Klaus Hörschläger hat auf dem weitläufigen Gelände des Feuerwehrgeräteherstellers Rosenbauer im oberösterreichischen Leonding für jeden ein nettes Wort: „Bonjour“ für die tunesischen Techniker und Feuerwehrleute, die im Umgang mit den frisch gekauften Löschfahrzeugen für den Flughafen in Tunis geschult werden. „Hola“ für die spanischen Prüfer, die für ihren Kunden die georderten Fahrzeuge checken, und „Griaß Di“ für die vielen Arbeiter, die beim Rundgang durch das laut Hörschläger weltweit modernste Werk für Feuerwehrfahrzeuge seinen Weg kreuzen. Wirklich ins Strahlen gerät Hörschläger dann aber ganz am Ende, als der Rundgang zur Rundfahrt wird und er selbst am Steuer eines Panthers Platz nimmt: einem Weltstar innerhalb der Feuerwehrfahrzeuge, der auch schon in Hollywood seinen Auftritt hatte, nämlich in einer Hauptrolle des Actionfilms „Transformers“. „Es motiviert mich sehr, dass ich so ein cooles und emotionales Produkt wie den Panther verkaufen darf“, sagt Hörschläger.
Afrika-Vertriebsleiter Hörschläger ist seit 24 Jahren im Unternehmen, sein Kollege Thomas Mairhofer stieß vor fast ebenso vielen Jahren als Lehrling zu Rosenbauer. Beide können sich nicht vorstellen, für ein anderes Unternehmen zu arbeiten. Zu wichtig sei ihnen die Atmosphäre in dem Konzern, dessen Umsatz sich rund um die Milliarden-Euro-Marke bewegt, der aber dennoch ein Familienunternehmen geblieben ist, und zu groß sei die emotionale Verbundenheit mit den Produkten, vor allem den Feuerwehrfahrzeugen, die drei Viertel des Rosenbauer-Umsatzes ausmachen.
Rosenbauer liefert alles aus einem Haus
Das Fundament für den heutigen Weltmarktführer im Brandschutz legte der Gürtler Johann Rosenbauer mit der Gründung eines Handelshauses für Feuerwehrbedarf im Jahr 1866 in Linz. Erst vierzig Jahre später begann Enkel Konrad mit der Produktion eigener Feuerwehrgeräte, 1918 wurden die ersten Löschfahrzeuge gebaut. In den 1920ern fanden erstmals Exporte nach China, Siam oder Japan statt.
Mittlerweile hat Rosenbauer Spezialfahrzeuge für den Flughafenbereich (wie den Panther) und die Industrie sowie Tanklöschfahrzeuge für kommunale Feuerwehren in 120 Ländern geliefert. Das Advanced Technology (AT)-Modell ist der Rosenbauer-Bestseller und gilt in Österreich als das Feuerwehr-Standardfahrzeug. „Was Rosenbauer bei all dem einzigartig macht, ist, dass bei uns alles aus einem Haus kommt. Wir bauen die Pumpe samt aller Einzelteile selbst, dazu die Werfer, die Schaumzumischsysteme, die Rollläden und und und. Dadurch können wir die Ersatzteilversorgung und das Training über mindestens 15 Jahre sicherstellen“, erklärt Mairhofer.
Die Aufbauten für die Rosenbauer-Feuerwehrfahrzeuge werden in Europa, den USA und Asien gefertigt. Das Werk für das AT-Modell in Leonding umfasst 13 Stationen, wobei das Fahrzeug nach einem Tag Arbeit die nächste Station erreicht – und in einem letzten Schritt auf das jeweilige Chassis gesetzt wird, das Rosenbauer von diversen Herstellern, zum Beispiel Mercedes, Volvo oder MAN, dazu kauft. Kein anderes Löschfahrzeug der Welt wird in derart getakteter Linienfertigung gebaut.
Dabei hat jedes Fahrzeug, das den Produktionszyklus in Leonding durchläuft, bereits einen feststehenden Abnehmer. Denn anders als in der Autoindustrie ist der Individualisierungsgrad bei den Feuerwehrfahrzeugen groß. Faktoren wie das Klima, die Zugänglichkeit von Hydranten oder die Art der Löschtechnik nehmen Einfluss auf die konkrete Ausführung und Ausrüstung des jeweiligen Modells.
