Mit dualer Lehre zum sicheren Job

Der Verpackungs- und Papierhersteller Mondi hat an seinen Standorten in Côte d‘Ivoire und Marokko Pionierarbeit für die Einführung der dualen Lehre geleistet. Damit unterstützt er die Industrie wie auch den Arbeitsmarkt. Die Austrian Development Agency fördert das Vorhaben.

Mondi
Mondi-Lehrlinge in Côte d‘Ivoire

Vor wenigen Monaten, Ende 2022, schloss der weltweit tätige Mondi-Konzern bereits das zweite Projekt zur Einführung der dualen Berufsausbildung in einem Schwellenland, diesmal in Côte d‘Ivoire und Marokko, ab. In Abidjan schlug das Projekt besonders ein, aktuell besuchen hier 50 Jugendliche den neuen, vierjährigen dualen Ausbildungslehrgang zu Industrieanlagentechnikern. 

„Die sehr guten Erfahrungen, die wir mit unserer Lehrlingsausbildungsinitiative vor fünf Jahren in Mexiko machten, motivierten uns, die Einführung der Lehre auch an den zwei Mondi-Standorten in Afrika voranzutreiben“, erklärt Thomas Ott rückblickend. Als CEO von Mondi Flexible Packaging ist Ott zuständig für die zwei Werke in Abidjan und Casablanca, die Papiersäcke für die Zementindustrie herstellen. „Dabei war die Ausgangslage diesmal eine völlig andere“, sagt Ott, „denn während wir in Mexiko auf funktionierende Strukturen für duale Ausbildung zurückgreifen konnten, begannen wir in den zwei afrikanischen Ländern mehr oder weniger bei null.“

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Künftige Industrieanlagentechniker in Ausbildung

Starke Partner für Mondi

Für das anspruchsvolle Vorhaben gewann Mondi neuerlich die Austrian Development Agency ADA als Finanzierungspartner für eine Strategische Allianz. Gottfried Traxler, ADA-Referatsleiter für Wirtschaft und Entwicklung, begründet die Kooperation mit dem erwarteten dreifachen Nutzen: „Das Projekt entsprach dem Bedarf der Industrie an ausgebildeten Arbeitskräften, dem Bedarf junger Menschen an guten Arbeitsplätzen und hatte das Potenzial, die Weiterentwicklung der Berufsbildung im frankophonen Afrika anzustoßen.“ 

Astrid Taus von der österreichischen NGO ICEP stand Mondi erneut mit projektbegleitender Social-Impact-Expertise zur Seite. „Wir waren diesmal viel mehr auch in den Know-how-Transfer involviert, also in die Frage, wie duale Lehre praktisch in Betrieben umgesetzt werden kann“, sagt sie über ICEPs Rolle im Projekt. Bis zum Ausbruch der Covid-Pandemie wirkten zusätzlich Experten des österreichischen Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft dabei mit, das bislang rein schulische Curriculum in Côte d‘Ivoire auf zwei Lernorte, Schule und Betrieb, aufzuteilen. So entstand ein duales Curriculum, das den Stempel des Ministeriums erhielt. 

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Erster Jahrgang der neuen Ausbildung in Abidjan

In beiden Ländern erwies sich die französische Entwicklungsorganisation IECD als wichtiger Partner, um die lokale Projektimplementierung zu managen. Nach erfolgreichem Erfahrungsaustausch mit österreichischen Lehrlingsbetrieben entwickelte IECD begleitende Unterlagen wie etwa einen Trainingsguide für Industriebetriebe oder auch eine Lehrlingsmappe. In beiden Ländern arbeitete IECD zudem eng mit den Berufsschulen zusammen und betrieb Bewusstseinsbildung auf mehreren Ebenen: Neben der Einbindung von Lehrern wurde das neue Ausbildungsprogramm bei Industriebetrieben und unter Jugendlichen beworben. Die Corona-Pandemie hat dabei durch Schulschließungen und Ausgangsbeschränkungen die Implementierung der neuen Ausbildung erschwert – in Marokko stärker als in Côte d‘Ivoire.

Mondi-Vorbildprojekt

Den Leuchtturmcharakter, den das Projekt in Côte d‘Ivoire schließlich dennoch erreichte, führt Astrid Taus auf die Unterstützung seitens der öffentlichen Verwaltung und den hohen Bedarf an qualifizierten Facharbeitern zurück. Aufgrund des gravierenden Fachkräftemangels, den Industriebetriebe in dem boomenden Land verspüren, war Mondi von Anfang an bereit, in duale Ausbildung zu investieren: von der Übernahme des bürokratischen Mehraufwands über die Bereitstellung und Ausbildung eines Lehrlingsbeauftragten bis hin zur Bezahlung von Transportentschädigungen für die Lehrlinge. 

