Leitartikel

Unterschied

Christoph Eder, corporAID

Ausgabe 100 – Herbst 2023

Österreichs Entwicklungspolitik besticht durch Kontinuität und Stabilität, und das sind in Wahrheit keine guten Nachrichten für unseren Umgang mit globalen Interessen und internationaler Solidarität.

Christoph Eder, Chefredakteur des corporAID Magazin
Christoph Eder, Chefredakteur

Seit 20 Jahren widmet sich das corporAID Magazin in der nunmehr einhundertsten Ausgabe dem weiten und heterogenen Beziehungsfeld zwischen Unternehmen und globaler nachhaltiger Entwicklung. Eine spannende Zeit, in der viel passiert ist. Und anders als es die globalen Populisten gerne und oft propagieren, ist vieles deutlich besser geworden. 

Das ist natürlich erfreulich, sollte aber nicht zu einer technokratischen Perspektive verleiten: Es gibt bei jedem globalen Entwicklungsziel Luft nach oben, und jeder Indikator beschreibt Schicksale. Nicht zuletzt deshalb haben viele Menschen bei ihrem Blick auf die Welt eine starke Meinung, die oft sehr weltanschaulich geprägt ist: Gerade Entwicklungspolitik ist eine Spielwiese für Ideologien. Kaum anderswo lassen sich neoliberale oder neomarxistische Ansätze mit so viel Eifer als einzig richtiger und selbstverständlich moralisch gebotener Weg argumentieren.

In den vergangenen 20 Jahren waren mit Ausnahme der Neos alle österreichischen Parlamentsparteien an der Regierung beteiligt. Man hätte erwarten können, dass die heimische Entwicklungspolitik zumindest ein wenig weltanschaulich ausgestaltet und nach links oder rechts geschlenkert wäre. Aber, wie soll man sagen? Das ist abseits von Sonntagsreden und ein paar austauschbaren Phrasen in Dokumenten, die Strategie lediglich im Namen führen, nicht passiert. Auch die Budgets haben sich im Großen und Ganzen erstaunlich wenig verändert und verharren auf im internationalen Vergleich bescheidenem Niveau. Zugegeben, das heimische Engagement für humanitäre Hilfe bewegt sich neuerdings oberhalb der Schamgrenze, und auch beim internationalen Klimaschutz gibt es zarte Aktivitäten. Trotzdem besticht Österreichs Entwicklungspolitik durch Kontinuität und Stabilität, und das sind in Wahrheit keine guten Nachrichten für unseren Umgang mit globalen Interessen und internationaler Solidarität. 

Warum das so ist? Entwicklungszusammenarbeit lässt sich nur sehr überschaubar mit einer auf Klientelpolitik abzielenden Förderlogik darstellen, wie das hierzulande allzu gerne gemacht wird. Dazu kommt, dass Österreich keine echten Ziele verfolgt, die über abstrakte Bekenntnisse zum weltweiten Konsens der Entwicklungspolitik hinausgehen, und daher eigentlich auch nichts erreichen möchte. Und zuletzt werden einschlägige Beiträge vor allem als Kosten gesehen, die Österreich leisten muss, um auf der Weltbühne nicht unangenehm aufzufallen, und die deshalb immer gerne ein Stückchen kleiner ausfallen dürfen, wenn man das Gefühl hat, dass gerade niemand so genau hinsieht. 

Für die globale Entwicklung macht das keinen großen Unterschied, denn letztlich passiert diese auch mit bescheidenem heimischen Zutun. Der Unterschied ist vielmehr, dass Österreich nicht in dem Ausmaß an Chancen partizipiert und Zukunft mitgestaltet, wie das möglich wäre. Und das ist schade.

Foto: Mihai Mitrea