollen in zwei Jahren ein eigenes Fabriksgelände errichten.“ Es läuft also. 


DAS UNTERNEHMEN

Salzburger Investment in Tansania

Das Biotan-Management Paul Schreilechner, Johannes Siller, Moses Shimba und Bahati Mayoma (v.l.n.r.)
Das Biotan-Management Paul Schreilechner, Johannes Siller, Moses Shimba und Bahati Mayoma (v.l.n.r.)

Die Biotan Group Limited in Daressalaam verarbeitet biologisch zertifizierte Cashews und exportiert diese nach Europa. Biotan wurde 2017 als Tochter zweier österreichischer KMU – der BGIS GmbH, einem Anbieter von geografischen Informationssystemen und Umweltberatung, und der MapCon Consulting GmbH, einem Business Angel und Investor – gegründet. 

Zwei Tansanier sind zu je fünf Prozent mitbeteiligt. Seine operativen Funktionen in den österreichischen Unternehmen BGIS und EoVision hat Chief Manager Paul Schreilechner stillgelegt. 

Fotos: Biotan