Wem hat die Kreislaufwirtschaft ihr aktuelles Momentum zu verdanken, protestierenden Schülern, neuen Gesetzen oder visionären Unternehmern?
Hackl: Der Drive, den die Kreislaufwirtschaft im Kunststoffsektor gerade erlebt, fußt auf dem wachsenden Bewusstsein der Bevölkerung für den nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen, ebenso wie auf gesetzlichen Vorgaben, wie sie die EU in ihren Recyclingzielen festgelegt hat. Dazu kommen Selbstverpflichtungen der namhaften Markenhersteller. Sie haben sich selbst Quoten für den Einsatz von recycelten Kunststoffen in ihren Produkten und Verpackungen auferlegt. Es gibt dabei schon vielerorts erfolgreich geschlossene Kunststoffkreisläufe. Die Branche ist aber gefordert, neue Lösungen auf die Straße zu bringen. Das kann nur gelingen, wenn alle Akteure in der Kunststoffkette – Recycler, Rohwarehersteller, Verarbeiter und Markenartikelunternehmen – zusammenarbeiten. Recycling muss zum fixen Glied in der Kunststoffkette werden. Die Bedeutung dieses Themas war übrigens auch auf der weltweit größten Kunststoffmesse, die gerade in Düsseldorf zu Ende gegangen ist, spürbar. Die K 2019 ist zu einer Leitmesse für Kreislaufwirtschaft geworden und unser sogenanntes Circonomic Centre zum Schauplatz, an dem man die Kreislaufwirtschaft im Kunststoffsektor bei Live-Recyclingdemonstrationen erleben konnte.
Plastik- und Verpackungsmessen gibt es in diesen Wochen nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Thailand, Kolumbien, der Türkei und Algerien. Zeigt allein diese geographisch breite Streuung die steigende globale Relevanz?
Hackl: Sicherlich. Zudem sind schon jetzt unsere Maschinen in 107 Ländern der Erde in Betrieb. Größtenteils in Europa, aber auch in den USA und in Asien wird aktuell mehr in moderne Recyclingtechnologie investiert. Das kommt uns als Weltmarktführer natürlich zugute.
In welchen Bereichen funktioniert Kreislaufwirtschaft bereits gut, wo gibt es Nachholbedarf?
Hackl: Im Inhouse-Bereich, also bei der Rückführung von Produktionsabfällen in den Produktionsprozess, und im PET-Bereich (Bottle to Bottle) konnten die Kreisläufe schon gut geschlossen werden. Auch im Post-Consumer-Bereich, konkret bei verschmutzten Kunststoffabfällen etwa aus der Quelle Gelber Sack, haben wir in den vergangenen Jahren etliche technologische Entwicklungen auf den Markt gebracht, die es den Recyclern ermöglichen, hochwertiges Regranulat herzustellen. Dadurch und durch Weiterentwicklungen bei vorgelagerten Prozessen wie Sortierung und Wäsche, können Regranulate aus recycelten Kunststoffen heute in Anteilen von bis zu 100 Prozent für die Produktion hochwertiger Endprodukte eingesetzt werden. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft hängt aber nicht nur von Technologien ab, sondern auch von der Sammelinfrastruktur, damit recyclingfähige Kunststoffe tatsächlich der Wiederverwertung zugeführt werden, und auch vom Produktdesign. Hier gibt es noch Entwicklungsbedarf.
Das Image der Plastikbranche hat aufgrund von zugemüllten Ozeanen, Stränden und Straßengräben gelitten. Zu Unrecht?
Hackl: Ob in der Medizin, der Textil- und Sportbranche oder im Transport: Kunststoffe sind aufgrund ihrer positiven Eigenschaften – auch im Hinblick auf die Einsparung von CO2-Emissionen – und vielfältiger Einsatzgebiete aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Die Vorteile dieses Werkstoffs werden derzeit von den negativen Bildern überlagert. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft bietet für die Branche, abgesehen von der Lösung der Umweltprobleme, die Chance, das Image von Kunststoffen wieder auf ein Niveau zu heben, das ihrer Bedeutung für unser tägliches Leben entspricht.