Interview

Vom Spaßprojekt zum großen Wurf

Ausgabe 83 – September | Oktober 2019

Der Auslandsösterreicher Marcello Schermer, heute Expansionleiter beim südafrikanischen Finanz-Start-up Yoco, über die Rolle und Herausforderungen afrikanischer Gründer.

Marcello Schermer, Yoco
Marcello Schermer, Yoco
Welches Profil hat der typische afrikanische Gründer? 

Schermer: Start-up Gründer in Afrika sind meist relativ jung, absolvieren eine technische Ausbildung und entwickeln nebenher erste Programme oder Apps. In vielen Ländern liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 30, 40, in Südafrika sogar bei 55 Prozent, deshalb haben junge Afrikaner oft mehrere Mini-Jobs gleichzeitig und finanzieren sich so die Anfangsphase im Aufbau einer Geschäftsidee. Die meisten Tech Start-ups fangen als Spaßprojekte an, später kommt der Erfolg und die Formalisierung.

Was sind die größten Hürden auf dem Weg zum etablierten Unternehmen?

Schermer: Ich sehe zwei Hauptprobleme: Zum einen fehlt vielen ein gewisses Fachwissen, wie man eine Firma aufbaut und diese zum Wachsen bringt. Zum anderen ist das Thema Finanzierung ein Stolperstein. Es ist teilweise sehr schwer für Start-ups, Wachstumskapital an Land zu ziehen. Das typische Venture Capital Modell gibt es lokal noch relativ wenig, die meisten Fonds kommen nach wie vor aus dem Ausland. Das führt dann dazu, dass etwa der Großteil der Investments in Ländern wie Kenia an ausländische Gründer geht – ein großer Kritikpunkt unter lokalen Gründern. In Nigeria ist das interessanterweise genau andersherum. Viele der nigerianischen Gründer haben im Ausland studiert und damit starke Links zu dortigen Investoren. Sie kommen zurück, um in ihrem Heimatland etwas aufzubauen. 

Wie beurteilen Sie die Rolle von technologischen Start-ups im Vergleich zu einfachen KMU?

Schermer: Es braucht natürlich beides. Wenn man sich ansieht, was die afrikanische Wirtschaft wirklich treibt, dann sind das meist ganz normale kleine Firmen und KMU. Die junge, hippe Start-up Welt bekommt im Moment disproportional viel Aufmerksamkeit im Vergleich zu dem, wie viel sie zur Wirtschaft insgesamt beiträgt. Aber man muss es so sehen: Wenn ein innovatives Start-up wirklich groß wird, kann es Hunderte oder Tausende Menschen einstellen und damit einen exponentiellen Beitrag zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit leisten. Und genau das erhoffen sich ja auch die Investoren: Dass sie das Hundertfache von ihrem Geld wiedersehen. 

Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: beigestellt

Zur Hauptstory

Nigerianische Gründer im NESA by Makers Hub in Lagos

Frischer Wind

Die afrikanische Tech-Szene wächst rasch, immer mehr Investoren zeigen Interesse an den Chancen, die lokale Start-ups mit digitalen Lösungen auf dem Kontinent bieten.