Nagelprobe

Auch für die österreichische Politik gilt: Sparen und systemische Veränderung vertragen sich in der Realität nicht gut.
Christoph Eder, Chefredakteur
Auch für die österreichische Politik gilt: Sparen und systemische Veränderung vertragen sich in der Realität nicht gut. Auf dem Papier klingt es nach einem vernünftigen Doppelziel: Budgets disziplinieren, Strukturen modernisieren, Effizienz steigern – und das alles gleichzeitig. In der Praxis aber führt Sparen fast immer dazu, dass unzählige Interessengruppen vor allem dafür kämpfen, den Status quo mit Abstrichen aufrechtzuerhalten. Wenn dieser Reflex auf begrenzte Visionen seitens der Entscheidungsträger trifft, bleibt alles beim Alten – nur eben eine Nummer kleiner. In dieser Zwickmühle steckt auch die österreichische Entwicklungspolitik. Die Mittel sind knapp, die globalen Aufgaben groß. Klimaschutz, Armutsbekämpfung, Entwicklung von Märkten – all das verlangt neue Antworten. Deshalb richtet sich der Blick nun stärker auf den Privatsektor: Unternehmen sollen Kapital mobilisieren, Innovation einbringen, Geschäftsmodelle umsetzen und damit zur Erreichung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung beitragen. Das klingt plausibel und vernünftig.

Die Realität ist wie so oft komplizierter. Auch mit Unternehmen setzt die Entwicklungszusammenarbeit zumeist auf die österreichische Allzweckwaffe: Förderungen. Mit diesen möchte man möglichst wenig Risiko eingehen – es ist ja schließlich das Geld der Steuerzahlenden –, und sie sind so konstruiert, dass sie gerne Verluste abdecken, aber äußerst ungern zu Gewinnen beitragen. Investitionen, die echte Chancen eröffnen könnten, kommen so oft gar nicht zustande.

Wer Veränderung will, muss genau hier ansetzen. Öffentliche Mittel sollten in der Zusammenarbeit mit Unternehmen gezielt jene Risiken übernehmen und Leistungen bereitstellen, die Märkte heute nicht abdecken. Nur so werden Investitionen möglich, die Wirkung entfalten – ob in erneuerbaren Energien, in Infrastruktur oder in der lokalen Wirtschaft. Das Ziel, den Privatsektor verstärkt in die Entwicklungszusammenarbeit einzubinden, wird damit zur Nagelprobe – für neue Instrumente und neue Perspektiven, die natürlich mit Ressourcen sorgsam umgehen, aber Unternehmen als gewinnorientierte Partner und nicht als NGO im GmbH-Mantel missverstehen. Denn wer mit neuen Partnern Neues erreichen will, muss die Dinge anders anpacken – und dafür braucht es politischen Willen und Mut zur Umsetzung.