Interview

Es kommt auf die Rendite an

Ausgabe 81 – Mai | Juni 2019

Investor Tim Gocher ist davon überzeugt, dass nur verstärkter Wettbewerb und ein deutlich größeres Engagement ausländischer Investoren Nepal nachhaltig nach vorne bringen können. Noch ist er allerdings von Entwicklungsbanken wie der OeEB abhängig.

Tim Gocher, Gründer des Dolma Impact Fund
Tim Gocher, Gründer des Dolma Impact Fund
Ist es realistisch, in Nepal einen wettbewerbsfähigen Markt zu schaffen?

Gocher: Ja, weil es nicht viele Produkte und Dienstleistungen gibt. Wenn Sie also mit einer guten E-Commerce-Website oder mit einer Dialyseflüssigkeit auf den Markt gehen, wie wir es getan haben, werden Sie große Marktanteile gewinnen, und Ihre Erträge können sehr hoch sein. Dies allein wird ausländische Investitionen anziehen und mehr Wettbewerb ermöglichen. Aktuell aber ist das Land sehr arm, unterversorgt und gewinnt 25 Prozent des BIP durch Rücküberweisungen, auch weil nicht genügend lokale Arbeitsplätze geschaffen wurden. 20 Prozent der Bevölkerung, hauptsächlich Männer, sind ins Ausland gegangen. Sie schicken Geld an ihre Familien zurück, die es dann ausgeben. Es gibt also bereits einen einigermaßen funktionierenden wirtschaftlichen Mechanismus, der jedoch offensichtlich nicht sozial nachhaltig ist. Das Geld ist da, aber es fehlen vor Ort hergestellte Produkte und Dienstleistungen.

Sie haben erneuerbare Energie als das wichtigste wirtschaftliche Potenzial Nepals bezeichnet. Abgesehen davon: In welchen Sektoren sind Investitionen am lohnendsten?

Gocher: Technologie. Eine Fabrik zu bauen ist in Nepal sehr kompliziert. Es gibt kaum Maschinen und Strom. Wenn Sie jedoch ein Softwareunternehmen aufbauen möchten, sind Sie nicht so sehr auf die Infrastruktur angewiesen. Und Sie treffen dort auf viele Innovationen. Vor allem wenn die Menschen einen guten Abschluss und Erfahrung in Amerika oder Europa gesammelt haben und dann nach Nepal zurückgekehrt sind. Wir sehen in den Technologieunternehmen, in die wir investiert haben, ein hohes Wachstum. Das schafft eine Menge guter Beschäftigung.

Wie wichtig sind für Sie Entwicklungsbanken wie die OeEB?

Gocher: Wir würden ohne sie nicht existieren. Oder würden Sie etwa wollen, dass Ihr Pensionsfonds in den ersten Private Equity Fonds in Nepal investiert? Wir können nicht direkt zu großen kommerziellen Investoren gehen, wie wir es in einem westlichen Land täten. Daher haben die Entwicklungsbanken eine wichtige Brückenfunktion. Sie sind kommerziell ausgerichtet, können aber auch größere Risiken eingehen. Und langsam spricht sich die Idee des Impact Investing als einzig möglicher Weg zur vollen Nachhaltigkeit herum. Als ich anfing, war dies eine Nische, jetzt wird es zum Mainstream. Nachhaltige Entwicklung, Umwelt- und Sozialaspekte werden also glücklicherweise immer wichtiger.

Was sind Ihre langfristigen Ziele für den Fonds?

Gocher: Der Schlüssel ist die Rendite. Derzeit erhält Nepal jährlich 170 Mio. Dollar ausländische Direktinvestitionen. Aber wenn das Land bis 2030 „middle income status“ erreichen will, was das erklärte Ziel der Regierung ist, dann muss diese Zahl drei bis vier Mrd. Dollar betragen. Wir benötigen also dringend einen starken Anstieg an ausländischen Direktinvestitionen. Und da wir bislang der einzige Fonds sind, werden wir quasi als Track-Record, als Aushängeschild des gesamten Landes betrachtet. Würden wir uns nun also mit einer Rendite von fünf Prozent zufrieden geben, solange beispielsweise die von uns gewünschten Krankenhäuser gebaut werden, dann würden andere Investoren sagen: Ich bekomme zehn Prozent in Indien, warum sollte ich für fünf in Nepal investieren? Mit einer schwachen Rendite würden wir also den gesamten Flow stoppen. Aus diesem Grund streben unsere Shareholder wie die OeEB und wir selbst eine überzeugende Rendite an. Wir möchten vor allem viel mehr Investitionen anziehen. Der Dolma Impact Fund könnte 70 Mio. Dollar aufbringen, aber Nepal benötigt wie gesagt Milliarden. Es braucht also mehrere Fonds und große Investmentbanken, die sich diesen Wachstumsmarkt ansehen. Wir verköpern dabei die Botschaft: Nepal ist stabil, Sie können eine Rendite erzielen, die im Verhältnis zum Risiko sehr attraktiv ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

Fotos: Dolma Impact Fund

Zur Hauptstory

Dolma Impact Family nennen sich die Mitarbeiter des Dolma Impact Fund, hier mit Vertretern der beteiligten europäischen Entwicklungsbanken im nepalesischen Patan.

Die guten Zeiten

Erneuerbare Energie, Technologie, Tourismus: In Nepals Wirtschaft schlummern viele Potenziale. Der erste Private Equity Fonds des Landes will diese ans Licht bringen, Unterstützung kommt von der Oesterreichischen Entwicklungsbank OeEB.