
Österreich hat seit Anfang März eine neue Regierung. Erstmals ist mit Außenministerin Beate Meinl-Reisinger eine Neos-Politikerin für die österreichische Entwicklungspolitik verantwortlich. Zumindest für den Teil der bilateralen Projekte und Programme, der als Österreichische Entwicklungszusammenarbeit mit großem „Ö“ im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten ressortiert. Die restliche österreichische Entwicklungszusammenarbeit, der deutlich größere Teil mit kleinem „ö“, ist wie gehabt auf verschiedene Ministerien verteilt. Für den Großteil der Mittel, vor allem die finanzielle Zusammenarbeit über die Oesterreichische Entwicklungsbank – mit „Oe“ – und internationale Finanzinstitutionen wie Weltbank und Co., zeichnet weiter das Finanzministerium verantwortlich. Dass die verschiedenen Akteure schon im simplen Ö praktisch die maximal mögliche Varianz bemühen, ist ein Spiegelbild des heimischen Zugangs zu strategischem Alignment.
Bislang war von der neuen Außenministerin wenig zu Entwicklungspolitik zu hören. Das ist verständlich, denn die geostrategische Lage bindet die Aufmerksamkeit. Das ist auch nichts Neues, denn Österreichs Beitrag zu globaler nachhaltiger Entwicklung hat schon in der Vergangenheit nur wenig Fokus erhalten. Viel Kontinuität gibt es auch bei den Absichten des Regierungsprogramms zum Thema. Man möchte mit Entwicklungszusammenarbeit irreguläre Migration bekämpfen – ein Bemühen, für dessen Erfolg es weltweit keine Evidenz gibt. Man möchte europäische Interessen stärken, und man möchte neue Märkte erschließen – letzteres allerdings in der merkantilistischen Tradition der österreichischen Außenwirtschaft. Über profane Dinge wie Geld findet sich abseits von Lippenbekenntnissen nichts.
Dabei steht Entwicklungspolitik weltweit besonders auf dem finanziellen Prüfstand, in zahlreichen Ländern wird hier zugunsten der Sicherheitspolitik gekürzt. Dabei wäre eine angemessene Finanzierung schon aus geostrategischen Interessen wichtig. Auch Österreich sollte sich hier nicht wegducken. Weil die regulären Staatshaushalte im Rahmen der europäischen Verschuldensregeln augenscheinlich schon kein Geld für die notwendige Rüstung haben, greift die EU ganz aktuell zu Ausnahmen für dieses essenzielle Politikfeld. Angesichts der budgetären Zielkonflikte sollte sie das auch für globale nachhaltige Entwicklung machen, um langfristige Interessen, die Europa hier zweifellos hat, nicht kurzfristigen Sachzwängen zu opfern. Gerade ein kleines und an internationaler Stabilität vital interessiertes Land wie Österreich sollte sich für ein europäisches Sondervermögen für globale Entwicklung einsetzen – ganz egal, ob das hierzulande dann als Sonderverm-ö-gen, Sonderverm-Ö-gen oder Sonderverm-Oe-gen gelesen wird.