Leitartikel

Perspektiven

Christoph Eder, corporAID

Ausgabe 92 – Herbst 2021

Christoph Eder, Chefredakteur des corporAID Magazin
Christoph Eder, Chefredakteur

Anfang August lancierte das österreichische Bundeskanzleramt einen neuen Preis. Ausgezeichnet werden junge afrikanische Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell zu den globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung beitragen. Benannt ist der Preis nach dem ehemaligen, mittlerweile verstorbenen Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan. Annan war Ghanaer, er initiierte unter anderem den UN Global Compact, der gemeinsam mit Unternehmen die Globalisierung nachhaltiger gestalten möchte. Der Kofi Annan Preis für Innovation in Afrika, wie die Auszeichnung heißt, geht auf das hochrangige Forum Europa-Afrika zurück, dass Ende 2018 während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in Wien stattfand. 

Im Rahmen der österreichischen Entwicklungsbemühungen ist der neue Preis ein weiteres Zeichen dafür, dass auch hierzulande die vielfältige und einzigartige Rolle von Unternehmen für die weltweite Schaffung von Wohlstand auf Interesse stößt. Und er zeigt, dass der politische Austausch mit afrikanischen Staaten, der üblicherweise nicht ganz oben auf der Prioritätenliste der heimischen Politik steht, Früchte tragen kann. Zu diesen zählt übrigens auch die African-Austrian SME Investment Facility, mit der Finanzministerium und Oesterreichische Entwicklungsbank seit gut einem Jahr Beteiligungskapital und Finanzierungen für Investitionen in Afrika bereitstellen. Erste Projekte wurden bereits gestartet, weitere befinden sich in der Pipeline.

In der Realität sind das gute Ansätze, die aber immer noch eher für vielversprechende Perspektive als für geübte Praxis stehen. Und selbst wenn man die Wirtschaftspartnerschaften, mit denen die österreichische Entwicklungsagentur ADA Vorhaben österreichischer Unternehmen mit entwicklungspolitischem Mehrwert fördert, mit in Betracht zieht: Echte Partner sind heimische Unternehmen derzeit noch ebenso wenig wie jene in Entwicklungsländern. 

Das beginnt im Großen damit, dass der originäre Entwicklungsbeitrag erfolgreicher Unternehmen auf strategischer Ebene zu wenig verstanden wird und Gewinn nicht zuversichtlich, sondern misstrauisch macht. Und es endet im Kleinen damit, dass Unternehmen als Bittsteller um Förderungen auftreten müssen anstatt als Partner auf Augenhöhe, mit denen gemeinsam ein Beitrag zu globaler nachhaltiger Entwicklung angestrebt wird.

Vielleicht liegt die Chance der neuen Initiativen eben gerade in der Perspektive. Denn auch wenn eine Auszeichnung wie der Kofi Annan Award aktuell wenig anschlussfähig an die österreichische Entwicklungszusammenarbeit ist, können rund um erfolgreiche afrikanische Start-ups womöglich gänzlich neue Bilder zur Rolle von Unternehmen in Afrika und anderswo entstehen. Und damit dazu beitragen, Wirtschaft und Entwicklung auch in den Köpfen heimischer Entscheidungsträger zusammenzubringen.

Foto: Mihai M. Mitrea