Jackfruit
Der Name der Jackfruit leitet sich vom malaysischen Wort Chakka ab und bedeutet schlicht „rund“.

Kennen Sie die grüne, stachlige Durian, als „Stinkfrucht“ weithin gefürchtet? Der legendär abstoßende Geruch einer reifen Frucht soll bei einigen Menschen eine so heftige Übelkeit auslösen, dass sie in den U-Bahnen Singapurs nicht transportiert werden darf. 

Jackfruit und Durian
Kleinere Jackfruits werden oft mit Durians (links) – auch bekannt als „Stinkfrüchte“ – verwechselt.

Unter der Duftmarke der Durian leidet nicht nur so mancher Mensch, sondern auch eine weitere tropische Frucht. Die Jackfruit, auch Jakobsfrucht oder Jackyfruit genannt, sieht der Durian so ähnlich, dass sie ständig mit ihr verwechselt wird – man könnte es direkt als rufschädigend bezeichnen. Doch seit ein paar Jahren ändern sich die Dinge für die Jackfruit zum Guten: Vor allem unter Veganern und Vegetariern in den USA und in Europa erfreut sie sich einer wachsenden Fangemeinde, es herrscht ein gewisser Hype um sie.

Jackfruit: Größte Baumfrucht

War Jackfruit in Österreich früher nur in den Regalen von Asiamärkten zu finden, hat sie es inzwischen in die heimischen Super-, Drogerie- und Biomärkte geschafft. Unter Marken wie Jacky F., KoRo, Lotao, dmBio, Spar Veggie oder Hiel ist das asiatische Obst in Dosen, Gläsern und Vakuumverpackungen erhältlich. In frischer Form macht sie sich hingegen rar. Reif kann eine Jackfrucht nämlich unhandliche 20 bis 40 Kilo wiegen. Manche Früchte sollen sogar – mit kolportierten Rekordwerten von 50 Kilo und einem Meter Länge – in der Gewichtsklasse von Nilpferdbabies spielen. Die Jackfruit gilt damit als die größte Baumfrucht des Planeten. 

Nicht nur das erschwert den Verkauf der frischen Frucht. Sie ist ungekühlt leicht verderblich, außerdem braucht es für ihren Genuss gewisse Fertigkeiten. Beim Aufschneiden des Schwergewichts tritt nämlich eine milchige, latexartige Flüssigkeit aus, die an ungeübten Händen kleben bleibt und wenig Freude macht. Im Handel findet man die Jackfrucht daher weitgehend verzehrfertig – entweder mit Meersalz und in Limettensaft konserviert, vorgegart, oder für Kochmuffel gleich zu Fertiggerichten verarbeitet. 

Erst seit rund sechs Jahren werden junge Jackfruits vermehrt in westliche Länder exportiert.

Sieht man sich die in Österreich erhältlichen Erzeugnisse genauer an, so kommen die Früchte vor allem aus drei Ländern: dem Ursprungsland Indien, wo die Jackfrucht seit tausenden Jahren angebaut und genutzt wird, aus Sri Lanka und aus Thailand. Weitere asiatische Länder, die sowohl in der Produktion als auch im Konsum von Jackfruits führen, sind laut Marktforscher Credence Research Bangladesch, die Philippinen, Indonesien und Malaysia. Außerhalb Asiens ist sie außerdem in Australien, Afrika, Südamerika, Florida und der Karibik verbreitet. Jackfruits kommen in mehr als hundert Sorten wie Cheena, Golden Pillow, Tabouey, Black Gold oder Cochin vor. Global hat sich die Sorte „Golden Nugget“ durchgesetzt. Sie erreicht einen Anteil von 25 Prozent des weltweiten Jackfruitmarkts, der auf eine Größe von etwa 300 Mio. Dollar (2021) kommt. 

Jackfruit: Obst und Gemüse in einem

Jackfruit
Die Riesenfrüchte wachsen an dicken Ästen oder direkt am Stamm.

Je nach Reifegrad ist die Jackfrucht unterschiedlich einsetzbar. Nimmt man sie noch grün und unreif vom Baum, ist ihr Fruchtfleisch weiß und geschmacksneutral, ähnlich einer Artischocke aus der Dose. „Das Besondere an der unreifen Frucht ist ihre Textur, weil sie im Mund das Gefühl von Fleisch erzeugt“, erklärt der Wiener Stefan Fak, der mit seinem Unternehmen Lotao vegane Lebensmittel in Europa und in die USA verkauft (siehe Interview unten). Der Mangel an Eigenaroma sei dabei ein Vorteil, so Fak: Unter Einsatz von reichlich Gewürz und Marinade wird die unreife Frucht nämlich zum Verwandlungskünstler und lässt sich anstelle von Fleisch in Lasagne, Bolognese, Burger, Curry oder Teriyaki einsetzen.

