Interview

Erosion stoppen

Ausgabe 86 – Frühjahr 2020

Kein europäisches Land leidet so sehr unter Bodenerosion wie Albanien. Waldexperte von CNVP Isuf Omuri sieht Wege, um dem Verlust von Boden und Gestein gegenzusteuern.

Isuf Omuri, Waldexperte
bei CNVP, Balkan
Sie haben sich im Auftrag der Weltbank das Wassereinzugsgebiet des Flusses Mat in Albanien genau angeschaut. Was war das Ziel? 

Omuri: Die Bodenerosion ist am ganzen Balkan hoch. Das Mattal ist repräsentativ, mit rund 1.200 km2 Fläche aber relativ klein, daher war es für die Untersuchung gut geeignet. Unsere Frage war, wie man der Erosion möglicherweise über ein Programm von Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen am günstigsten entgegenwirken kann.

Wie zeigt sich die Erosion? 

Omuri: Ihre deutlichste Spur sind die Ablagerungen, in diesem Fall im Ulza-Stausee, der am Mat 1958 errichtet wurde. In 60 Jahren haben sich im See Sedimente im Ausmaß von 63 Millionen Kubikmetern angesammelt – das bedeutet für das Wasserkraftwerk einen zehnprozentigen Leistungsverlust. Weitere Folgen sind die unregelmäßige Wasserführung des Mat und schrumpfende Anbau- und Weideflächen in höheren Lagen. 

Wovon wurde die Erosion ausgelöst?

Omuri: Die Bevölkerung holte sich bis in die 1990er Jahre ihr Brennholz aus den Wäldern, die dem Staat gehörten, und stieg dazu bis in die hochgelegenen Regionen hinauf. Damit verloren die Wälder an Dichte, und das Land war zunehmend dem Regen ausgesetzt. Es wird bis heute illegal Holz geschlägert. 

Wie wichtig ist es, neue Bäume zu pflanzen?

Omuri: Auf steileren Hanglagen sind Bäume zur Befestigung von Böden die einzige Wahl. Auf ebenen Flächen sind Wiesen ebenso effektiv. Wichtig wäre auch, dass die Bauern beginnen, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften und bei der landwirtschaftlichen Nutzung der Böden darauf achten, die Erosion nicht unwissentlich zu fördern. Dazu sollten sie auch auf technische Verbauungsmaßnahmen zurückgreifen.

Wie weit ist es gelungen, ein Programm für Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen einzuführen?

Omuri: Wir haben durch unsere Analysen seriöse Daten dafür erhoben. Die Weltbank trat bezüglich eines solchen Programms mit der albanischen Regierung in Gespräche ein, diese versprach, tausende Bäume zu pflanzen. Seit dem Erdbeben Ende 2019 ist davon aber keine Rede mehr. Auch das Kraftwerk am Ulza Stausee, das heute in ausländischer Hand ist, hat bald abgewunken. Es ist uns bisher nicht gelungen, eine Finanzierung für das Programm zu finden.

Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: CNVP

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