Das jüngste Hochwasser in Österreich verdeutlicht, dass die Folgen des Klimawandels hierzulande immer spürbarer werden. Auch wenn sich Wetterereignisse nicht direkt aus der globalen Erwärmung ableiten lassen, erhöht diese sowohl die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens als auch ihre Intensität. Klar ist: Die Klimakrise erfordert umfassende Transformationen. Doch die bisherigen Maßnahmen wirken oft nicht nur quantitativ unzureichend, es hapert auch an der Qualität. Zu häufig stehen dabei hehre Absichten im Weg. Schuld sind dann natürlich die Menschen und Märkte, die sich selten so verhalten, wie es die wohlmeinenden Maßnahmen vorsehen.
Trotzdem wird gerne und umfassend auf Regulierung gesetzt. Vor allem für Unternehmen, deren Wertschöpfungsketten in Entwicklungsländer reichen, spannt sich der Rahmen immer enger. Ob es um soziale Standards in der Lieferkette oder den Schutz des Waldes geht, zahlreiche Vorschriften basieren auf unzweifelhaft hehren Absichten. Niemand möchte Kinderarbeit oder die Abholzung des Regenwaldes. In der Realität kommt es dann aber allzu oft zu einer Regulierung, die überschießend und gleichzeitig nur mäßig wirkungsvoll ist. Für große Konzerne spielt es beispielsweise kaum eine Rolle, ob der Kaffee für den europäischen Markt von einem Kleinbauern oder von einer großen Plantage kommt. Für den Kleinbauern jedoch kann es existenzbedrohend sein, wenn er aufgrund fehlender Zertifikate seine erstklassige Ware nur noch zum zweitklassigen Preis verkaufen kann.
„Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel“, heißt es. Tatsächlich kann man auch eine Schraube mit beherzten Schlägen befestigen – effizient oder nachhaltig ist das nicht. Was die großen globalen Themen betrifft, liegt die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre darin, die guten Absichten in eine smarte Regulierung zu übersetzen, die Raum für Innovation und Fortschritt bietet und gleichzeitig die Menschen mitnimmt. Die hehren Absichten im Verbund mit dem Holzhammer werden nicht funktionieren.
Der aktuelle Blick nach Österreich zeigt aber gleichzeitig, wie wichtig hehre Absichten dann doch sind. Oder besser: Wie sehr diese fehlen können. Wenn Klimawandel oder globale nachhaltige Entwicklung im Wahlkampf überhaupt zur Diskussion stehen, geht es im Kern nämlich ausschließlich um uns selbst. Das ist bei Flucht und Migration so, das ist bei Fachkräften und wirtschaftlicher Zusammenarbeit so. Man kann sogar den Eindruck gewinnen, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel vordergründig dem heimischen Hochwasserschutz dienen.
Meinung
Hehre Absichten
Christoph Eder, corporAID
Ausgabe 104 – Herbst 2024
Gute Absichten haben insbesondere in Bereichen wie Nachhaltigkeit und globale Entwicklung einen ambivalenten Ruf. Zu oft führen sie zwar zu Regulierung, aber nicht zu entsprechenden Ergebnissen. Der Blick auf Österreichs Entwicklungspolitik zeigt: ohne gute Absichten geht es auch nicht.