Unter den Instrumenten der Ausfuhrförderung des österreichischen Finanzministeriums BMF scheinen sie verheißungsvoll auf, die so genannten Soft Loans. Worum geht es? Soft Loans sind eine Spezialform des gebundenen Finanzkredits für Schwellen- und Entwicklungsländer mit doppeltem Zweck: Sie sollen die heimische Exportwirtschaft im internationalen Wettbewerb unterstützen und zugleich die nachhaltige Entwicklung in den Empfängerländern fördern. Oder wie Helmut Bernkopf, Vorstand der Oesterreichischen Kontrollbank OeKB (siehe Interview), erklärt: „Bei Soft Loans wird Hilfs- mit Exportmotivation verbunden.“ Die OeKB fungiert als Anlaufstelle für heimische Unternehmen, die auf dieses Finanztool zurückgreifen wollen.
Interview mit Helmut Bernkopf, OeKB
Bei Soft Loans im Spitzenfeld
Die Vorteile des soften Kredits, der die Projektkosten in vollem Umfang abdeckt, liegen für den Empfänger in tilgungsfreien Phasen, langen Laufzeiten und niedrigem Zinssatz, wobei die Differenz zu kommerziellen Zinssätzen derzeit gering ist. Der Exporteur profitiert vom sicheren Geschäft, denn der Kredit, der über die Hausbank abgewickelt wird, ist staatlich garantiert. Die Bezahlung durch den Auftraggeber erfolgt nach der üblichen Anzahlung mit Projektfortschritt.
Geltender Rahmen
Soft Loans werden seit den späten 1970er Jahren durch das Übereinkommen für öffentlich unterstützte Exportkredite der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD reguliert. Ziel der Vereinbarung ist es, sicherzustellen, dass der Wettbewerb nicht über Staatssubventionen, sondern über Preis und Qualität ausgetragen wird.
Gemäß den OECD-Vorgaben sind Soft Loans Kreditnehmern in Ländern mit einem Pro-Kopf-Jahreseinkommen von aktuell weniger als 3.895 Dollar vorbehalten. Sie müssen außerdem ein Schenkungselement von mindestens 35 Prozent, im Fall sehr armer Länder, der so genannten Least Developed Countries LDC, sogar von mindestens 50 Prozent enthalten. Der Zuschuss errechnet sich dabei aus den günstigen Konditionen bei der Kreditrückzahlung zuzüglich weiterer Finanzierungskosten und ist als öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) deklarierbar.
Soft Loans dürfen zudem nur für Projekte bereitgestellt werden, für welche eine kommerzielle Finanzierung zu Markt- oder Vertragsbedingungen nicht in Betracht kommt. Sie können privat oder öffentlich sein. Aus Österreich werden praktisch nur Projekte der öffentlichen Hand bedient.
Aktuelle Liste der Soft Loan-Zielländer
Europa: Armenien, Georgien, Kosovo, Moldau
Asien: Bangladesch*, Indien, Indonesien, Mongolei, Myanmar*, Philippinen, Sri Lanka, Vietnam
Amerika: Bolivien, El Salvador, Guatemala, Honduras
Subsahara-Afrika: Angola*, Äthiopien*, Kamerun, Kenia, Lesotho*, Mosambik*, Ruanda*, Sambia*, Senegal*, Tansania*, Uganda*
Naher Osten/Nordafrika: Ägypten, Marokko, Tunesien
* Low income Country; Stand August 2018
Internationale Trends
Die Geberstaaten profitieren im Gegenzug vom Export. Österreich sichert sich seinen Anteil dabei dadurch, dass es Soft Loans an eine feste Quote von Gütern und sonstigen Leistungen bindet, die aus der heimischen Wirtschaft stammen müssen. Dass sich diese Quote in einem kontinuierlichen Sinkflug befindet – sie ist mittlerweile bei 50 Prozent angelangt – erklärt sich daraus, dass Unternehmen oft nicht umhinkönnen, Projektkomponenten auch in größerem Umfang aus dem Ausland zu beziehen, oder Projekte gelegentlich einen hohen Bauanteil aufweisen, den lokale Firmen übernehmen – alles Umstände, die die Erreichung einer höheren Wertschöpfungsquote erschweren.