Optimismus trotz roter Zahlen
Die Führung des Konzerns ist zurzeit vor allem auch mit externen Einflüssen beschäfigt. Dabei sind es die krisenbedingten Lieferkettenprobleme und Preissteigerungen bei Vorprodukten und Energie, die zu Verzögerungen und Umsatzeinbußen führen – so stand im ersten Halbjahr 2022 ein Verlust von 11,7 Mio. Euro zu Buche. Für CEO Sebastian Wolf kein Grund zur Panik: „Die Reorganisation und Stabilisierung der internationalen Lieferketten wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir werden diese Versorgungskrise nutzen, um unser Geschäftsmodell zu vereinfachen und die Effizienz unserer Prozesse zu verbessern.“ Wolf hat am 1. August den langjährigen Chef Dieter Siegel an der Konzernspitze abgelöst. Trotz allen Gegenwindes erwartet er auch 2022 einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro. Mehrere Kennzahlen stimmen dabei optimistisch: So lag der Auftragseingang im ersten Halbjahr dieses Jahres mit 581,4 Mio. Euro fast 100 Mio. Euro höher als in der Vorjahresperiode – der gesamte Auftragsbestand liegt zudem bei mehr als 1,3 Mrd. Euro, und auch die Anzahl der Mitarbeiter hat zuletzt zugenommen.
Wolf sieht das Unternehmen grundsätzlich also auf dem richtigen Weg – vor allem auch dank seines Vorgängers sei Rosenbauer von einem Exportunternehmen zu einem internationalen Unternehmen geworden: „Dieter Siegel hat Rosenbauer zu kontinuierlichem Wachstum durch Internationalisierung geführt. Der Konzernumsatz hat sich unter seiner Führung verdoppelt. Und auch seinetwegen verfügen wir heute nicht nur über neun Produktionsstandorte in Europa, sondern über drei weitere in den USA und vier in Asien“, sagt Wolf (mehr zu Wolfs Vision für das Unternehmen erfahren Sie im großen Interview in der nächsten Ausgabe des corporAID Magazins).
Besondere Märkte für Rosenbauer
Persönlich an der konsequenten Internationalisierung beteiligt war und ist auch Christian Traxler, der seit rund zwei Jahrzehnten in verschiedenen Funktionen bei Rosenbauer tätig ist, aktuell die Rolle des Chefs für das Geschäft in Teilen Europas, Südamerika sowie Afrika einnimmt und damit Experte für diverse Schwellen- und Entwicklungsländer ist.
Während internationale Flughäfen auch in diesen Regionen auf eine Zertifizierung des Brandschutzes durch die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) angewiesen sind und daher hochwertige Feuerwehrfahrzeuge aufweisen müssen, ist der Feuerwehrstandard im Kommunalbereich in der Regel meilenweit von jenem in Europa oder Nordamerika entfernt. Den Voraussetzungen entsprechend sind hier eigene Lösungen gefragt – Schlagwort frugale Innovation (zum Nachhören: Fokusthema Frugale Innovation im corporAID Podcast Impact weltweit, Folge 1).
So hat Rosenbauer bereits vor Jahren mit seinem Efficient Technology (ET)-Fahrzeug extra für herausfordernde Märkte ein besonders robustes und einfach zu bedienendes Löschfahrzeug entworfen. Robust etwa, was den Motor angeht: „Würden wir ein Fahrzeug, das wir heute für Deutschland bauen und das den dortigen neuesten Abgasklassen entspricht, nach Ghana liefern, wäre dieses nur wenige Wochen im Einsatz – weil dessen Katalysator nicht in der Lage wäre, den sehr schwefelhaltigen Diesel, den man dort tankt, zu verarbeiten. Es braucht also nicht immer den besten, sondern stets den richtigen Standard“, erklärt Traxler. Gespart wird mitunter auch an der Menge der Funktionen, nicht aber an der Qualität, wie Traxler betont: „Es gibt keine Abstriche bei der Qualität, man braucht aber nicht in jedem afrikanischen Land ein 10-Zoll-Display, um die Pumpe zu bedienen. Diese lässt sich auch, wie es bei uns vor 30 Jahren der Standard war, mit manuellen Ventilen und analogen Anzeigen steuern.“
MEGATHEMA WALDBRÄNDE
Das bestimmende Thema beim Brandschutz sind zurzeit die weltweit wütenden Waldbrände. In Europa verbrannten heuer bereits rund 700.000 Hektar Wald, ein Rekordwert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2006. Laut dem Weltklimarat bietet vor allem der Mittelmeerraum ein sehr hohes Risiko für „Feuerwetter“, nämlich extreme Hitze und Trockenheit gepaart mit starkem Wind. Und auch in Deutschland schlagen Experten Alarm, dass über Jahre zu wenig getan wurde, um sich auf größere Waldbrände einzustellen.
