corporAID: Der Afrika-Verein verfolgt das ambitionierte Ziel, Unternehmen zu Stakeholdern der deutschen Afrikapolitik zu machen. Hören die politischen Entscheidungsträger Ihnen denn zu?
Kannengiesser: Mal mehr, mal weniger. Aber es ist ihnen schon klar, dass wir keine Einzelinteressen vertreten, sondern diese bündeln und somit darstellen können, was die in Afrika tätigen Unternehmen in ihrer Gesamtheit umtreibt. Vor allem seit der Flüchtlingskrise ab 2015 hat das Interesse zugenommen: Wir konnten das Schlagwort der „Fluchtursachenbekämpfung“ mit Inhalt füllen. Wir haben aufgezeigt, dass Lebensperspektiven für junge Menschen nur mithilfe der Privatwirtschaft geboten werden können.
Was waren auf dieser Ebene Ihre größten Erfolge?
Kannengiesser: Konkret haben wir etwa einen Entwicklungsinvestitionsfonds vorgeschlagen, der dann von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel ins Leben gerufen wurde. Auch bei den Garantieinstrumenten sind wir deutlich vorangekommen.
Woran hakt es besonders?
Kannengiesser: In Deutschland wird zu wenig thematisiert, dass wir uns in Afrika in einem Wettbewerbsumfeld bewegen und dass es nicht reicht, auf sich selbst zu schauen. Vielmehr sollten die eigenen Unternehmen gegenüber den internationalen Wettbewerbern ähnliche Rahmenbedingungen vorfinden. Grundsätzlich haben wir immer noch eine zu risikogeprägte Wahrnehmung. Das sehen wir in der Finanzindustrie, die sich schwer tut mit entsprechenden Finanzierungsfazilitäten für Projekte in Afrika – da sind angelsächsische oder französische Häuser auf der Basis von konkreten Erfahrungen und stärkerer staatlicher Unterstützung ein ganzes Stück weiter. Dabei zeigt sich gerade in globalen Krisenzeiten, dass das Afrikageschäft besonders krisenresistent ist – einfach, weil die internationalen Verflechtungen weniger stark sind, aber auch weil es auf der Basis der Bevölkerungsentwicklung eine natürliche Wachstumsdynamik gibt. Geopolitik und Geoökonomie werden auf den Entscheidungsebenen der Unternehmen eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Und beim Afrika-Verein findet man das Know-how und die Netzwerke, die die Diversifizierung in die afrikanischen Märkte deutlich von Risiko befreien, erleichtern und beschleunigen können.
Vielen Dank für das Gespräch!