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Buchtipps rund um Wirtschaft und Entwicklung

Leseempfehlung zu Nachhaltigkeit, unternehmerischer Verantwortung sowie Wirtschaft und Entwicklung
Justus Reichl, Sonderbeauftragter für Nachhaltigkeit in der Wirtschaftskammer Österreich

Ihr Lesetipp:

André Hoffmann, Peter Vanham: Die neue Natur des Wirtschaftens, 292 Seiten

Wirtschaften für alle und nicht nur für den Profit

Roche kennt man – ist das Unternehmen mit Sitz in Basel doch der größte Pharmakonzern der Welt. Über 100.000 Mitarbeitende. 60,5 Milliarden Schweizer Franken Umsatz im Jahr 2024. Sein ursprünglicher Name F. Hoffmann-La Roche AG ist schon weniger bekannt. Und André Hoffmann – Urenkel von Firmengründer Fritz Hoffmann und seiner Gattin Adèle La Roche – ist einer breiten Öffentlichkeit wohl kaum mehr ein Begriff. Dabei ist er nicht nur Vizepräsident des (nach wie vor mehrheitlich in Familienbesitz stehenden) Roche-Konzerns und Kuratoriumsmitglied des World Economic Forum, sondern darüber hinaus Umweltschützer der ersten Stunde und engagierter Kämpfer für das Gute in Form von regenerativen Arbeitsweisen und neuen Normen der Unternehmensführung. Gemeinsam mit dem belgischen Wirtschaftsjournalisten Peter Vanham und parallel zum turbulenten Beginn der Präsidentschaft Trump II hat er 2025 sein jüngstes Werk veröffentlicht: Die neue Natur des Wirtschaftens.
 
„Unternehmen müssen Wohlstand für alle schaffen. Nicht nur Profit.“ Diese Überzeugung hat André Hoffmann dem Rezensenten nicht nur als Widmung in sein persönliches Exemplar geschrieben – um diese Herausforderung drehen sich auch die 10 Kapitel des Werks. Sie reichen von dem Thema „Was ist meine Bestimmung?“ über Gedanken zur zentralen Verantwortung von Unternehmen und ihrer Eigentümer sowie dem dabei notwendigen Zusammenspiel von menschlichem, sozialem, ökologischem und finanziellem Kapital bis hin zur kritischen Betrachtung der Milton Friedman-Doktrin, die die Hauptverantwortung eines Unternehmens bei seinen Aktionären verortet, und der Principal-Agent-Theorie, die sich mit Interessenkonflikten bei asymmetrischer Informationslage beschäftigt 
(beide für Hoffmann die Ursachen, warum in heutiger Unternehmensführung vieles „ganz und gar nicht mehr stimmt“).
 
Diesen stellt Hoffmann Konzepte und Fallbeispiele aus 20 Jahren Management-Erfahrung gegenüber, die jeweils Grundsteine zu nachhaltigerem und integrativerem Wirtschaften legten und die inspirieren sollen, „weil sie Erfolge zeigen oder die Möglichkeit bieten, aus Misserfolgen zu lernen. Zusammen noch keine vollständige Lösung – aber eine Richtung, ein Weg.“ Hoffnungsvoll zitiert Hoffmann den englischen Historiker Thomas Fuller (1608-1661): „Die dunkelste Stunde der Nacht kommt kurz vor dem Morgengrauen“ – um zu schließen: „Statt uns von den letzten Zügen des alten Systems demotivieren zu lassen, sollten wir an der Vorstellung festhalten, dass das neue System bereits auf dem Weg ist.“ Danke für diese Mut-Injektion in wahrlich herausfordernden Zeiten!