Die Global Hydro Energy in Niederranna, zwischen Passau und Linz an der Donau gelegen, zählt zu jenen wachstumsstarken heimischen Technologieführern mittlerer Größe, die trotz internationaler Top-Performance in Österreich kaum bekannt sind und daher zu recht als Hidden Champions bezeichnet werden können. Lediglich der Einzug von Ex-Vizekanzler und -Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in den Gesellschafterbeirat des Unternehmens sorgte im Frühjahr für Medienpräsenz. In einschlägigen Kreisen sei man bekannt, betont demgegenüber Gesellschafter Marius Hager. Er lenkte bis vor kurzem die Geschicke des Wasserkraftherstellers als Geschäftsführer und gehört heute ebenfalls dem Beirat an.

Das Unternehmen ist laut Hager zu mehr als hundert Prozent ausgelastet, Wachstum gibt es in diesem Sektor trotz eines volatilen Marktumfelds derzeit noch für alle Player. Der Bedarf ist groß – 1,2 Milliarden Menschen, vor allem in Subsahara-Afrika und Indien, haben noch keinen Zugang zu Strom – und Potenzial ist ausreichend vorhanden, auch im Bereich der Kleinwasserkraft, die für sieben Prozent der Erneuerbaren Energie aufkommt: Ausgehend von einem Bestand von geschätzten 78 Gigawatt ist laut dem Weltbericht zur Kleinwasserkraftentwicklung von 2016 noch fast eine Verdreifachung der Kapazitäten möglich. China führt die Entwicklung an und verfügt dabei nicht nur über knapp mehr als die Hälfte der installierten Leistung, sondern auch über das größte Ausbaupotenzial. Große Hoffnungsmärkte sind auch Kolumbien und Indien sowie Japan und Norwegen. Dort, wo der Energiebedarf am höchsten ist, in Afrika und Indien, wird das Potenzial für Strom aus Kleinwasserkraft auf je 12 Gigawatt geschätzt.

„Für Investitionen in Wasserkraft bieten die aufstrebenden und energiehungrigen Entwicklungsländer heute oft bessere Bedingungen als etwa Europa“, sagt Hager. Doch ist die Billig-Konkurrenz aus China und Indien auf diesen Märkten eine Herausforderung. Als europäischer Anbieter kann man nur mit Qualität überzeugen, so Hager.

Guatemala: Im regenreichen Hochland stellte Global Hydro 2016 zwei Francis-Spiralturbinen mit einer Leistung von gemeinsam 25,5 Megawatt bereit. In Regeljahren liefert das Kraftwerk knapp 100 GWh sauberen Strom ans Netz.

Weltweite Expansion

Global Hydro, so der Kurzname des Unternehmens, verkauft die Elektromechanik für Wasserkraftwerke, die mit Kaplan-, Pelton- oder Francis-Turbinen betrieben werden und im Schnitt zwischen 1 und 4 Mio. Euro kostet. Das Paket umfasst alles außer dem Bau, wie Hager erläutert: „Wir liefern die Technik, die Technologie, die Regelung, die Steuerung, die Turbine, den Generator. Von uns kommt das Konzept, die Montage und die Einschulung.“ Über Wartungsverträge bleibe man in Kontakt mit dem Kunden.

Dass das Unternehmen stets volle Auftragsbücher und auch schon Wachstumsraten zwischen 20 und 30 Prozent aufwies, führt der langjährige Geschäftsführer auf „mutige Entscheidungen“ und eine Portion Glück zurück, vor allem beim Schritt in neue Märkte: „Wir haben zu einem sehr, sehr frühen Zeitpunkt entschieden, nach Asien oder Lateinamerika zu gehen, ohne in diesen Märkten über Strukturen zu verfügen. Gott sei Dank hat es überall funktioniert.“

Tatsächlich wurde die erste exotische Destination schon vor rund 15 Jahren anvisiert: Sri Lanka, wo Global Hydro einen Zugang zu Tee- und Kautschukplantagenbesitzern fand, die Energie für Verarbeitungsprozesse benötigten. Sri Lanka ist niederschlagsreich, hügelig, dazu überschaubar groß, englischsprachig und erfüllte sämtliche rechtliche Rahmenbedingungen für den Markteintritt: „Für uns sind Länder interessant, in denen sich der Staat von seiner Monopolstellung verabschiedet und eine Energieliberalisierung sowie meist auch eine Trennung von Energieerzeugung und -transport eingeleitet hat“, erklärt Hager, und weiter: „Außerdem muss ein politischer Wille zur Förderung von Ökoenergie sowie Infrastruktur vorhanden sein, über die sich Strom aus Kleinwasserkraft ins Netz einspeisen lässt. Schließlich muss es ein Finanzierungssystem geben, das es Privatinvestoren ermöglicht, gewinnbringend in Kleinwasserkraft zu investieren. Denn diese lebt von Privatinvestoren, und sie sind unsere Zielgruppe.“

Heros heißt die Steuerungslösung von Global Hydro, über die der Betreiber jeden Moment Einblick in das Kraftwerksgeschehen nehmen kann.

