Er ist die große Zusammenkunft, eine Art Klassentreffen der Afrika-Community im Geschäftsbereich: der alljährlich stattfindende Africa Day, an dem die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) regelmäßig hunderte Teilnehmer versammelt, die sich informieren, austauschen und Kontakte knüpfen wollen. Auch zahlreiche Wirtschaftsvertreter und Diplomaten aus über 30 afrikanischen Ländern waren wieder vor Ort.
„Österreich und die EU bekennen sich klar dazu, dass wir mit afrikanischen Ländern zusammenarbeiten wollen“, betonte bei seinem Vortrag sogleich der zum Zeitpunkt des Afrika-Tags noch amtierende Arbeitsminister Martin Kocher. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Risiken künftiger breiter gestreut werden und zu große Abhängigkeiten von einem einzelnen Player – im Auge hat man hier China – vermieden werden sollen. Doch ist der Austausch mit Afrika im Vergleich zu Asien oder auch alleine zu China noch verschwindend gering.
Chancen-Kontinent
Afrikanische Referenten hoben einmal mehr das demografische Potenzial des Kontinents hervor. Während das Durchschnittsalter in Österreich bei 43 Jahren liegt, beträgt es in Afrika 20 Jahre – ein klarer Hinweis auf die immense verfügbare Arbeitskraft wie auch auf die Innovationsbereitschaft der afrikanischen Bevölkerung. Diese Stärke betonte besonders die Nigerianerin Juliet Ehimuan, ehemalige Google Westafrika-Chefin und heute Beraterin von Tech-Start-ups (siehe auch Interview Seite 26). Hunderte Millionen afrikanische Internetnutzer seien offen für Veränderungen und innovative Lösungen. Wer hier die richtigen Marktbedürfnisse anspreche, könne schnell Fuß fassen.
Gewiss, so waren sich die Experten einig, erfordert wirtschaftliches Engagement in Afrika einen langfristigen Ansatz – „Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, wie Mariana Kühnel, Generalsekretär-Stellvertreterin der WKÖ, erklärte –, aber gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist der Blick auf Überseemärkte wichtiger denn je, wie Kühnel ebenfalls betonte. Sie ortet in Afrikas unterschätzten Wachstumsmärkten zahlreiche Anknüpfungspunkte für österreichische Unternehmen.
Allein schon deshalb, weil Afrika die Weltregion mit dem raschesten Städtewachstum ist, was zu einem steigendem Bedarf an „Smart City“-Technologien, an Infrastrukur, Energie und Industrieerneuerung führt. Auch bei Digitalisierung, Umwelttechnik, Wasserwirtschaft, Gesundheitswesen oder Landwirtschaft können Austro-Unternehmen andocken.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Afrika sind de facto minimal. Immerhin überschritten die Exporte seit 2022 jährlich die 2-Milliarden-Euro-Marke, was einem Prozent der Exportleistung entspricht. Das International Trade Center (ITC) errechnete ein für die heimische Wirtschaft nutzbares Exportpotenzial in Afrika in Höhe von zumindest weiteren zwei Milliarden Euro. Für den Schritt auf den Kontinent bietet die Außenwirtschaft Austria mit sechs Afrika-Standorten – in Kairo, Algier, Casablanca, Lagos, Johannesburg und Nairobi – Exportneulingen wie auch -profis tatkräftige Hilfte an.

Guter Rat ist teuer
Obwohl die afrikanischen Märkte heterogen sind, kristallisierten sich in den Panels einige zentrale Erfolgsfaktoren für Geschäfte auf dem Kontinent heraus: Eine physische Präsenz vor Ort sowie die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern gelten als entscheidend. „Diese verstehen die Prozesse, erkennen Chancen und helfen, kulturelle Feinheiten zu entschlüsseln“, erklärte Isaac Newton Acquah, Projektkoordinator im Tech-Bereich für das ITC in Ghana.
Unternehmer müssen sich zudem mit Geduld wappnen und flexibel auf Unvorhersehbares reagieren. Staatliche Bürokratie, Defizite in der Fachkräfteausbildung oder verzögerte Zahlungen sind Hürden, von denen Manager berichten. Auch die Finanzierung von Projekten stellt oft eine Schwierigkeit dar, da Banken afrikanische Länder vielfach noch als Hochrisikomärkte einstufen und sich entsprechend zurückhaltend zeigen.
Praxisnaher Workshop
Um auch praktische Erkenntnisse zu ermöglichen, veranstaltete die NGO ICEP gemeinsam mit der Austrian Development Agency (ADA) und der AG Globale Verantwortung ein Panel zu Multi-Stakeholder-Partnerships in Afrika am Beispiel der Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Nach kurzen Impulsen wurden in Arbeitsgruppen konkrete Lösungen erarbeitet.
Beispiele für die Nutzung von Chancen in Afrika in Kooperation mit der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit lieferten dabei Markus Maierhofer von FIMA Industries und Sonja Sagmeister von Amabo. Der steirische Unternehmer Maierhofer konnte kürzlich in der nigerianischen Metropole Lagos einen Auftrag über 20 Millionen Euro für ein Müllentsorgungsprojekt an Land ziehen – die benötigten Maschinen stammen vom österreichischen Unternehmen Komptech. Amabo wiederum produziert in Kamerun Dachziegel aus gepresstem Sand und recyceltem Altplastik – eine nachhaltigere und langlebigere Alternative zu den verbreiteten Wellblech- oder Tonziegeldächern.
„Flexibel und zielorientiert“ müsse man in Afrika agieren, sagt Maierhofer. „Resilient und mutig“, betont Sagmeister. Wer diese Eigenschaften mitbringe, finde keinen einfachen, aber einen vielversprechenden Markt voller Chancen direkt vor Europas Haustür.
