

Sara Grasel ist Chefredakteurin des neuen Wirtschaftsmediums Selektiv.
Ihr Lesetipp:
Gabriel Felbermayr & Martin Braml: Der Frei-handel hat fertig. Wie die neue Welt(un)ordnung unseren Wohlstand gefährdet. 272 Seiten
Mehr Freihandel für das Klima
Globalisierung und Freihandel haben in vielen Kreisen nach wie vor die Aura des Unmoralischen und Umweltzerstörerischen. Ein Mantra, das man auch bei der aktuellen Debatte rund um das Handelsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Ländern beobachten kann. Ökonomisch betrachtet ist das Gegenteil der Fall, wie der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, Gabriel Felbermayr, gemeinsam mit dem deutschen Außenhandelsökonomen Martin Braml in „Der Freihandel hat fertig“ (2024) ausführt. Der Aufstieg des weltweiten Handels hat den globalen Wettbewerb verstärkt, und dabei gilt ein simpler Grundsatz: Wer weniger Arbeit oder Ressourcen für die Produktion seiner Güter benötigt, ist im Vorteil. Das gilt auch für eine geringere Menge fossiler Energien und anderer Rohstoffe. So gesehen sind Globalisierung und Freihandel ein „weltweites Programm gegen die Ressourcenverschwendung“. Laut den Autoren ist es „so sicher wie das Amen in der Kirche, dass eine Welt ohne Freihandel schädlicher für die Umwelt wäre“.
Wenn Emissionen einen Preis haben, wird es im internationalen Wettbewerb noch interessanter, sie zu vermeiden. Einem effizienten Preissystem steht derzeit jedoch das WTO-Handelsrecht entgegen. Durch Zölle und andere Handelsbarrieren kommt es sogar zur Verzerrung – nämlich dann, wenn klimaschädliche Produkte mit niedrigeren Zöllen belegt werden als umweltfreundlichere. Das wäre laut den Autoren ein starker Hebel für eine Lenkungswirkung hin zu umweltfreundlicheren Produkten.
Konsumenten werden über eine Steigerung des internationalen Handels übrigens durch den wachsenden Wohlstand vorerst einmal mehr heizen und kühlen, vielleicht mehr Auto fahren und schlicht und ergreifend mehr und teurere Produkte kaufen. Dadurch werden die CO2-Emissionen zunächst ansteigen. Ab einem gewissen Wohlstandsniveau kehrt sich dieser Effekt aber um.
Felbermayr und Braml erklären das mit einer Abwandlung der Maslowschen Bedürfnispyramide. Ganz unten stehen Essen und Wohnen, gefolgt von Gesundheit und Sicherheit. Sind diese Grundbedürfnisse abgedeckt, beginnen Menschen, sich um andere zu kümmern und sich für eine intakte Umwelt einzusetzen. China könnte sich gerade an dem Scheitelpunkt dieses Übergangs befinden, Indien sei noch weit davon entfernt. Freihandel ist also auch als Treiber des Wohlstands ein Beitrag zu einer klimafreundlicheren Welt.


Katja Goebel ist Managing Partner und Leadership-Coach bei 5P Consulting.
Ihr Lesetipp:
Sebastian Kern-bach, Martin J. Eppler: Life Design Action Book. 257 Seiten