Intelligente Produkte

Das Unternehmen im südlichen Mühlviertel trat ursprünglich als Hersteller von Kleinkraftwerken auf den Plan, bei diesem Format blieb es aber nicht. Global Hydro deckt heute auch einen mittleren Kraftwerksbereich ab, der zwischen zehn und fünfzig Megawatt liegt. Insgesamt wurden rund 1.000 Turbinen weltweit ausgeliefert und eine Gesamtleistung von über 1 Gigawatt Strom installiert, rechnet Hager überschlagsmäßig aus.

Worauf es bei einem Kraftwerk heute aber vor allem ankommt, ist die ökologisch und ökonomisch optimale Ausnützung der Ressourcen dank intelligenter Steuerungs- und Regeltechnik. „Maschinenbaulich sind die Möglichkeiten zu 98 Prozent ausgereizt“, sagt Hager, „wo es sich heute abspielt, ist im Softwarebereich.“ Diesem widmet Global Hydro auch höchste Aufmerksamkeit – zur Weiterentwicklung seiner Produkte kooperiert das Unternehmen mit Hochschulen und anderen Institutionen. Es verfügt außerdem über eine eigene Entwicklungsabteilung, die Forschungsquote liegt bei über 10 Prozent. Nach entsprechender Vorarbeit brachte man 2010 Heros heraus, ein computerbasiertes Regel- und Steuerungssystem, das einen vollautomatischen und somit wärterlosen Kraftwerks-betrieb ermöglicht. In der zweiten Generation war Heros bereits fähig, Mehrturbinen-anlagen je nach Wassersituation optimal arbeiten zu lassen. Der eigentliche Quanten-sprung gelang mit der dritten Generation: Bei Vorhandensein eines übergeordneten intelligenten Stromnetzwerks, eines so genannten Smart Grid, kann Heros3 die Anlage so steuern, dass die höchste Stromproduktion zur wirtschaftlich ertragreichsten Zeit erfolgt.

Weltneuheit: Die 2016 präsentierte Kompaktlösung smarT, die eingebaut in einen Container als Fertigkraftwerk angeliefert werden kann.
Weltneuheit: Die 2016 präsentierte Kompaktlösung smarT, die eingebaut in einen Container als Fertigkraftwerk angeliefert werden kann.

Sämtliche Messdaten, die Heros erhebt, sind via Internet über die gängigen Endgeräte abrufbar. „Der Betreiber kann das Geschehen auf seinem Tablet in Echtzeit mitverfolgen“, erklärt Hager. Auch der Hersteller loggt sich ein, um im Rahmen der Kundenbetreuung den Status zu prüfen und bei Bedarf oder im Vorfeld eines Problems per Fernsteuerung einzugreifen oder Servicearbeiten einzuleiten.

2016 brachten die Oberösterreicher mit dem mobilen Kleinkraftwerk smarT eine weitere Weltneuheit auf den Markt. Das Revolutionäre an der energieeffizienten Plug-in-Kompaktlösung mit einer Leistung von bis zu 1 Megawatt ist dabei, dass sie fixfertig in einen Standardcontainer installiert, per LKW angeliefert und bei entsprechender Anbindung an eine Druckrohrleitung binnen zwei Tagen in Betrieb genommen werden kann. „Der ansonsten notwendige Bau eines Krafthauses entfällt. Wir brauchen nur mehr ein solides Fundament, auf das wir den Container aufsetzen können“, sagt Hager. SmarT ist je nach Leistung und Ausstattung bereits ab 100.000 Euro erhältlich, Finanzierungsberatung sowie Know-how für Betrieb und Service inklusive. Großes Interesse an der neuen Lösung nehmen die Hersteller in Asien und Lateinamerika wahr, erste Kraftwerke werden bereits für Island und Indonesien montiert.

Markteintritt

„Märkte, die interessant werden, geben von sich aus Signale“, sagt Hager auf die Frage, wie das Unternehmen kommende Märkte identifiziert. Man gehe aber auch aktiv und sehr strukturiert auf die Suche. Der erste Schritt sei dabei immer eine Marktpotenzialanalyse, und dann werde das Land bereist, sei es im Rahmen einer Sondierungsreise der Wirtschaftskammer oder anlässlich einer Fachmesse. Oberste Priorität habe dann, einen kompetenten Vertriebspartner vor Ort zu finden.