Das hat auch Auswirkungen auf die Firma Rosenbauer. Laut Christian Traxler betreibt das Unternehmen neben dem klassischen Produktmanagement auch ein Topic Management. Die komplexe Materie Waldbrand verlange ganzheitliche Lösungsansätze, die über das konkrete Rosenbauer-Produkt (besonders geländegängige Fahrzeuge mit entsprechenden Selbstschutzeinrichtungen, die vor allem im Rosenbauer-Werk in Spanien hergestellt werden) hinausgehen. „Gerade bei Waldbränden ist das Thema satellitengestützte Früherkennung eine der wichtigsten Komponenten. Es gibt in diesem Zusammenhang Produktlösungen aus unserem Portfolio, wir bieten aber dezidiert auch Lösungen von mit uns kooperierenden Unternehmen an“, sagt Traxler. Aufgrund der weltweiten Vernetzung sowie der jahrzehntelangen Erfahrung wolle Rosenbauer eine Plattform sein, um Erfahrungen zu teilen, damit Waldbrände weltweit besser bekämpft werden können.
Gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern ist es von Bedeutung, dass Rosenbauer nicht nur als Fahrzeugexporteur, sondern als Lösungsanbieter und damit als Problemlöser auftritt – und rund um die Uhr für Servicefragen erreichbar ist. Ein Erfolgsfaktor ist dabei, dass Rosenbauer bereits im Vorfeld die Verfügbarkeit von Ersatzteilen oder auch Öl und Treibstoff vor Ort prüft. Es gebe Länder, in denen es fast unmöglich sei, einen Ersatzreifen für den Kunden zu beschaffen, berichtet Traxler.
Angesichts der notorisch fehlenden Finanzierungsmittel in Schwellen- und Entwicklungsländern setzt Rosenbauer immer wieder auf Soft Loans, also niedrig verzinste Kredite der Oesterreichischen Kontrollbank OeKB, die zur nachhaltigen Entwicklung vor Ort beitragen. Hunderte durch Soft Loans finanzierte Feuerwehrfahrzeuge sind in den vergangenen Jahren etwa auf die Philippinen, nach Vietnam oder Kenia geliefert worden. Ein großes vor der Tür stehendes Soft-Loan-Projekt beinhaltet den Export von rund zehn Fahrzeugen nach Tansania. „Es freut uns immer sehr, wenn wir solche Finanzierungen seitens Österreichs anbieten können“, so Traxler.
Rosenbauer bietet den Kunden zudem eine umfassende Ausbildung – von der Basis- über eine detaillierte Serviceschulung bis hin zum Fahrertraining. Das geschieht grundsätzlich bei der Produktübergabe in Leonding, aber nicht ausschließlich: „Bei Feuerwehren mit wenig Erfahrung bieten wir im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Fahrzeugs oft zusätzlich ein Training vor Ort an. Das tollste Feuerwehrfahrzeug hat schließlich keinen Nutzen, wenn es nicht richtig verwendet werden kann“, sagt Traxler. So ist es gerade in Ländern ohne Hydrantennetz notwendig, dass die Fahrzeuge mit deutlich größeren und vollen Wassertanks unterwegs sind, was vor allem bei schwierigen Straßenverhältnissen viel Expertise im Handling erfordert.
Die Zukunft ist elektrisch
Der Rosenbauer-Auftritt bei der weltgrößten Branchenmesse, der Interschutz in Hannover, vor einigen Wochen stand ganz im Zeichen der elektrischen Zukunft: Dort präsentierte das Unternehmen nämlich den Panther Electric, der die Welt der Flughafenlöschfahrzeuge in Richtung mehr Nachhaltigkeit weiterentwickeln soll.
Für den Kommunalbereich bietet Rosenbauer das elektrisch angetriebene Revolutionary Technology (RT)-Modell an. Dieses wurde im Vorjahr mit dem österreichischen Staatspreis Innovation ausgezeichnet. Und mit den Feuerwehren in Berlin oder Los Angeles gibt es bereits prominente Abnehmer.
