In Ihrem Buch „Das Wohlstandsparadox” stellen Sie das Konzept der marktschaffenden Innovationen vor. Hat das Buch selbst einen Markt an Lesern und Interessierten geschaffen, die dieses Konzept auch umsetzen wollen?
Ojomo: Die Ideen in unserem Buch sind kontraintuitiv. Entsprechend sind wir davon ausgegangen, dass es eine Weile dauern würde, bis sie übernommen werden. Aber wir haben uns geirrt. Wir sehen eine große Nachfrage und Dynamik unter Unternehmern. Weil die Ideen so augenöffnend sind, werden sie auf breiter Basis übernommen. Eine Organisation hat zum Beispiel einen Fonds namens Harambeans Prosperity Fund eingerichtet, um in marktschaffende Innovationen in Afrika zu investieren. Und wir entwickeln derzeit eine Initiative, die lokalen Unternehmern bei ähnlichen Investitionen helfen soll. Wir sind optimistisch, dass dies der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern ist.
Einige Stimmen sagen, dass der Weg zu nachhaltiger Entwicklung nur über klassische Industrialisierung führt und dass es dabei keine Abkürzungen, etwa durch disruptive Innovationen. Wie stehen Sie dazu?
Ojomo: Wenn Sie Wachstum und Entwicklung anhand des Levels von Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungen einordnen, wenden Sie falsche Kategorien an. Diese Makroperspektive hilft nicht weiter. Es sind die Unternehmen, in die man hineinschauen muss, denn sie sind es, die investieren. Wenn man das tut, stellt man fest, dass Innovation der einzige Weg nach vorne ist. Die Industrialisierung ist dabei einfach eine Manifestation der Innovation. Die asiatischen Tigerstaaten, die schnell gewachsen sind, industrialisierten sich, aber es ist viel besser zu sagen, dass sie besonders innovativ waren. Innovation ist das, was ein Land wie Singapur in die Lage versetzt hat, sich von der Herstellung von Angelhaken zu einem Biotech-Vorreiter zu entwickeln. Länder werden nicht reich durch Angelhaken. Sie werden reich, wenn sie von der Herstellung von Angelhaken zu weiterentwickelten Produkten übergehen. Heute, da Äthiopien sich industrialisiert, wäre es wichtig, dass es seine Anstrengungen darauf konzentriert, von der Herstellung von T-Shirts zu Autoteilen zu gelangen. Und gerade dort sollte der Fokus auf der Erschließung ganz neuer Konsumenten liegen.
Welche Rolle kann die Entwicklungszusammenarbeit dabei spielen?
Ojomo: Sie muss stärker auf marktschaffende Innovationen und damit nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ausgerichtet werden. Im verarmten Taiwan der 1950er Jahre stellte USAID das notwendige Kapital zur Verfügung, um Formosa Plastics zu etablieren. Mitte der 1960er Jahre hatte Formosa Partnerschaften mit mehreren internationalen Firmen und diversifizierte sich in der Herstellung verschiedener Produkte, darunter Rayon und Acryl. In den 1970er Jahren war Formosa Taiwans führender Hersteller von Chemiefasern, heute ist es einer der weltweit größten Hersteller von Kunststoffen. Hilfe kann also, wenn richtig eingesetzt, ein starker Katalysator für Wachstum und nachhaltige Entwicklung sein.
Eines der Merkmale der USA, wo Sie leben und arbeiten, ist unerschütterlicher Optimismus. Ist das, was Sie uns erzählen, eine aktualisierte Version des American Dream für Entwicklungsländer?
Ojomo: Ja, und ich tue das aus voller Überzeugung. Ich habe Nigeria vor fast 20 Jahren verlassen, ohne die Absicht, jemals zurückzukehren. Ich war verzweifelt, dass mein Heimatland keinen Weg finden würde, sich zu meinen Lebzeiten zu entwickeln. Es gab einfach zu viel zu überwinden: Korruption, schlechte Institutionen, keine Infrastruktur. Aber durch die Zusammenarbeit mit Clayton Christensen fand ich die Hoffnung wieder. Professor Christensen hat mir geholfen, die Welt durch eine andere Brille zu sehen. Das ist es, was wir mit unserem Buch anbieten.