Leitartikel

Bekanntes Muster

Christoph Eder, corporAID

Ausgabe 82 – Juli | August 2019

Christoph Eder, Chefredakteur des corporAID Magazin
Christoph Eder, Chefredakteur

Klimaschutz bewegt die Menschen in Europa wie nie. Nach Jahrzehnten des kollektiven Wegschauens hat es die menschengemachte globale Erwärmung an die Spitze der Prioritätenliste geschafft – gerade für viele junge Menschen. Was Heldenfiguren wie Arnold S. viele Jahre nicht gelungen ist, scheint die moderne Antiheldin Greta T. spielerisch zu erreichen: Bürger engagieren sich, vorzugsweise freitags. Die Politik – in Wien wie in Brüssel – sieht beim Klimaschutz im Moment eher alt aus.

So hat der Europäische Rat jüngst keine Einigung über eine weitrechende Dekarbonisierung bis 2050 zusammengebracht, und auch der österreichische Masterplan für eine Reduktion des CO2-Ausstoßes bis 2030 um mehr als ein Drittel steht in der Kritik: Die beschriebenen Maßnahmen seien zwar grundsätzlich richtig, es fehlt aber an konkreten Umsetzungsmaßnahmen und entsprechenden Budgetierungen. Ein aktuelles Beispiel: Die Förderung für den Ersatz von Ölheizungen wurde vor kurzem ausgeschöpft, was das für die immer noch rund 600.000 bestehenden Anlagen bedeutet, ist ungeklärt.

Das ist ein bekanntes Muster: Insbesondere auf internationaler Bühne lassen sich heimische Politiker gerne zu Ankündigungen verleiten, ohne die praktischen und budgetären Konsequenzen zu berücksichtigen. Zurück in Österreich werden die vollmundigen Versprechungen dann der Bürokratie überantwortet, die diese oft hohlen Worte ohne finanzielle Bedeckung in eine sogenannte Strategie kleidet. Ziele, Meilensteine, Geld – Fehlanzeige.

Eine sichere Bank als Anschauungsbeispiel dafür, dass dieses Muster nicht nur beim Klimaschutz auftritt, ist die Entwicklungszusammenarbeit. Hier klafft zwischen Worten und Taten keine Lücke, sondern ein Graben – und das seit Jahrzehnten und unabhängig von der Zusammensetzung der Regierung. So galt beispielsweise die Fluchtursachenbekämpfung in Herkunftsländern als ein Schwerpunkt von Türkisblau, in der Realität fanden jedoch nur ein paar Millionen Euro ihren Weg ins nördliche Afrika – im Vorfeld des High Level Forum Africa-Europe vergangenen Dezember in Wien.

Ähnlich sieht es mit den Bemühungen um eine intensivere Zusammenarbeit mit Afrika aus, die im Umfeld des High Level Forums vom damaligen Bundeskanzler abwärts in verschiedenen Geschmacksrichtungen von dualer Ausbildung bis zu wirtschaftlicher Kooperation serviert wurden. Einzig greifbares Ergebnis ist bislang die African-Austrian SME Investment Facility der Oesterreichischen Entwicklungsbank. Dass seither die Ministerien an Afrika-Strategien arbeiten, in denen alles, was ohnehin gemacht wird und sich mit Afrika assoziieren lässt, neu zusammengestellt wird, würde nicht erstaunen.

Erstaunlich ist vielmehr die Gelassenheit, mit der heimische Politiker ihren Gestaltungswillen an der Garderobe abgeben, wenn es nicht um das kurzfristige Verteilen von Geld, sondern um die langfristige Erreichung von Zielen geht, für die sie dann von engagierten Bürgern auch noch verantwortlich gemacht werden könnten.

Foto: Mihai M. Mitrea