Die Quote kann auch für die Abnehmer nachteilig sein, da sie sich durch die Vorgabe fallweise gezwungen sehen können, mehr oder auch weniger zu importieren beziehungsweise anders zu dimensionieren als nötig.
Um den Entwicklungsländern einen maximal effektiven Ressourceneinsatz zu ermöglichen, favorisiert die OECD seit Jahren den ungebundenen Kredit. In der Tat haben mehrere Länder ihre Instrumente mittlerweile auch weiterentwickelt. Spanien etwa, das nach Japan und vor Frankreich zu den größten Soft Loan-Geberländer zählt, hat zusätzlich nun auch einen eigenen Fonds für ungebundene Hilfskredite eingerichtet. Und Deutschland gewährt nur noch ungebundene Kredite, nämlich im Rahmen seiner Finanziellen Entwicklungszusammenarbeit – die es in Österreich nicht gibt – und in der Regel auf Basis völkerrechtlicher Übereinkommen. Damit können die Kreditnehmer ihren Bedarf am Weltmarkt bestmöglich decken – wenngleich unter Verlust des Schenkungselements der traditionellen Soft Loans.
Entwicklungsrelevante Exporte hingegen werden in Deutschland und seit Neuerem auch in den Niederlanden nur mehr zu marktnahen Konditionen unterstützt, sei es mit Förderkrediten (Deutschland) oder Garantien und gedeckelten Krediten aus dem Dutch Good Growth Fund (Niederlande). Die Projekte müssen wirtschaftlich tragfähig sein.
Werner Raza von der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung ÖFSE, der 2014 eine Vergleichsstudie zu Soft Loans als Entwicklungsinstrument vorlegte, erklärt den Trend zum ungebundenen Kredit mit niedrigem Schenkungselement vor allem aus dem Wunsch, dem Soft Loan-Regime entwachsene Entwicklungsländer weiter zu bedienen. Exporte in die ökonomisch gesehen weniger attraktiven LDC-Staaten benötigen aber weiterhin eine entsprechende öffentliche Stützung, betont der Entwicklungsökonom. Einen stärkeren Fokus auf LDC hält Raza in Österreich, wo Soft Loans anders als in den meisten Staaten nicht unter dem Dach der Entwicklungszusammenarbeit geführt werden, für wünschenswert, aber unwahrscheinlich.
Österreichische Praxis
Aktuelle Praxis in Österreich ist es, dass Soft Loan-Kredite für LDC (unten, mit * markiert) gerade wegen der höheren Risikokategorie und dem höheren Zuschussanspruch knapp gehalten werden. Allerdings wird generell mit kleinen Tickets gearbeitet – Soft Loans von 10 Mio. Euro gelten als groß. Silvia Maca, im BMF für Ausfuhrfinanzierung und Internationale Ausfuhrförderungspolitik zuständig, erklärt die Dimensionierung aus dem Bestreben, „ein begrenztes Budget auf verschiedene Exporteure aus unterschiedlichen Sektoren in verschiedenen Ländern aufzuteilen“. Aus unternehmerischer Sicht wiederum stellt das begrenzt verfügbare Soft Loan-Volumen im internationalen Wettbewerb gelegentlich einen Nachteil dar, konstatiert etwa Peter Hallbauer, Geschäftsführer des Spitalserrichters Vamed.
Um den von der OECD geforderten entwicklungspolitischen Mehrwert der Soft Loan-Projekte zu gewährleisten, wurden seitens des BMF eigene Kriterien aufgestellt. So sollen die Projekte unter anderem „wachstums- und beschäftigungsfördernde Rahmenbedingungen sichern und entwicklungspolitisch relevant und nachhaltig“ sein. Auch sollen Soft Loans für Exportunternehmen Türen in neue Märkte öffnen. Dem Aufbau eines Soft Loan-finanzierten Geschäftsfelds in ein und demselben Land wird damit ein Riegel vorgeschoben. Hallbauer betont demgegenüber, dass Soft Loan-Projekte allein wegen ihres geringen Volumens für Unternehmen nie mehr sein können als Add-ons. Positiv hebt der Vamed-Chef hervor, dass „Projektanträge in Österreich vergleichsweise schnell bearbeitet und entschieden“ werden.
