Seitdem Hong Kongs Autonomie-Status zunehmend beschnitten wird, denken viele Einwohner der ehemaligen britischen Kronkolonie über Auswanderung nach. Einer, der nicht nur an einer persönlichen Exitstrategie bastelt, sondern gar Großes schaffen will, ist Ivan Ko: Dem Immobilientycoon schwebt der Bau von „Nextpolis“, eine Stadt für Exil-Hong Konger vor, die er am liebsten im nördlichen Irland errichten möchte. Als Inspiration dient ihm das „Charter Cities“-Konzept des Nobelpreisträgers Paul Romer: Charter Cities sind Reissbrettstädte, die in ärmeren Ländern errichtet werden und, unabhängig vom Umland, den Bewohnern eigene rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen bieten. Romers Idee wird in der Entwicklungspolitik seit Jahren kontroversiell diskutiert, erste Umsetzungsversuche in Honduras und Madagaskar gelten als gescheitert. Dass Ko ausgerechnet eine Charter City für Hong Konger aufbauen möchte, entbehrt nicht einer gewissen Skurrilität: Denn als Prototyp einer erfolgreichen Charter City wird gern eine Stadt zuerst genannt: Hong Kong.
Kommentar
Charter im Exit
Katharina Kainz-Traxler, corporAID
Ausgabe 88 – Herbst 2020