Alles Banana

Ausgabe 102 – Frühjahr 2024

Britta Bookhagen von der Deutschen Rohstoffagentur erwartet deutlich steigende Rohstoffbedarfe – und nimmt Europa in die Pflicht.

Kritische-Rohstoffe_Bookhagen
Britta Bookhagen, DERA
Von Kobalt bis Lithium: Lässt sich der zukünftige Rohstoffbedarf überhaupt prognostizieren?

Bookhagen: Es gibt lediglich Szenarien. Viele der disruptiven Technologien haben sich noch nicht ganz etabliert bzw. stehen in Konkurrenz zueinander. Das ist auch bei den Batterierohstoffen ein Thema: Momentan bauen wir größtenteils auf Lithium-Ionen-Batterien. Doch was ist, wenn stattdessen Natrium-Batterien oder ganz andere Technologien, die wir noch nicht kennen, marktreif werden? Dann können sich Rohstoffbedarfe sprunghaft verändern, mit großen Auswirkungen auf die Bergbauindustrie.

Autobauer forschen an Möglichkeiten, um auf gewisse Rohstoffe ganz zu verzichten. Kann uns Technologie vor den Problemen rund um die Versorgung mit kritischen Rohstoffen retten?

Bookhagen: Neue Technologien können den Rohstoffbedarf grundlegend verändern. Doch für diese braucht es dann wieder andere Rohstoffe, es kommt also wohl eher zu einer Verschiebung als zu einer flächendeckenden Substituierung.

Viele dieser Metalle könnten wir auch in Europa abbauen. Warum tun wir das kaum?

Bookhagen: Wir brauchen dringend mehr Rohstoffabbau in Europa, so wurde es ja auch in der neuen EU-Rohstoffstrategie festgehalten – von zehn Prozent heimisch geförderten kritischen Rohstoffen ist dort die Rede. Ich würde gar von der Notwendigkeit einer Rohstoffwende sprechen. Doch neben dem Zurückschrecken vor den nötigen großen Investitionen ist bei uns die mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz wohl das größte Problem. Oder auch: Banana.

Das müssen Sie erklären.

Bookhagen: Das ist ein Akronym für „Build absolutely nothing anywhere near anything“, andere sprechen auch von Nimby, also „Not in my backyard“. Viele Menschen heißen zwar die Energiewende gut, setzen sich aber nicht damit auseinander, welche Rohstoffe es dafür braucht. Und vor allem wenden sie sich gegen den Abbau von Rohstoffen in ihren Heimatregionen. Bergbau hat nach wie vor ein schlechtes Image. Dabei haben wir in Europa gute Beispiele für hochwertigen standardisierten Bergbau: in Schweden, in Polen, auch in Österreich. Wir können nicht immer mit dem Finger auf die Chinesen zeigen und sie für ihre Marktdominanz oder Abbaumethoden kritisieren, wenn wir nicht bereit sind, in den Bergbau in Europa zu investieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

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