Grundsätzlich sind elektrisch angetriebene Feuerwehrfahrzeuge bislang noch ein exklusives Thema für die Industrieländer. „Es gibt zwar auch Feuerwehren in Lateinamerika oder Afrika, die mehr darüber wissen wollen. Aber da bleibt es vorerst beim Interesse, denn die notwendige Ladeinfrastruktur ist ja in weiten Teilen der Welt noch gar nicht vorhanden“, sagt Traxler.
Alternative Antriebstechnologien und Nachhaltigkeit gehören neben der Digitalisierung und Robotik zu den zentralen Handlungsfeldern, die in der im Vorjahr verabschiedeten Unternehmensstrategie namens Rosenbauer City 2030 dargelegt werden. „Die Metapher der Rosenbauer City hat damit zu tun, dass wir breit aufgestellt sein wollen und nicht nur Produkte anbieten, sondern digital vernetzte Lösungen. Wir sind ein beziehungsorientiertes Unternehmen und es freut uns, dass unser Geschäftsmodell es uns erlaubt, die Entwicklung, Produktion und Lieferung eines Produktes mit dessen nachhaltiger Verwendung in Einklang zu bringen“, erläutert Traxler. Die Strategie beinhaltet auch konkrete Ziele, was den Umsatz betrifft: Dieser soll bis 2030 auf zwei Mrd. Euro verdoppelt werden.
Rosenbauer schöpft aus der Praxis
Schaut man sich die Kommentare unter den Youtube-Videos des Unternehmens an, ist von „Gänsehaut pur“, „unglaublich gut“ oder „ihr seid die Besten“ die Rede. Das hat sicher nicht nur etwas mit der aufwendigen Inszenierung, sondern auch mit der Materie Feuerwehr zu tun. Gebietsleiter Christian Traxler geht es genauso wie seinen Kollegen Klaus Hörschläger und Thomas Mairhofer: Rosenbauer ist für ihn mehr als nur ein Arbeitgeber, ganz einfach, „weil das Feuerwehrfahrzeug kommt, um zu helfen“, weil man „etwas Gutes für die Gesellschaft tut und Produkte und Lösungen vertreibt, die es ermöglichen, Menschenleben zu retten“. Sein Engagement reicht dabei über den Job hinaus. Er ist wie viele seiner Kollegen Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. „Das hat nicht nur einen starken Einfluss auf die Motivation. Die Mitarbeiter, die selbst Feuerwehrleute sind, kombinieren die technische und praktische Erfahrung. Das führt zu vielen guten Ideen“, berichtet Traxler.
Von diesen hatte auch Afrika-Vertriebsleiter Klaus Hörschläger in seiner langen Rosenbauer-Karriere schon einige. So hat er bereits vor vielen Jahren in Eigenregie hunderte Feuerwehren auf dem afrikanischen Kontinent abgeklappert, um ihnen den Nutzen von hochwertigen Feuerwehrfahrzeugen näher zu bringen. Nun würde er gerne noch weiter ausholen und beginnend mit Tansania zur Verbesserung der Feuerwehrausbildung in Afrika beitragen. Denn mit dem Export von Feuerwehrfahrzeugen allein gibt man sich bei Rosenbauer nicht zufrieden.
Weltweit im Einsatz
1866 eröffnete Johann Rosenbauer in Linz eines der ersten österreichischen Feuerwehrausrüstungsgeschäfte, 1906 begann die eigene Produktion. Bereits in den 1920ern folgten erste Exporte nach Fernost. 1968 übersiedelte der wachsende Betrieb ins nahe gelegene Leonding. Einen neuen Standard setzte Rosenbauer 1994 mit dem kommunalen Löschfahrzeug AT. Im selben Jahr ging das Unternehmen an die Börse und feierte auch international den Durchbruch. Heute entwickelt und produziert die Rosenbauer International AG Fahrzeuge, Löschtechnik, Ausrüstung und digitale Lösungen sowie Anlagen für den vorbeugenden Brandschutz für Kunden in 120 Ländern. Ende 2021 beschäftigte der Konzern, der sich nach wie vor mehrheitlich im Familienbesitz befindet, 4.130 Mitarbeiter. Der Umsatz belief sich im Vorjahr auf 975,1 Mio. Euro. 76 Prozent davon entfielen auf Feuerwehrfahrzeuge, von denen 2.000 geliefert wurden. Rosenbauers Weltmarktanteil beträgt 14,8 Prozent.