Bis es zu einem Projekt kommt, vergehen meist zwei bis fünf Jahre, erklärt Hager, der Knackpunkt sei fast immer die Finanzierung. Dabei kann Global Hydro den Kunden mit Erfahrungswerten unterstützen und ist auch gerne bei Bankgesprächen dabei, denn, so Hager, „die Bank muss ein Gefühl dafür bekommen, wer die Lieferanten sind. Von ihnen hängt letztlich ab, ob das Kraftwerk funktioniert oder nicht und ob es Geld verdient.“ Zu ihrer eigenen Absicherung nutzt Global Hydro die Möglichkeiten des Österreichischen Exportfonds und der OeKB und arbeitet meist mit Akkreditiv, das heißt der Kunde ist mit seinen Zahlungen immer in Vorlage.

Nicht jeder Markt hat bisher gehalten, was er versprach. In Sri Lanka ist Global Hydro heute Marktführer. Vom Hoffnungsmarkt Indien hingegen, der parallel bearbeitet wurde, zog sich der Kraftwerksbauer binnen weniger Jahre wieder zurück. Angesichts der ambitionierten Ziele der indischen Regierung, jedes Haus mit elektrischem Strom zu versorgen, hatte Global Hydro auf dem Subkontinent sogar ein Joint Venture gegründet, berichtet Hager. Man stand auch in bestem Kontakt mit den Behörden, bis sich allerdings erwies, „dass sie weit davon entfernt waren, ihre eigenen Ziele einhalten zu können.“ Etwa 15 Projekte haben die Oberösterreicher in Indien realisiert. Hagers Fazit: „Indien war für uns ein gutes Training. Wer Indien übersteht, ist für das internationale Business gestärkt.“

Als grundrichtig bezeichnet er hingegen den Eintritt in die Türkei im Jahr 2006: „Es war die Zeit, als die Türkei wirtschaftlich boomte, dringend Energie benötigte und mit dem Kraftwerksbau kaum nachkam.“ Es sei ein herausfordernder Markt, aber es zahlte sich aus. Insgesamt ging ein Zehntel der Turbinenproduktion des Kraftwerksbauers in die Türkei. Sehr gut gedieh das Geschäft auch in Chile, wo Global Hydro 2015 als bester Lieferant für Wasserkraftwerksausrüstung ausgezeichnet wurde.

Mittlerweile hat Global Hydro einige Niederlassungen gegründet, konkret in Chile, Kolumbien, Kanada, Norwegen, in der Türkei, in Indonesien und in Vietnam. „Sobald in einem Land einige Anlagen verkauft sind, ist lokale Präsenz nötig, um diese zu servicieren und mit Ersatzteilen zu versorgen“, erklärt Hager. Bei der Kundenbetreuung dürfe nicht gespart werden.

Marius Hager in Nigeria

Nächste Ziele

Die Zentrale in Niederranna ist derzeit noch eine riesige Baustelle. Die Produktionskapazitäten werden verdoppelt und am 21. September feierlich eröffnet. Damit ist man für neue Zielmärkte gerüstet. Hager nennt hier vor allem Afrika. Angesichts seines gigantischen Energiebedarfs bei zugleich fehlenden Leitungsnetzen verlangt Afrika eine eigene Strategie, die zwangsweise in kleineren dezentralen Anlagen besteht, so der Experte. Er versichert: „Global Hydro ist bereit, hier neue Wege einzuschlagen.“

Aktuell arbeitet das Unternehmen intensiv an Micro Grids, die Solar-, Wind- und Wasserkraft kombinieren und dadurch rund um die Uhr Versorgungssicherheit abseits von großen Stromnetzen bieten. In diesem Kontext spricht Hager auch an, dass der Einstieg von Global Hydro in die Energieerzeugung nicht unrealistisch sei. Denn: „Der typische Konsument will Handy, Licht, Kühlschrank und Fernseher anschließen, eine Turbine kaufen will er nicht.“ Mit Prepaid-Systemen lasse sich das in der Praxis lösen. Marius Hager sieht darin den nächsten logischen Schritt in der Weiterentwicklung der Power Company.


DAS UNTERNEHMEN

Kraftwerksbauer am Donauufer
Zentrale in Niederranna

Die Global Hydro Energy GmbH, kurz Global Hydro, wurde 2003 im Zuge eines Assetsdeals durch einen deutschen Konzern in Niederranna gegründet. Der Kraftwerkserrichter steht heute im Eigentum der FE Future Holding, an der Gilbert Frizberg als Hauptgesellschafter sowie zwei Gesellschaften der Raiffeisenlandesbank OÖ beteiligt sind, sowie des langjährigen Geschäftsführers Marius Hager (10 Prozent). Global Hydro, 2011 mit dem Österreichischen Exportpreis ausgezeichnet, ist bereits mit sieben Töchtern in mehr als 35 Ländern tätig, die Exportquote liegt bei 95 Prozent. Das Unternehmen beschäftigt 160 Mitarbeiter in der Zentrale sowie 40 Mitarbeiter weltweit. Der Umsatz liegt bei 50 Mio. Euro.

Fotos: Global Hydro