In ihrem Kochbuch „Juhu, Jackfruit!“ hat Julia Huthmann, Gründerin des Food Start-ups Jacky F. aus Bonn, etliche Rezepte zusammengetragen, um Jackfruit-Neulingen den Zugang zu erleichtern. „Wir waren in Europa 2016 die erste Marke, die junge Jackfruit in Bio-Qualität angeboten hat. Es war ein abenteuerliches Unterfangen, die erste Palette zu importieren. Der Zoll wusste noch nichts vom neuen Foodtrend“, erinnert sie sich.

Auf Events und Messen musste die Pionierin zunächst unzählige Kostproben zubereiten, viel erzählen und aufklären. „Die Jackfruit ähnelt zwar Fleisch, ist aber kein echter Ersatz dafür, denn ihr Eiweißgehalt ist niedrig,“ räumt Huthmann mit einem verbreiteten Irrglauben auf und betont die wahren Pluspunkte der Frucht: Sie ist kalorien- und fettarm, glutenfrei, reich an Kalium, Magnesium, Vitamin A und C, sowie an Ballaststoffen.

Interview mit Stefan Fak, Gründer von Lotao

Stefan Fak

Fleisch vom Baum

Durch und durch global: Der Wiener Stefan Fak bringt mit seinem Berliner Unternehmen Lotao indische Jackfruits nach Europa und in die USA.

Das indische Unternehmen Jackfruit365 wirbt beispielsweise damit, dass unausgereifte Jackfruit den Blutzuckerspiegel senken kann, und empfiehlt daher die Beigabe von Jack-fruitmehl zu gängigen Weizen- und Reismehlprodukten. Damit will das Unternehmen vor allem die rund 70 Millionen Diabetiker Indiens ansprechen. 

Lässt man Jackfruits am Baum reifen, wird aus dem faserigen Gemüse süßes, weiches Obst, das laut Kennern nach einer Mischung aus Mango, Papaya und Gummibärchen schmecken soll. In den Ursprungsländern wird Jackfruit vorwiegend reif und roh verzehrt oder zu Gelee, Süßigkeiten, Eis, Marmeladen und Chips verarbeitet. Auch die großen Kerne sind verzehrbar und werden als Snack gegessen oder vermahlen.

Grün, unreif und faserig wird die Jackfruit zur Fleischalternative, braun, reif und süß zum Dessert.

Jackfruits im Überfluss 

Jackfruitbäume gehören zur Familie der Maulbeergewächse und zur Gattung der Brotfruchtbäume, wachsen zehn bis zwanzig Meter hoch und tragen ihre schweren Früchte am Stamm und an starken Ästen. 

Julia Huthmann
Julia Huthmann, Jacky F.-Gründerin

Ein einziger Baum soll bis zu drei Tonnen Früchte pro Jahr tragen können. In Sri Lanka, wo ein Vierteljahrhundert Bürgerkrieg herrschte, garantierte die Regierung jeder Familie zwei Jackfruchtbäume, um Hungersnöte zu verhindern, erklärt Jacky F.-Gründerin Huthmann, die selbst auf der Insel gelebt hat. „In Sri Lanka wachsen die Bäume fast überall: am Wegesrand, im Regenwald und auch in den Mischkulturen der Biobauern. Die Bäume dürfen nicht gefällt werden. Jackfruits kommen in solchen Mengen vor, dass ein Drittel der Ernten ungenutzt verdirbt.“

Mit der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GIZ ging Jacky F. eine Partnerschaft ein. „Da wir absolute Überzeugungstäter in Sachen Bio-Anbau sind, haben wir mit der GIZ kooperiert, um den ökologischen Landbau in Sri Lanka zu stärken und weiter zu verbreiten. Das ist uns wichtig. Deshalb haben wir mitgeholfen, Landwirte aus dem ehemaligen Kriegsgebiet für den ökologischen Anbau zu begeistern und die EU-Bio-Zertifizierung zu bekommen. Die daraus entstandenen Bio-Jackfruits finden sich in unseren Produkten“, so Huthmann. Die Früchte werden vor Ort verarbeitet und kommen dann per Schiff in den Hamburger Hafen. Ein Vorteil des Exports aus Sri Lanka: Der Inselstaat ist gegenüber der Europäischen Union zollbegünstigt. 

