Albanien sucht für seine Wald- und Forstwirtschaft neue Ansätze und Methoden. Denn die Auswirkungen der jahrzehntelangen Netto-Abholzung – es werden mehr Bäume geschlägert als gepflanzt – sind mittlerweile unübersehbar, Erosion und Überschwemmungen stellen das Land vor wachsende Herausforderungen. 

Im Jahr 2016 übertrug die albanische Regierung nach einer Bodenreform knapp 80 Prozent des als „Wald und Weide“ eingestuften Bodens auf die insgesamt 61 Gemeinden des Landes, um so die Bevölkerung in die Verantwortung für die Planung und Verwaltung der Ressourcen einzubinden. Zusätzlich verhängte sie ein zehnjähriges Moratorium für die kommerzielle Ernte und den Export von Holz. Die Chance, im Zuge der Reform Zielpfade für die Wiederaufforstung und die Verbesserung des forstwirtschaftlichen Ausbildungsangebots zu formulieren, blieb jedoch ungenützt. 

Zugleich plante der österreichische Faserkonzern Lenzing im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie, die Aufforstung degradierter Waldflächen mit einem eigenen Vorhaben zu unterstützen. Die geographische Nähe sowie Kontakte zwischen österreichischen und albanischen Forstexperten legten ein Engagement in Albanien nahe. Die Wahl fiel schließlich auf Ana e Malit, eine Region in Nordalbanien, in der auf rund fünfzig Prozent der offiziellen Waldfläche kein Baum mehr steht. Die dortige Wald- und Weidenutzergenossenschaft zeigte sich dem Vorhaben gegenüber sehr aufgeschlossen. 

Mit der ADA als Partner

Es blieb aber nicht, wie anfänglich geplant, bei einem Aufforstungsvorhaben. Vielmehr beschloss Lenzing, ein Social Impact Projekt zur Förderung der nachhaltigen Waldwirtschaft und zur Verbesserung der lokalen Lebensbedingungen durchzuführen. Im Frühjahr 2019 sagte die Austrian Development Agency ADA, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, dafür eine Wirtschaftspartnerschaft zu. „Wir freuen uns, mit Lenzing als Partner ein Projekt mit so breiten sozialen und ökologischen Auswirkungen zu realisieren. Der Mehrwert, der dadurch geschaffen wird, geht weit über die Geschäftsinteressen des Unternehmens hinaus“, begründet ADA-Referatsleiter Gunter Schall die Bereitstellung finanzieller Mittel. Zusätzlich leistet das ADA-Büro in Tirana tatkräftige Unterstützung. 

Starke Partner v.l.n.r.:Janeq Male (CNVP), Simone Ungersböck (ADA Auslandsbüro Tirana), Kerstin Zimmermann und Peter Bartsch (Lenzing), Astrid Taus (ICEP), Hamid Salkurti (CNVP)

Mit projektbegleitender Social Impact Beratung stand Astrid Taus von der österreichischen NGO ICEP dem Unternehmen von Anfang an zur Seite. Umsetzungspartner vor Ort ist die albanische NGO CNVP (Connecting Natural Values and People), die etwa für die Weltbank eine umfangreiche Studie zur Eindämmung der Erosion in Albanien erstellt hatte. Mit der Gründung einer Baumschule für einheimische Sorten und der Bewässerung der Jungbäume trägt eine gemeinnützige Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, die Eco Social Farm, ebenfalls zum Gelingen bei. 

Auf Breitenwirkung ausgelegt

Der erste Fokus der Wirtschaftspartnerschaft liegt darauf, die Bevölkerung mit nachhaltiger Waldbewirtschaftung bekannt zu machen. Dazu wurden in Kooperation mit der Wald- und Weidenutzergenossenschaft Informationsveranstaltungen abgehalten und rund 140 Helfer an der Aufforstung beteiligt. „Die Auffindung geeigneter Stellen für die Bepflanzung und die Vorbereitung des Bodens ist dabei ein größeres Unterfangen“, erklärt Kerstin Zimmermann, Projektverantwortliche bei Lenzing, die beim Kick-off Ende 2019 selbst Hand angelegt und Bäume gesetzt hat. Derzeit sind an der Westseite der Gemeinde Shkodra am Fuße des Tarboshi-Gebirges und in unmittelbarer Nähe zweier Flüsse knapp 11.000 Setzlinge auf sechs Hektar Boden dabei, Wurzeln zu schlagen. Insgesamt will das Unternehmen binnen fünf Jahren eine Fläche von 20 Hektar mit Laub- und Nadelbäumen – von Kiefer über Eiche bis zu Olive, Wal- und Haselnuss – aufforsten und dazu Steinmauern und Zäune errichten, um die Erosion hintanzuhalten. Die Weiterbildung der Forstarbeiter aus der Region ist ein weiterer Schwerpunkt des Projekts, bei dem selbst im Covid-Jahr 2020 viel weiterging. Denn mit durchschnittlich zehn Teilnehmern waren die knapp dreißig meist outdoor abgehaltenen Trainingsmodule zu nachhaltiger Waldwirtschaft, Arbeitssicherheit und Waldbrandprävention gut besucht.

Know-how Trainings zu Waldmanagement, Arbeitssicherheit und Feuerschutz …
… für Waldnutzer und Forstarbeiter stehen im Zentrum des Projekts.

Dazu kommt die Förderung guter und ausreichender Nachwuchsfachkräfte für den Wald- und Forstwirtschaftssektor. Im Vordergrund steht dabei die Erhöhung der Attraktivität von Ausbildung und Berufsbild. „Die einzige Forstwirtschaftsschule in Albanien haderte mit veralteten Lehrplänen und knappen Mitteln“, erklärt die Leiterin des ADA Auslandsbüro in Tirana, Simone Ungersböck, „Wir suchten gemeinsam nach Wegen, um den Unterricht praxisnäher und arbeitsmarktrelevanter zu gestalten.“ So wurde die IT-Basis der Schule ausgebaut. Und die Schüler konnten durch expertengeführte Exkursionen eine neue Sicht auf ihre Arbeit gewinnen. Der geplante Austausch mit einer österreichischen Forstwirtschaftsschule fiel leider der Pandemie zum Opfer. 

Follower gesucht

Schließlich ist die Medienarbeit ein integraler Bestandteil des Projekts. „Wir zeigen auf, dass eine nachhaltige Waldbewirtschaftung in Albanien nötig und möglich ist, und wollen ähnliche Projekte anstoßen“, sagt Zimmermann. Denn das ist klar: Wenn das Projekt Schule macht, ist Albaniens Wald- und Forstwirtschaft auf dem Weg in den grünen Bereich.


Das Unternehmen

Rund ums Holz 

Die Lenzing Gruppe mit Hauptsitz im gleichnamigen Ort in Oberösterreich ist ein weltweit führender Anbieter von holzbasierten Spezialfasern, die vor allem in der Textil- und Vliesstoffindustrie Anwendung finden. Lenzing verfügt über eine mehr als 120-jährige Expertise in den Bereichen Holzverarbeitung und Forstmanagement und wurde für sein Engagement auch im Bereich Umwelt und Klima vielfach ausgezeichnet. 

Fotos: Lenzing, ICEP

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