Interview

Blau-grüner Kreislauf

Ausgabe 83 – September | Oktober 2019

Das Wiener Start-up Blün betreibt die erste kommerzielle Aquaponikanlage in Österreich. Gründer und Geschäftsführer Michael Berlin erklärt, warum im Kreis laufen sehr nachhaltig sein kann.

Sie kommen eigentlich aus der Landwirtschaft. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, in die Fischzucht einzusteigen?

Berlin: Als Bernhard Zehetbauer und ich die Betriebe unserer Eltern übernahmen, haben wir eine Vision 2040 geschrieben. Darin steht, dass wir unabhängig sein möchten – unabhängig von fossiler Energie, die in der Landwirtschaft noch eine große Rolle spielt, von künstlichen Düngemitteln und auch von Großabnehmern. Unserer Meinung nach müssen wir künftig mehr in Stoffkreisläufen denken und Aquaponik ist der Inbegriff eines solchen Kreislaufes. Denn das Abwasser der Fischzucht wird gefiltert und zum Düngen des Gemüses genutzt. So kommen wir mit extrem wenig Wasser aus.

Wie läuft es bis dato?

Berlin: Die Entwicklung ist gut – und wir hatten auch Glück. Wir konnten uns in die Halle eines befreundeten Gärtners im 22. Bezirk einmieten, der Bau der Anlage wurde vom Fischerfonds der EU gefördert. Mittlerweile produzieren wir 15 Tonnen Gemüse und 20 Tonnen Fisch. Gemäß unserem Grundsatz, dass wir nicht von einer Abnahmequelle abhängig sein möchten, setzen wir auf mehrere Vertriebssäulen: Ab-Hof-Verkauf, Gastronomie und Onlineversand mit der Lebensmittelbox der Post.

Welchen Fisch züchtet Blün?

Berlin: Mittlerweile nur noch Wels. Ursprünglich hatten wir auch Barsch, den wir im Ganzen verkauft haben. Ein super Fisch, der aber zu viele Gräten hatte für den österreichischen Geschmack. Was uns besonders freut, ist, dass wir heute einen der besten Köche Österreichs, Silvio Nickol im Palais Coburg, beliefern. Und das, obwohl er anfangs meinte, der Wels eigne sich nicht für die Spitzengastronomie. Wir haben ihn vom Gegenteil überzeugt.

Was ist als Nächstes geplant?

Berlin: Beim Futter arbeiten wir daran, die rund zehn Prozent Fischmehl durch Insekten zu ersetzen. Wir kooperieren hier mit einem anderen österreichischen Start-up namens EcoFly und warten auf den Prototypen. Und seit kurzem räuchern wir die Fischabfälle und verarbeiten sie zu Hundesnacks – ein weiterer Schritt in unserem Kreislauf.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Blün

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