An welche Unternehmen oder Sektoren denken Sie beim Thema nachhaltige Lieferketten zuerst?
Norton: Das nachhaltige Management der Lieferkette ist für jedes Unternehmen jeder Branche und Größe wichtig. Unternehmen in der Konsumgüterbranche – Einzelhandel und Bekleidung, Frischwaren, Lebensmittel und Getränke, Unterhaltungselektronik – fahren dabei häufig sichtbarere Programme, aber alle Unternehmen profitieren vom Management der sozialen, ökologischen und Governance-Performance ihrer Lieferanten, wie zahlreiche Beispiele zeigen.
Welche Rolle spielen die Konsumenten?
Norton: Sie wollen mehr darüber erfahren, woher die Produkte und Services stammen, die sie kaufen, und fordern daher von Unternehmen, diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Im B2B-Bereich spielen globale Marken oft eine ähnliche Rolle, da sie von ihren Lieferanten verlangen, dass sie Informationen über ihren Impact auf Soziales und Umwelt bereitstellen. Daneben können Regulierungsbehörden, Investoren und Organisationen der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle dabei spielen, die Unternehmen zu bewegen, ihre Lieferketten gut zu managen.
Was sind die positiven Treiber der Entwicklung? Wann gab es erste Bemühungen?
Norton: Modernes nachhaltiges Lieferkettenmanagement lässt sich bis in die 1990er Jahre zurückverfolgen. Damals kamen einige Verbrauchermarken unter Beschuss, und Verbraucher und Aktivisten forderten sie auf, für die Arbeitsbedingungen in ihrer Lieferkette die Verantwortung zu übernehmen. Natürlich geht das Risikomanagement zeitlich noch weiter zurück. Die positiven Treiber sind, dass Unternehmen profitieren, wenn sie ihre Lieferketten besser kennen – da sie dadurch etwa die Beziehungen zu strategischen Lieferanten stärken, die Rückverfolgbarkeit von Produkten erhöhen, die Versorgung fallweise absichern können und in der Lage sind, das Unternehmen vorausschauend zu führen.
Welche Rolle spielt Transparenz?
Norton: Wir haben zahlreiche Fälle erlebt, wo Transparenz – nämlich die Offenlegung dessen, was entlang der Lieferkette geschieht – positive Verhaltensänderungen antreibt. Darüber hinaus wird sie von Kunden oder Konsumenten verlangt. Und nicht zuletzt ist es aufgrund der hohen Datenverfügbarkeit sehr wahrscheinlich, dass jemand anderer für Transparenz sorgen wird, wenn das Unternehmen selbst es nicht tut.
Welche Rolle spielt Technologie für die Erreichung nachhaltiger Lieferketten?
Norton: Technologie ist einer der Hebel, mit denen wir unsere Ziele erreichen können, sie löst Probleme aber nicht von selbst. Es gibt eine Reihe großartiger Beispiele, bei denen Technologie auf neue Weise eingesetzt wird, um langjährige Ziele zu erreichen – ich denke an den Satelliteneinsatz von Nestlé für ein Regenwaldmonitoring, an Fishcoin, den Einsatz von Blockchain zugunsten einer nachhaltigen Fischerei, oder „Tech Against Trafficking“, eine Koalition von IT-Unternehmen zur Unterbindung von Menschenhandel.
Woran lässt sich der Erfolg der Digitalisierung nachhaltiger Lieferketten messen?
Norton: Viele Unternehmen probieren Neues, und wir würden uns mehr davon wünschen. Digitalisierung hat für viele Einkaufsleiter Top-Priorität, dabei kommt es aber darauf an, ob Nachhaltigkeit integriert wird. Die Lieferketten-Leader – etwa nach dem Gartner-Ranking – haben meist auch führende Nachhaltigkeitsprogramme. Das kann also durchaus Hand in Hand gehen.
Was ist Ihr Rat für die Erreichung einer nachhaltigen Lieferkette?
Norton: Die größte Herausforderung ist, dass Unternehmen darauf fokussieren, ihre Lieferkette und die größten anstehenden Fragen in derselben zu kennen. Wir empfehlen auch, viel Zeit damit zu verbringen, um herauszufinden, ob eine gute Informationsquelle zu den Lieferanten vorhanden ist. Ausgehend von dieser Basis ist es einfach, andere Hindernisse zu überwinden.
Vielen Dank für das Gespräch!