Interview

Warten auf Marulariegel

Magazin 94 – Frühjahr 2022

Gemeinsam mit einem kleinen Team leistete Cyril Lombard vor 30 Jahren Pionierarbeit in der kommerziellen Marulaölproduktion. Nun arbeitet der Südafrikaner im Auftrag der deutschen Entwicklungsagentur GIZ daran, dass auch der Marulafrucht der Weg nach Europa gelingt.

Cyril Lombard Marula
Cyril Lombard, Berater für GIZ Projekt (ABioSA) in Südafrika
corporAID: Sie haben in den 1990er Jahren in Namibia mit einer professionellen Produktion von Marulaöl gestartet. Wie waren die Anfänge? 

Cyril Lombard: Ich habe damals begonnen, in Namibia Frauengruppen zu organisieren, die Marulakerne einsammelten. Es gab nahezu keine kommerzielle Produktion, somit keine großen internationalen Kunden und keine Marulaölprodukte am globalen Markt. Alles war neu und echte Pionierarbeit. Unser erster Kunde war der Kosmetikhersteller Bodyshop, der Marulaöl für Farbkosmetikprodukte verwendete. Das war der Durchbruch, nicht nur für uns, sondern allgemein für Marulaöl. 

Wie entwickelt sich der Markt derzeit?

Lombard: Sehr gut! Das Interesse der Konsumenten wächst, und immer mehr Markenhersteller wollen das Öl in ihren Produkten einsetzen, besonders in den USA. Mittlerweile ist die Nachfrage nach hochwertigem Öl höher als das Angebot, wobei der Markt für Marulaöl insgesamt immer noch recht klein ist. Wenn sich der Marulasektor professionalisiert und vernetzt, könnte Marula eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie Arganöl hinlegen.

Ist das realistisch?

Lombard: Langfristig sollte das volle Potenzial der Marula-frucht kommerziell genutzt werden, nicht nur für internationale Märkte, sondern auch in Afrika selbst. Wir arbeiten daher mit der deutschen Entwicklungsagentur GIZ und vielen weiteren Playern aus dem südlichen Afrika an einem Sektorentwicklungsplan für Marula. In Zukunft könnten auch Säfte, Extrakte und Fruchtfleisch für den Export verarbeitet werden. Auch der eiweißreiche Presskuchen, der bei der Ölproduktion zurückbleibt, müsste nicht als Hühnerfutter enden. Er könnte eine neue Antwort auf den weltweit steigenden Appetit auf pflanzliche Proteine darstellen.

Noch ist die Marulafrucht in der EU nicht als Lebensmittel zugelassen. Wann könnte es soweit sein?

Lombard: Wir arbeiten seit zwei Jahren intensiv an dem umfangreichen Dossier, das wir für die europäische Zulassung von Marula als sogenanntem Novel Food brauchen. Wir hoffen, diese bis Ende 2023 zu erhalten. Bereits jetzt intensivieren wir unsere Kommunikation mit der Lebensmittelbranche und zeigen den Unternehmen, wie sie die Frucht verwerten könnten. Überhaupt wachsen in Afrika etliche Pflanzen, aus denen man neue Zutaten und innovative Produkte schaffen kann. Darin stecken große Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents, für neue Unternehmen und Arbeitsplätze. Das haben wir schon bei Baobab gesehen, dessen Früchte mittlerweile in der EU und den USA zugelassen sind. Die Entwicklungszusammenarbeit sollte afrikanische Produkte beim Zugang zu internationalen Märkten daher stärker unterstützen. Ein wichtiger Schritt wäre es, die aufwändigen Zulassungsverfahren fachlich zu begleiten. Das hätte eine enorme Hebelwirkung.

Vielen Dank für das Gespräch. 

 

Nähere Informationen zu Marula finden Sie unter anderem hier: ABioSA (ABS-compliant Value Chains in South(ern) Africa)

Foto: beigestellt