Menschenkenntnis ist laut Duden-Definition das „Vermögen, andere Menschen richtig zu beurteilen“ – normalerweise eine Fähigkeit besonders feinfühliger Charaktere. Im Kontext von Staaten stellt sich Menschenkenntnis anders dar. Beispielsweise leben in den Ländern Subsahara-Afrikas hunderte Millionen Menschen, die nie offiziell registriert wurden. Die Regierungen kennen also viele ihrer Bürger gar nicht und müssen für ihre Planung auf demografische Schätzungen vertrauen. Dass dies Entwicklung hemmt, wundert nicht – weshalb in immer mehr Ländern ID-Programme im Kommen sind. Wie viel hier technisch bereits möglich ist, demonstriert der Weltmeister der Menschenkenntnis: China. Dank digitaler Technik kennt das Land jeden seiner 1,4 Milliarden Bürger bis ins kleinste Detail. Und nutzt das, um sie zu kontrollieren. 2020 wird dazu landesweit ein Sozialkreditsystem eingeführt, das gutes Verhalten belohnt und schlechtes ahndet. Feingefühl im klassischen Sinn ist hier eher hinderlich – was in jedem Fall hilft, ist eine Unmenge an Daten.
Kommentar
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Katharina Kainz-Traxler, corporAID
Ausgabe 83 – September | Oktober 2019