Interview

Bessere Städte bauen

Ausgabe 94 – Frühjahr 2022

Elie Bou-Zeid, Princeton-Professor und Experte für nachhaltige Infrastrukturen, empfiehlt differenzierte Maßnahmen.

Elie Bou-Zeid
Elie Bou-Zeid, Princeton University
corporAID: Weltweit wird es in den Städten heißer und heißer. Schlittern wir geradewegs in eine immer größere Katastrophe – mit mehr Hitzetoten und anderen massiven Problemen?

Elie Bou-Zeid: Die Städte werden aus zwei Gründen heißer: Erstens erwärmt sich der Planet und damit auch die jeweilige Region, in der sich die Städte befinden. Und zweitens dehnen sich die Städte aus, so dass sich ihre Überhitzung im Verhältnis zu ihrer unmittelbaren Umgebung noch verstärkt – das bezeichnen wir als urbane Hitzeinseln. Beide Faktoren wirken zusammen und werden dazu führen, dass es in den meisten Städten in Zukunft noch heißer wird. Nun müssen wir unter anderem nach Möglichkeiten suchen, die Hitzeexposition der Bevölkerung zu verringern.

Kann die Entwicklung überhaupt gestoppt werden – oder sollten wir sofort aufhören, die Städte weiter zu verdichten, und sogar Megastädte wieder kleiner machen?

Bou-Zeid: Die Größe der Städte wird von starken wirtschaftlichen Kräften bestimmt, und es wäre zwecklos zu versuchen, diese umzukehren. Viele Länder konzentrieren ihre Entwicklung auf einige wenige Großstädte, was diese wirtschaftlich sehr attraktiv macht. Vielleicht kann man hie und da die Regierung bewegen, das zu überdenken, das ist aber sicher nicht überall machbar. Der erfolgversprechendere Ansatz besteht darin, bessere Städte zu bauen, die nicht zu Hitzefallen werden. Und es gibt eine Reihe an Möglichkeiten, Städte zu kühlen – Bäume, neuartige Materialien, Reduzierung der menschengemachten Hitze. Viele Städte verfolgen solche Cool-Design-Strategien.

Welche Gegenmaßnahmen erweisen sich vor allem auch in Entwicklungsländern als am wirksamsten? 

Bou-Zeid: Es ist nicht sinnvoll, bei den Auswirkungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu unterscheiden. Wohl aber bei den klimatischen Bedingungen: Grüne Infrastrukturen sind der besseren Verdunstung wegen besonders wirksam bei möglichst trockener Luft. In tropischen Regionen helfen hingegen möglicherweise neuartige Ansätze wie die Strahlungskühlung. Letztlich hängen die jeweils besten Kühlungsstrategien von vielen Faktoren ab, wie der Sonneneinstrahlung, den Windmustern, den Niederschlägen oder den Jahreszeiten.

Vielen Dank für das Gespräch! 

 

Foto: Princeton University

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