Wenn die große wie kleine Politik von vermeintlich wichtigen Themen spricht, versieht sie diese gerne mit Attributen wie grün, global oder digital. Das gibt zusätzliches Gewicht, selbst banale Aktivitäten werden so Teil eines großen bedeutungsvollen Ganzen. Unglücklicherweise ist die damit verbundene Lösungskompetenz gerade bei den wirklich großen Fragen wie Klimawandel, digitale Transformation oder globale Entwicklung enden wollend. Zudem verstellen die Schlagworte den Blick auf eine ernsthafte Auseinandersetzung: Wenn alles irgendwie grün, global und digital ist, und niemand vernünftigerweise Weise dagegen sein kann, dann kommt die wichtige Abwägung von Chancen und Risiken sowie deren Verteilung drastisch zu kurz. Die entscheidende Frage, was man als Staat und Gesellschaft eigentlich will, lässt sich so nicht beantworten.
In Österreich ist politics by Schlagwort in vielen Bereichen verbreitet. Besonders häufig ist das dort so, wo es potenziell weh tut – etwa bei der Generationenfrage oder beim Klimaschutz. Aber eben auch dort, wo kaum jemand eine valide Vorstellung oder sogar einen echten Plan hat – etwa bei der Digitalisierung oder der globalen Entwicklung. Die heimische Zauberformel zu tun, was notwendig ist, sofern das nicht ohnehin an die Europäische Union ausgelagert ist, gepaart mit Förderungen für oder Transferzahlungen an die eigene Klientel, greift bei zentralen Zukunftsfragen zu kurz.
Es darf daher nicht wundern, dass insbesondere die österreichische Entwicklungszusammenarbeit viel Erfahrung mit Schlagworten hat – man könnte mitunter den Eindruck gewinnen, hier werden die Schlagworte geradezu gelebt. Bei oberflächlicher Betrachtung gibt es denn auch alles: Strategien, Institutionen und Budgets, wobei letztere überschaubar sind. Wenn man genauer hinsieht, fehlt abseits der Schlagworte aber einiges. Beispielsweise eine Strategie, die diesen Namen nicht nur in der Überschrift führt, sondern österreichische Interessen und Absichten benennt und daraus mittelfristig erreichbare Ziele mit entsprechenden Budgets ableitet.
Besonders deutlich wird das bei der humanitären Hilfe – jenen Beiträgen, die Österreich weltweit für notleidende Menschen leistet. Im internationalen Vergleich zählen wir denn auch zu den Schlusslichtern. Wenn es eine Krise in die Nachrichten und damit in die Wahrnehmung der Österreicher schafft, genehmigt die Bundesregierung ein paar Millionen Euro. Das soll sich nun ändern. Schon vergangenes Jahr wurden die Budgetmittel deutlich aufgestockt, und aktuell ist eine echte Strategie in Arbeit. Ob dieses Engagement einer durch Corona gestiegenen Sensibilität für globale Themen entspringt, ist noch nicht absehbar. In jedem Fall ist globale Entwicklung ein dankbares Feld, mit dem Überwinden der Schlagwortpolitik weiter zu machen. Konkret steht mit dem neuen Dreijahresprogramm die Überarbeitung der entwicklungspolitischen Strategie Österreichs an.