Wenige Tage vor der Veranstaltung am 22. November sah es noch so aus, als würde der heurige Africa Day als Hybridveranstaltung vonstatten gehen – also mit einigen Teilnehmern, die vor Ort, in den Räumlichkeiten der Wirtschaftskammer Österreich WKO, miteinander ins Gespräch kommen können, sowie weiteren, die von ihren Bildschirmen aus teilnehmen. Dann kam der Lockdown 4.0, und auch das größte österreichische Gesprächsforum für die afrikanisch-österreichischen Wirtschaftsbeziehungen wurde vollständig in den virtuellen Raum verlegt. Martin Woller, erst seit wenigen Monaten Regionalmanager für Afrika in der WKO und damit verantwortlich für das Event, brachte das nicht aus der Ruhe. „Ich war viele Jahre in Kairo, Lagos und Libyen. Dort lernt man die Flexibilität, die man in diesen Tagen auch bei der Organisation des Africa Day braucht“, sagte er beim Abschluss der Veranstaltung. Und fügte dann noch einen Aufruf an die heimischen Unternehmer hinzu: „Afrika ist nicht bloß der Kontinent der Zukunft, sondern auch der Gegenwart. Bereits heute und nicht erst in 15 Jahren können Sie dort gute Geschäfte machen.“

Über digitale Bezahlsysteme diskutierte Michael Zimmermann von der WKO mit Experten aus Afrika und Österreich

Schlummernde Potenziale

Inhaltlich ging es bei den Keynotes, Video-Einspielungen und Paneldiskussionen wiederholt um Nachhaltigkeit. So betonte Michael Otter, Leiter der Außenwirtschaft Austria, dass Green Tech auch in Afrika von Tag zu Tag mehr als besondere österreichische Stärke gesehen werde. Vor allem die lückenhafte Energieversorgung am Nachbarkontinent biete große Chancen – etwa für Anbieter im Bereich der Solar- und Windenergie.

Die Digitalisierung stellte ein zweites Hauptthema dar. Aus erster Hand berichteten die Wirtschaftsdelegierten aus Kenia, Südafrika und Ägypten aus den drei afrikanischen Start-up-Hotspots und illustrierten anhand greifbarer Beispiele, mit welchen Innovationen der Kontinent aufwarten kann – etwa, dass durch die Blockchaintechnologie Transparenz in den ostafrikanischen Diamantenhandel gebracht wird. Auch viele der afrikanischen Speaker stammten aus dem Tech-Bereich und informierten unter anderem über E-Commerce und Fintech-Lösungen aus Nigeria. 

Das dritte bestimmende Thema des Tages war der dringend nötige Infrastrukturausbau, etwa im Eisenbahnbereich. So konnte der Wirtschaftsdelegierte in Kairo, Georg Krenn, von einer neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke berichten, die vom Roten Meer bis zum Mittelmeer führen soll und als „Suezkanal auf Schienen“ bezeichnet wird. Den Zuschlag für das Vier-Milliarden-Euro-Projekt habe Siemens Mobility erhalten, was auch für österreichische Unternehmen aus der Branche Chancen nach sich ziehen könne. 

Laut Patrick Sagmeister, dem stellvertretenden Leiter der Außenwirtschaft Austria, lassen sich die Mega-Herausforderungen auf dem Nachbarkontinent sehr gut mit den Stärken österreichischer Unternehmen zusammenbringen. Die Außenwirtschaft Austria hält daher trotz der Verwerfungen durch die Corona-Pandemie an ihrer Afrikastrategie fest: Bis 2025 sollen fünf Prozent der österreichischen Exporte nach Afrika gehen und die Zahl der Betriebsniederlassungen in Afrika um 50 Prozent gesteigert werden.

Michael Otter zufolge dürfe Afrika „in keiner Exportstrategie 2030 fehlen“. Zweifelsohne sei Afrika ein „sehr schwieriger Markt“, aber „neun von zehn unserer Unternehmen dort machen heute schon gute Gewinne“. Darüber hinaus betonte der Leiter der Außenwirtschaft aber auch, dass österreichische Unternehmen nicht ausschließlich mit dem Blick des Exporteurs auf den Nachbarkontinent schauen sollten – auch wenn es um Innovation und Geschäftsmodelle gehe, führe zukünftig kein Weg mehr an Afrika vorbei. 

Nach dem halbtägigen Programm auf den virtuellen Bühnen fanden über zwei Tage verteilt B2B-Gespräche zwischen österreichischen und afrikanischen Unternehmen statt.

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