Interview

Lebendige Volkswirtschaften

Ausgabe 107 – Sommer 2025

Nella Hengstler, Leiterin des AußenwirtschaftsCenters in Mexiko und auch für Zentralamerika und Karibik zuständig, lädt heimische Unternehmen vom 9. bis 14. November 2025 zur Sondierung von Geschäftschancen in Costa Rica und Panama im Rahmen einer Wirtschaftsmission ein.

Nella Hengstler
Was macht Costa Rica und Panama für österreichische Unternehmen interessant – und was sind die Charakteristika dieser Länder?

Hengstler: Beide Länder bieten stabile politische Rahmenbedingungen, eine weitgehende Handelsliberalisierung und eine ausgeprägte Offenheit gegenüber ausländischen Investitionen. Beide verzeichnen ein robustes Wirtschaftswachstum von über drei Prozent. Gleichzeitig treiben sie – wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten – ambitionierte Programme zur wirtschaftlichen Diversifizierung, zur Erreichung von Umweltzielen, zum Ausbau erneuerbarer Energien sowie zur Modernisierung der Infrastruktur voran. Das sind nur einige der markanten Entwicklungen.

Wie präsent sind österreichische Unternehmen in diesen Ländern bisher?

Hengstler: Österreich ist in beiden Märkten vor allem durch Exporte und Projektgeschäfte vertreten. Die wichtigsten Exportgüter spiegeln die klassischen Stärken unserer Industrie wider: Maschinen, etwa für das Kunststoffrecycling, Fahrzeuge, insbesondere Motorräder sowie pharmazeutische Produkte, vor allem Blutsera. Es gibt jedoch noch erhebliches Potenzial, das gehoben werden könnte, insbesondere bei Infrastruktur, Umwelttechnologie oder als Zulieferer für die verarbeitende Industrie. Die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Lösungen kann gerade im „Green Tech“-Bereich zum Vorteil werden. Im Projektgeschäft sind namhafte heimische Unternehmen in Bereichen wie Energie, Verkehr und Infrastruktur bereits erfolgreich engagiert.

Wo liegen die Herausforderungen?

Hengstler: Costa Rica und Panama sind keine Niedriglohnländer und liegen auch nicht abseits der globalen Handelsströme. Die Arbeitskräfte haben eine gute Ausbildung und sind oft mehrsprachig, das Lohnniveau ist vergleichbar mit unserem. Aufgrund der Lage am Dreh- und Angelpunkt der Handelswege zwischen Nord und Süd, Ost und West müssen sich Unternehmen auf eine intensive und vielschichtige Wettbewerbssituation einstellen.

Könnten Sie das konkretisieren?

Hengstler: In Costa Rica etwa gibt es etablierte lokale Player – beispielsweise in der Lebensmittelproduktion, im Bausektor oder in der Metallverarbeitung. Hinzu kommen die internationalen Akteure – vor allem aus den USA, traditionell der wichtigste Handelspartner und stark präsent in Hochtechnologiebereichen wie IT und Medizintechnik. China tritt preisaggressiv auf, insbesondere bei Infrastrukturprojekten und Konsumgütern. Auch Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich und Mexiko sind stark vertreten – teilweise mit ähnlichen Kompetenzen wie wir. Panama, mit Fokus auf Warenumschlag und Logistik sowie Finanzdienstleistungen, weist ein vergleichbares Wettbewerbsumfeld auf. Beide Länder nutzen Sonderwirtschaftszonen und Steueranreize, um global tätige Unternehmen anzuziehen. Der bürokratische Aufwand gilt dabei als erheblich.

Welche Chancen bleiben für österreichische Firmen?

Hengstler: Die Differenzierung kann kaum über den Preis, dafür aber über Qualität, Spezialisierung, Innovation, Langlebigkeit, Energieeffizienz und Service erfolgen. Wer sich auf technologisch anspruchsvolle Nischen fokussiert und individuelle Lösungen bietet, kann erfolgreich sein. Der Zugang zum Markt gelingt dabei oft am besten über lokale Partner – Distributoren, Agenten oder Joint Ventures –, die mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut sind.

Was raten Sie konkret?

Hengstler: Neben einer aktiven Marktbearbeitung – etwa durch Fachmessen und gezielten Reputationsaufbau – lade ich herzlich zur Wirtschaftsmission im November ein. Diese Reise bietet eine hervorragende Gelegenheit, in Costa Rica und Panama direkt mit wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsträgern sowie potenziellen Geschäftspartnern und internationalen Organisationen in Kontakt zu treten.

Vielen Dank für das Gespräch!

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