Kamele werden wichtiger

Kamelexperte Bernard Faye erwartet, dass die Haltung von Kamelen angesichts des Klimawandels zunehmen wird. Europäer werden aber vorerst kaum Kamelmilch trinken.

Bernard Faye
Bernard Faye
In manchen Ländern steigen Kleinbauern von Kühen auf Kamele um …

Faye: Ja, das lässt sich in Sahelländern wie Niger, Mali, Tschad, Mauretanien und auch in Äthiopien und Somalia beobachten. Dort verbreiten sich Dromedare, die mit Dürren, Hitzestress und Wüstenbedingungen besser zurechtkommen als Rinder, da sie weniger Nahrung und Wasser benötigen und weniger krankheitsanfällig sind. Bauern können für Kamelmilch mindestens zwei bis drei Mal mehr verlangen als für Kuhmilch.

Welche Märkte existieren für Nahrungsmittel vom Kamel?

Faye: Bei Milch gibt es drei Marktsegmente. Je nach Land wird 70 bis 90 Prozent der Kamelmilch von den Nomaden roh und fermentiert selbst getrunken oder von ihnen im Umfeld weitergegeben. Daneben haben wir pasteurisierte Milch. Selbst in Ländern mit Kamelzucht war es noch vor zehn Jahren schwer, Milch im Supermarkt zu finden. Heutzutage kann man etwa in großen Supermärkten im Oman problemlos pasteurisierte Kamelmilch kaufen. Drittens gibt es Milchpulver, das über Verkaufsplattformen wie Alibaba und Desert Farm weltweit erhältlich ist. Auch das ist eher neu. Auch beim Fleisch gibt es eine Segmentierung: International werden vor allem lebende Tiere gehandelt. Junge Kamele aus dem Sudan, Somalia und Kenia werden auf die arabische Halbinsel verschifft und Kamele aus anderen afrikanischen Ländern vor allem nach Libyen und Ägypten. Australien exportiert verarbeitetes Kamelfleisch weltweit. In vielen Herkunftsländern selbst ist verarbeitetes Fleisch erhältlich, wobei es notwendig wäre, die Fleischverarbeitung zu modernisieren und Kamelfleischprodukte auch in größeren Städten zu verkaufen.

Hat Kamelmilch in Europa Potenzial?

Faye: Für Kamelmilch gibt es in Europa drei Kunden: Menschen, die Kamelmilch kennen, etwa weil sie aus den Maghrebländern stammen. Trendige Städter auf der Suche nach Exotischem. Und Menschen, die etwas für ihre Gesundheit tun wollen – Kamelmilch ist sehr nährstoffreich. Trotzdem wird Kamelmilch in Europa ein Nischenprodukt bleiben, zumal sie heute bis zu zwanzig Mal mehr kostet als Kuhmilch. Und spezielle Produkte aus Kamelmilch wie Käse sind nochmals teurer. Es gibt auch erst wenige Länder mit einer modernen Kamelmilchindustrie, allen voran Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kasachstan.

Wie steht es um Kamelfleisch?

Faye: Das magere Kamelfleisch ist das gesündeste rote Fleisch. In Europa gibt es jedoch große Vorbehalte, derzeit hat es keine Bedeutung. In arabischen und afrikanischen Ländern wird es jedoch wichtiger werden.

Vielen Dank für das Gespräch!
 
Über Bernard Faye:
 

Der Veterinär Bernard Faye ist international anerkannter Kamelexperte mit Erfahrung in der Kamelzucht in mehr als 45 Ländern, beispielsweise als Berater der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation FAO in Saudi Arabien, Marokko, Mauretanien, im Tschad und in Kasachstan. Faye ist außerdem u. a. emeritierter Forscher am CIRAD – Centre for International Cooperation in Agricultural Research for Development in Montpellier, Frankreich.