Seit dem Kick-off im September 2019 in Abidjan haben mehr als zwanzig nationale wie internationale Unternehmen Lehrlinge aufgenommen. Parallel dazu wurde auf institutioneller Ebene ein Netzwerk für duale Ausbildung gegründet, um diese praxisnahe Ausbildungsform schrittweise auszurollen. Laut Taus wäre ein aktiveres Engagement von Betrieben oder Wirtschaftsverbänden auch auf institutioneller Ebene dringend notwendig, um das Zusammenwirken von Betrieben und Schule im Bildungssystem zu verankern. 

Die Ausbildung sowohl der Instruktoren des Schulpartners CPMME als auch der Lehrlingsbetreuer in den Betrieben wurde durch die staatliche Lehrerbildungsseinrichtung IPNETP umgesetzt. Das Projekt ermöglichte zudem die Verbesserung und Erweiterung der technischen Infrastruktur der Berufsschule CPMME, etwa durch die Verlegung neuer Leitungen und die Aufstellung einer Miniproduktionsanlage. Die Fertigstellung dieser Arbeiten bot einen geeigneten Anlass, sämtliche in das Projekt involvierte Stakeholder zu einem feierlichen Akt zu versammeln. 


Mondi Group

Die Mondi Group ist ein börsennotiertes Papier- und Verpackungsunternehmen mit Produktionen in 30 Ländern und 22.000 Beschäftigten. Mondi deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab, vom Management der eigenen Wälder über die Produktion von Zellstoff und Papier bis hin zur Verarbeitung zu Wellpappverpackungen, Industriesäcken, Extrusionsbeschichtungen und Trennfolien, und geht dabei mit nachhaltigen, innovativen Lösungen voran. Das Büro in Wien ist auch Sitz der Division Europa und International. Der Umsatz der Mondi Group lag 2022 bei 8,9 Mrd. Euro.

Fotos: Mondi, ICEP

Finden Sie hier Berichte über frühere Wirtschaftspartnerschaften der Austrian Development Agency mit verschiedenen Partnern:

Gamechanger für Asiens Kleinbauern: Wie Pessl Instruments Kleinbauern in Südostasien mit moderner Messtechnik unterstützt. (corporAID Magazin Ausgabe 97, Frühjahr 2023)

Hoffnung für viele Patienten: Wie Medizinprodukteanbieter Lohmann & Rauscher nachhaltige Ausbildungsstrukturen für Ärzte und Krankenpfleger im Bereich Wundmanagement in Malaysia schafft. (corporAID Magazin Ausgabe 96, Winter 2022/23)

Balkandelikatessen: Wie der Wiener Importeur Balkan Express mit handgefertigten Bioaufstrichen- und pürees Lieferketten in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina stärkt. (corporAID Magazin Ausgabe 95, Sommer 2022)

Fuß fassen in Afrika: Wie sich der Blumen- und Nahrungspflanzenexperten Delphy aus den Niederlanden über Pilotprojekte einen Markt in Subsahara Afrika aufbaut. (corporAID Magazin Ausgabe 94, Frühling 2022)

250 Sofas und mehr: Über die Stärkung eines Lieferanten im Kosovo durch den Objekteinrichter Foness (corporAID Magazin Ausgabe 93, Winter 2021/22)

Rückholung des Waldes: Über ein Aufforstungsprojekt im Kosovo durch den Zellulosefaserkonzern Lenzing (corporAID Magazin Ausgabe 92, Herbst 2021)

Weide statt Kohle: Über dem Ausbau des Biomassemarkts in Serbien durch ein internationales Konsortium unter der Führung von E3 International (corporAID Magazin Ausgabe 91, Sommer 2021)

Fenster für Innovationen über die Unterstützung des Sozialunternehmerförderers Ashoka Austria beim Transfer erfolgreicher Tools nach Ostafrika (corporAID Magazin Ausgabe 90, Frühjahr 2021)

Hören können! über die Einrichtungen eines breiten Angebots im Bereich Hörgesundheitin Bangladesch und der Elfenbeinküste durch den Hörimplantatehersteller MED-EL (corporAID Magazin Ausgabe 89, Winter 2020)

Hygiene am Bauernhof über Marktvorbereitungen der Firma Calvatis in Brasilien (corporAID Magazin Ausgabe 88, Herbst 2020)

App hilft beim Thema Nr. 1 über eine Covid-19-Beratung für Ärzte und Pfleger in Entwicklungsländern durch MedShr (corporAID Magazin Ausgabe 87, Sommer 2020)

Nutzen statt Verbrennen über das Lobbying für Fackelgas statt importiertem Diesel im Verkehr in Nigeria durch ETEFA (corporAID Magazin Ausgabe 86, Frühjahr 2020)

Fachkräfteschmiede über den Aufbau einer Ausbildungsstätte für technische Berufe im Kosovo durch Hysni Ymeri (corporAID Magazin Ausgabe 85, Anfang 2020)

Cashew-Business über den Aufbau einer lokalen Verarbeitung von Öko-Nüssen in Tansania durch Umweltberater Paul Schreilechner