Lotao-Gründer Stefan Fak kauft Jackfruit hauptsächlich aus Indien. Hier arbeitet er eng mit einer indischen Kooperative im Bundesstaat Karnataka zusammen, um eine sozial verantwortliche und ökologische Lieferkette aufzubauen. „Ein großes Plus für die Bauern ist, dass der Baum sehr pflegeleicht ist, keine künstliche Bewässerung benötigt, resistent gegen hohe Temperaturen und Schädlinge ist. Und unter den Bäumen gedeihen Klee und Vanille“, schwärmt Fak. In Indien gäbe es, ebenso wie in Thailand, riesige Jackfruit-Plantagen, aber „Früchte aus Monokulturen entsprechen nicht meinem Anspruch an Nachhaltigkeit“, erklärt Fak.

Einkommen durch Export: Am Land fehlen Absatzmärkte für die Früchte.

Jackfruit-Patties und Würstel

Die Nachfrage nach Jackfruit – die in Bangladesch und in den indischen Bundesstaaten Kerala und Tamil Nadu als Staatsfrucht gilt – wird nicht nur von kleinen europäischen Start-ups wie Lotao und Jacky F. bedient. „Große Handelsunternehmen haben inzwischen bemerkt, dass Jackfruit funktioniert und verkaufen sie auch in Form von günstigen Eigenmarken. Bei diesen wiegt das Preisargument vermutlich schwerer als die nachhaltige Wertschöpfungskette. Aber so funktioniert eben der Handel, jammern hilft nichts“, lacht Fak. 

Auch in den Herkunftsländern wächst das Bewusstsein um das Marktpotenzial der traditionellen Frucht. Dies zeigt etwa der Unternehmer Sairaj Dhond aus Goa: Dhond nutzte die Zeit der Covid19-Lockdowns, um im Herbst 2020 die Lebensmittelmarke Wakao Foods zu kreieren und auf den indischen Markt zu bringen. „Wir wollen eine Marke schaffen, mit der sich jeder Inder identifizieren kann. Und wir sprechen vor allem Menschen an, die sich um ihre Gesundheit sorgen, die auf eine vegane Lebensweise umsteigen oder bereits vegan sind. Auch neugierige Fleischesser sind unsere Zielgruppe.“ 

Sairaj Dhond
Sairaj Dhond, CEO Wakao Foods

Als Bestseller seines jungen Unternehmens gilt der „Jack Burger Patty“, scharfe Würstel und universell einsetzbare Hackschnitzel sind im Sortiment ebenfalls zu finden. Wakao Foods verkauft die Ware über einen Webshop und direkt an Restaurants und Hotels. Doch Dhonds Devise für sein junges Unternehmen lautet „Made in Goa – for the world“. In einzelnen Geschäften in Dubai und Norwegen ist Wakao Foods schon länger erhältlich, vor kurzem erfolgte der Start in den USA. 

Jackfruit: Besser Fertig

Um die Fanggemeinde der Jackfrucht zu vergrößern, müsse das Qualitätsbewusstsein der Konsumenten wachsen, glaubt Huthmann: „Auf dem Markt gibt es große Unterschiede in der Produktqualität.“ Zudem müsse sich das Nahrungsmittel noch stärker als Bestandteil in verzehrfertigen Speisen etablieren, meint Fak: „Noch spaltet Jackfruit die Gemüter, weil es an Wissen fehlt. Wer das pure Produkt nur abbrät und auf einen Salat gibt, erlebt mit Sicherheit eine herbe Enttäuschung. Wer hingegen damit umgehen kann, es richtig und intensiv würzt, ist meist sehr zufrieden.“ 

Verwandlungskünstler: Unreife Jackfruit landet als Fleischersatz in Pita, Burger, Gulasch und Co.

Lotao schult daher Köche von Restaurants und Kantinen in der Zubereitung und macht sich zudem stark für den Einsatz der Pflanze in industriell gefertigten Lebensmitteln wie Pizzen oder Nudelsaucen.

Für die Jackfruit und ihr Image sind das gute Nachrichten: Je mehr sie an Bekanntheit gewinnt, desto seltener wird sie mit ihrer olfaktorisch herausfordernden Doppelgängerin, der Durian, verwechselt.

Fotos: Jacky F., Lotao, Wakao Foods, Tutincommon/Flickr, Leonora Enking/Flickr, Jon Gudorf/Flickr, Joe Shlabotnik/Flickr

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