Projektgewinnung
Die Projekte selbst kommen auf unterschiedliche Weise zustande. Hallbauer berichtet von einem Spitalsvorhaben in Nicaragua (siehe unten), das auf ein Angebot der Vamed zurückging. Die Umsetzung verzögerte sich dann allerdings um Monate, weil Nicaragua darauf bestand, ein eigenes zwischenstaatliches Abkommen abzuschließen.
Für den Werkstätten- und Ausbildungsexperten VACE Education Projects war eine Wirtschaftsmission der Wirtschaftskammer mit Energieschwerpunkt für den Einstieg in Georgien entscheidend. Es folgte der Auftrag für ein Wasserbaulabor (siehe unten). Das Projekt sei wegen seines akademischen Charakters besonders attraktiv, sagt der Leiter für Ausbildung und Training Horst Bernard, der seit zwanzig Jahren mit Soft Loan-Finanzierung weltweit vor allem Lehrlingswerkstätten errichtet. Seiner Erfahrung nach haben Regierungen oft wenig Erfahrung mit gebundenen Exportkrediten. Dazu komme erschwerend für sein Geschäft, dass „Investitionen in Ausbildung meist nicht oberste Priorität“ haben.
Und für den Auftrag, die Adomi Brücke zu sanieren (siehe unten), meldete sich die Ghanaische Straßenbaubehörde selbst direkt beim Stahlbauunternehmen MCE. Dieses führte Vorerhebungen im Rahmen eines Soft Loan-Vorbereitungsprogramms durch, das das BMF im Wege der OeKB anbietet und mit bis zu 80 Prozent bezuschusst. „Soft Loan-Projekte sind als Turnkey-Projekte anzulegen und vom Volumen her gedeckelt. Daher ist es wesentlich, den Bedarf im Vorfeld genau zu identifizieren und die Kosten entsprechend anzupassen, denn nachträgliche Korrekturen sind ausgeschlossen“, erklärt Markus Widmann, kaufmännischer Leiter des Bereichs Brückenbau der MCE. Ihn freut, dass die ghanaischen Schlosser und Schweißer, die im Zuge des Projekts zertifiziert wurden, heute weiterhin im Stahlbaubereich oder auf selbstständiger Basis tätig sind – was zweifellos einen Entwicklungserfolg darstellt.
Soft Loans in der Praxis: Globale Aufträge
Brücke in Ghana
Ein wichtiges 12 Mio. Euro Soft Loan-Projekt der MCE in Linz war die Sanierung der Adomi Brücke, Wahrzeichen und zentrale Verkehrsverbindung über den Volta, im Auftrag der Ghana Highway Authority. Von 2014 bis 2016 erneuerte MCE v. a. die Fahrbahnplatte und tauschte die Hängerseile aus. Herausfordernd war die Kombination lokaler und europäischer Ressourcen und Ausrüstung.
Spital in Nicaragua
Über einen 5,5 Mio. Euro-Soft Loan errichtete die Wiener Vamed im Auftrag des Gesundheitsministeriums Nicaraguas 2016/2017 die Notaufnahme eines Mutter-Kind-Spitals in Managua und modernisierte die Röntgenstation – inklusive Ausstattung, Installation, Training, Wartung und Garantie. Die Technologie musste an lokale Gegebenheiten angepasst werden.
Labor in Georgien
VACE Education Projects in Linz setzt derzeit ein 7 Mio. Euro-Soft Loan-Projekt in Georgien um. Die Technische Universität in Tiflis erhält ein modernes Wasserbaulabor, das für die Optimierung der Wasserkraftnutzung im Land von Interesse ist. Die TU Graz ist in Planung und Ausführung involviert. Herausfordernd sind Genehmigungen und die Bauausführung vor Ort.