corporAID: Borealis hat in Indonesien keine Produktionsanlagen. Warum haben Sie ausgerechnet in einem indonesischen Fischereihafen ein Abfallmanagementprojekt gestartet?
Wiplinger: Unsere Ambition mit Project STOP ist es, dort anzusetzen, wo die Hot Spots des Müllproblems sind und weniger, wo Borealis einen Produktionsstandort hat. Mehr als 55 Prozent des Plastikeintrags in die Weltmeere stammen aus nur fünf Ländern, Indonesien ist eines davon. Project STOP entwickelt hier gemeinsam mit den Kommunen ein nachhaltig finanzierbares Abfallmanagementsystem, welches nicht nur verhindert, dass Müll in der Umwelt landet, sondern vielmehr wiederverwertet und so im Kreislauf behalten wird.
Sie sind seit 2017 in Muncar aktiv. Was waren Hürden, auf die Sie gestoßen sind?
Wiplinger: Es gab und gibt eine Menge überraschende Erkenntnisse und daraus folgend Herausforderungen, die gelöst werden müssen, jeden Tag aufs Neue. Daher ist es auch so wichtig, so ein Projekt vor Ort zusammen mit den lokalen Stakeholdern zu entwickeln und umzusetzen, denn nur, wenn man den örtlichen Kontext in voller Tiefe und Breite versteht, kann man eine funktionierende Lösung entwickeln. Eine für mich überraschende Erkenntnis war, dass Plastik nur etwa zwölf Prozent des Müllaufkommens ausmacht, der Hauptanteil – mehr als 70 Prozent – ist organischer Natur. Auch dieser führt zu erheblichen negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit der Bevölkerung. Will man also das Plastikmüllproblem lösen, muss man sich das Abfallmanagementsystem als Ganzes ansehen. Deshalb werden sämtliche Abfallfraktionen gesammelt.
Das Projekt in Muncar soll heuer an die Stadtregierung übergeben werden. Ist es damit aus Ihrer Sicht abgeschlossen?
Wiplinger: Der Plan ist, im Laufe des Jahres die gesamte Bevölkerung von Muncar mit einem nachhaltigen Abfallsammlungssystem erreicht zu haben und das operative und strategische Management an die Behörden zu übergeben. Die Covid-Pandemie erschwert diesen Prozess derzeit. Aber selbst nach offizieller Übergabe wird das Project STOP Team weiterhin zur Verfügung stehen. Wir sind auch in zwei anderen indonesischen Städten aktiv und bereiten eine größere Expansion vor. Wir bleiben vor Ort!
Vielen Dank für das Gespräch!
Bild: Borealis
Mehr Infos: Project STOP