Was heißt für Sie Impact?

Ausgabe 101 – Winter 2023/24

Die Lok-Capital-Gründer setzen auf ganzheitliche Lösungansätze, um vor allem der armen Bevölkerung in Indien unter die Arme zu greifen.

Vishal Mehta und Venky Natarajan
Mit Lok Capital haben Sie vor fast 20 Jahren eine der ersten indischen Impact-Investmentfirmen gegründet. Hat man Sie mit dieser Idee damals ernst genommen?

Venky Natarajan: Die Menschen im indischen Investment-Ökosystem fanden unsere Idee zwar sympathisch, hätten uns aber niemals Geld dafür gegeben, weil sie es für absurd hielten, gesellschaftlichen Impact und Rendite miteinander zu verbinden. Sie sagten: Macht eure philantropischen Projekte, aber beim Geschäft geht es um Geld und nicht um gesellschaftlichen Impact. In den USA und vor allem in Europa stießen wir glücklicherweise auf mehr Interesse. Dennoch waren wir uns zu Beginn nicht sicher, ob wir auch kommerziellen Erfolg haben werden. Unsere ursprüngliche Idee war es, eine Million Dollar zu sammeln. Nun haben wir bereits vier Fonds aufgesetzt und mehr als 200 Millionen Dollar in indische Sozialunternehmen investiert.

In Europa hat Impact Investing in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. In Indien ebenfalls?

Natarajan: So weit sind wir noch nicht. Dabei ist Impact Investing international eine eigene Anlageklasse geworden. Wir sehen vor allem aus Europa einen starken Schub in diese Richtung.

Vishal Mehta: Wobei wir uns erst einmal auf eine gemeinsame Definition von Impact einigen müssten. Wir haben kürzlich mit Sunil Mittal, Gründer und CEO von Indiens größtem Mobilfunkbetreiber Airtel, genau darüber diskutiert. Er sagte, er sei der größte Sozialunternehmer Indiens, da er die Mobilfunktechnologie eingeführt und damit enorme Produktivitätssteigerungen möglich gemacht habe. Und in mancher Hinsicht hat er absolut recht, schließlich hat er etwas Wunderbares bewirkt. Aber unser Punkt war: Haben Sie Ihr Geschäft aus dieser Impact-Motivation heraus betrieben? Haben Ihre Shareholder den Impact als Bedingung für ihre Investitionen gemacht? War es also in dieser Hinsicht eine bewusste Investition?

Ist es nicht letztlich egal, ob bewusst oder unbewusst – Hauptsache, es hilft und der Impact tritt ein?

Mehta: Das Problem ist die Volatilität: Wenn sich etwa die Technologie morgen ändert und man anderswo mehr Geld verdienen kann, dann wird schnell der Geldhahn abgedreht und beispielsweise die Mobilfunk- durch die Weltraumtechnologie ersetzt. Aber wenn der gesellschaftliche Impact bereits zu Beginn als conditio sine qua non feststeht, dann stellt man sicher, dass dieses Motiv zählt und gilt.

Ihre ersten Lok-Fonds konzentrierten sich auf die finanzielle Inklusion der armen Bevölkerung in Indien. Heute ist das Portfolio von Lok Capital breit gefächert und umfasst auch die Bereiche Klima, Landwirtschaft und Gesundheit. Was hat Sie dazu bewogen, Ihren Schwerpunkt zu erweitern?

Natarajan: Mit den ersten Fonds haben wir die Menschen am unteren Ende der Einkommenspyramide adressiert. Dabei haben wir festgestellt, dass der Zugang zu Finanzmitteln nur einen Teil des Problems löst. Diese Menschen haben keinen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen, zu Bildung, zu Märkten, um ihre Waren zu verkaufen. Solange diese Probleme nicht ganzheitlich gelöst sind, werden sie immer irgendwo stolpern. Das hat uns dazu motiviert, über die finanzielle Inklusion hinauszugehen und andere Sektoren in den Blick zu nehmen. Vor allem im Bereich Klimaschutz werden wir uns dabei nicht nur, wie bislang, auf die Ärmsten und Marginalisierten konzentrieren. Denn der Klimawandel betrifft letztlich alle.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Foto: Lok Capital

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