Kühe genießen in Indien nicht nur aus religiösen Gründen eine privilegierte Stellung – und verursachen ihrer Unantastbarkeit wegen den einen oder anderen Verkehrsstau –, sondern sind auch landwirtschaftlich von Bedeutung. Mit rund 100 Milliarden Litern jährlich ist das bevölkerungsreichste Land der Welt auch der weltgrößte Milchproduzent, mehr als ein Viertel der gesamten Rinderpopulation lebt in Indien. Zugleich ist es in Indien nicht unbedingt ratsam, Milch zu kaufen: Immer wieder erschüttern Skandale um verunreinigte Milch das Land, zuletzt waren laut Lebensmittelbehörde etwa drei Viertel der Stichproben verschmutzt.

Glück hat, wer Bio-Milch von der Firma Akshayakalpa trinkt. „Schweizer Investoren haben das Unternehmen besucht und sind davon überzeugt, dass sie daheim noch nie so gute Milch getrunken haben“, berichtet Vishal Mehta. Mehta ist Gründer der indischen Impact-Investmentfirma Lok Capital, die mehr als zehn Millionen US-Dollar in Akshayakalpa investiert hat. Er hält die Molkerei für „das perfekte Beispiel für unser Tun: Impact auf allen Ebenen. Die Endnutzer profitieren von der Qualität. Die Milchbauern konnten ihr Einkommen von etwa 200 auf rund 1.200 Dollar monatlich vervielfachen. Und unsere Investoren können eine Rendite von 20 bis 25 Prozent erwarten.“

Interview mit Vishal Mehta und Venky Natarajan, Gründer von Lok Capital

Was heißt für Sie Impact?

Die Lok-Capital-Gründer setzen auf ganzheitliche Lösungansätze, um vor allem der armen Bevölkerung in Indien unter die Arme zu greifen.

Lok Capital erhält Support aus Wien

Die an Lok Capital beteiligten Investoren setzen sich aktuell zu zwei Drittel aus internationalen Entwicklungsbanken zusammen, von British International Investment über die FMO aus den Niederlanden, die deutsche KfW, die amerikanische DFC bis zur Oesterreichischen Entwicklungsbank OeEB. Letztere hat 2019 gemeinsam mit der Wiener Bank Gutmann einen rund 70 Mio. Euro-Impactfonds ins Leben gerufen und investiert aktuell in zehn Zielfonds, die in Schwellen- und Entwicklungsländern KMU finanzieren. Unter ihnen ist Lok Capital, das 7,5 Mio. Euro aus dem Gutmann OeEB Impact Fund erhalten hat.

Hannes Manndorff, der die Abteilung Equity der Oesterreichischen Entwicklungsbank leitet und für den Gutmann OeEB Impact Fund zuständig ist, verfolgt die Arbeit von Lok Capital bereits seit vielen Jahren: „Lok ist ein echter Pionier des Impact Investing in Indien und beweist seit zwei Jahrzehnten eindrücklich, dass sich Investitionen, die eine positive soziale Wirkung erzielen, mit einer attraktiven Rendite kombinieren lassen“, so Manndorff.

Um über die eigenen Erfolge und zukünftigen Pläne zu berichten, statteten die beiden Lok Capital-Gründer Vishal Mehta und Venky Natarajan der OeEB im Oktober einen Besuch ab: So hat die indische Investmentfirma seit ihrer Gründung im Jahr 2004 mit vier Fonds (Lok I bis Lok IV) bis dato mehr als 200 Mio. Dollar in insgesamt 41 indische Start-ups und KMU investiert, die meisten im Bereich inklusive Finanzdienstleistungen, seit einigen Jahren auch in den Sektoren Gesundheit, Landwirtschaft und Klima. „Was diese Investitionen gemeinsam haben: Sie kommen den Menschen in der unteren Hälfte der Einkommenspyramide in Indien zugute“, sagt Natarajan.

Daten und Fakten

Es geht um Milliarden

Die indischen Impact-Investitionen haben sich in zehn Jahren mehr als verzehnfacht. Auch die Höhe der durchschnittlichen Einzelinvestments ist gestiegen – von vier auf 14 Mio. Dollar.

Für Lok Capital kommt es auf die Rendite an

Die Sonderrolle von Lok Capital in der indischen Investmentlandschaft erklärt sich nicht nur aus dem Impactfokus. Dazu kommt, dass die Banker viele Ressourcen in die Auswahl und Unterstützung der begünstigten Unternehmen stecken. „Unser Team verbringt viel Zeit vor Ort, trifft sich mit den Kunden der Portfoliounternehmen und lernt von ihnen“, berichtet Mehta. Auch nach dem Investment begleitet Lok Capital die jeweiligen Unternehmen engmaschig und sichert sich unter anderem stets zumindest einen Sitz im Aufsichtsrat.

Der Schlüssel zum Erfolg von Lok Capital liege dabei nicht im gesellschaftlichen Impact, sondern in dessen Verbindung mit Ertrag. Stolz verweist Mehta darauf, dass man bei den bisherigen Investments Renditen von zehn bis 20 Prozent erreicht habe. „Damit erzielen wir höhere Renditen als kommerzielle Fonds. Und davon hängt letztlich unser langfristiger Erfolg und somit unser gesellschaftlicher Impact ab“, ist Mehta überzeugt.

Die erfahrenen indischen Impact Investoren haben sich zum Ziel gesetzt, langfristig über die Entwicklungsbanken hinaus größere kommerzielle Investoren ins Boot zu holen. In der politischen Großwetterlage, also einer wachsenden Skepsis gegenüber China sowie dem Wunsch, die größte Demokratie der Welt, Indien, als Verbündeten des Westens zu gewinnen, erkennen sie durchaus Chancen. „Wir sehen ganz klar, dass sich Europa und die USA geopolitisch immer mehr in Richtung Indien ausrichten. Das bedeutet, dass mehr Geld nach Indien fließt. Und das wird sich letztlich auch für uns positiv auswirken“, sagt Natarajan.

Aktuell seien die europäischen Entwicklungsbanken die „natürlichen Partner“ von Lok Capital, so Mehta, der gemeinsam mit seinem langjährigen Geschäftspartner Natarajan nach dem Zwischenstopp in Wien noch Besuche bei Investoren in Brüssel, Amsterdam, München, Zürich und Paris auf der Agenda hatte, bevor es zurück nach Delhi ging.

 

Foto: Akshayakalpa