Interview

Pionierarbeit in Nigeria

Magazin 97 – Winter 2022/23

Von Lagos aus betreibt der Ingenieur Akinwole Akinpelu die Agentur Stampar3D, die für unterschiedliche Branchen und Kunden 3D-Druck-Services zu Verfügung stellt. In der Technologie stecke viel wirtschaftliches Potenzial für Nigeria, so Akinpelu.

Akinwole Akinpelu
Akinwole Akinpelu, Stampar3D
Sie bieten 3D-Druckdienstleistungen in Nigeria an. Welche Kunden oder Branchen wenden sich an Ihr Unternehmen Stampar3D und was drucken sie? 

Akinwole Akinpelu: Wir haben ein breites Spektrum an Kunden. Viele Unternehmen stellen bei uns Prototypen ihrer neuen Entwürfe her, bevor sie sich für große Massenproduktionsformen entscheiden. Wir haben auch Forschungsunternehmen, die Einzelstücke drucken, Studenten, die Hüllen für ihre elektronischen Geräte herstellen, und Schneider, die Schablonen für neue Modeartikel benötigen. Die Medizinbranche hat mich bisher am meisten fasziniert. Ein Chirurg meldete sich bei uns, um chirurgische Hilfsmittel für eine bevorstehende Operation zu drucken. Sein Feedback lautete, dass ihm ein 3D-gedrucktes Teil mehr als zwei Stunden Operationszeit erspart habe. Das hat mich besonders gefreut.

Wie würden Sie die 3D-Druckindustrie in Nigeria allgemein beschreiben? Ist hier eine große Dynamik zu beobachten oder steckt die Branche noch in den Kinderschuhen?

Akinpelu: Der 3D-Druck steckt auf jeden Fall noch in den Kinderschuhen, ist aber seit unseren Anfängen im Jahr 2015 deutlich gewachsen. In Nigeria könnte noch viel mehr getan werden. Einige Branchen müssen noch auf den Zug aufspringen, vor allem das Bildungswesen. Aus meiner eigenen Lehrtätigkeit weiß ich, dass viele Kinder großes Interesse am 3D-Druck haben und Modellierfähigkeiten erstaunlich schnell erlernen. 3D-Druck sollte meiner Meinung nach am Lehrplan stehen. Wenn der allgemeine Bekanntheitsgrad rund um die Technologie wächst, wird sie zweifelsfrei an Bedeutung gewinnen. 

Was sind die größten Hürden für die weitere Verbreitung der 3D-Drucktechnologie aus Ihrer Perspektive?

Akinpelu: Die größte Hürde, mit der wir früher konfrontiert waren, war die der konstanten Energieversorgung für die Drucker. Dieses Problem wurde jedoch in den vergangenen Jahren gelöst, da wir nicht mehr so stark vom Stromnetz abhängig sind und unsere Maschinen hauptsächlich mit erneuerbaren Energien betreiben. Das Haupthindernis heute besteht darin, dass es schwierig ist, Rohstoffe zum Drucken ins Land zu bringen. Dies ist im Laufe der Jahre immer komplizierter und teurer geworden und wirkt sich direkt auf die Kosten für unsere Kunden aus.

Welches Potenzial sehen Sie für den 3D-Druck in Nigeria oder anderen afrikanischen Ländern? Inwieweit könnte er die Wirtschaft verändern?

Akinpelu: Mit dem Wachstum der 3D-Druckindustrie kann das Leistungspotenzial nur zunehmen. Ich glaube, dass der 3D-Druck einen massiven positiven Einfluss auf die nigerianische Wirtschaft haben kann, insbesondere im Hinblick auf die Fertigung und die Bildung. Durch die Fertigung können Designer und unsere lokalen Unternehmer ihre Entwürfe weiterentwickeln, ohne viel aus dem Ausland importieren zu müssen. Und das senkt die Gesamtproduktionskosten drastisch. 

3D-Druck ist mittlerweile auch ein Trendthema in der Bauindustrie, in Afrika gibt es erste Projekte beispielsweise in Angola, Kenia und Madagaskar. Was halten Sie als 3D-Druck-Experte von der Anwendung gerade in diesem Bereich? 

Akinpelu: Der 3D-Druck im Bauwesen steckt noch in den Anfängen und es müssen noch viele Fortschritte erzielt werden, bevor er beispielsweise für den Bau erschwinglicher Wohnungen eingesetzt werden kann. Im Moment wird 3D-Druck im Bau meist als Machbarkeitsstudie durchgeführt, was ohnehin der übliche erste Schritt ist. Bevor wir eine Massenanwendung ins Auge fassen können, müssen 3D-Baukonstruktionen jedoch noch deutlich billiger und zugänglicher werden als andere, bereits verfügbare Optionen. Zum Beispiel haben Containerwohnungen in den vergangenen Jahren ebenfalls einen Aufschwung erfahren und es wurden sehr innovative Entwürfe hervorgebracht.

Vielen Dank fürs Gespräch!
Foto: beigestellt