Interview

Stärke durch Stärke

Ausgabe 106 – Frühjahr 2025

Yemisi Iranloye trägt ihren Titel „The Cassava Queen“ mit Stolz. Seit 25 Jahren bringt die nigerianische Unternehmerin Maniok ins Rampenlicht. Mit Psaltry International fördert sie die industrielle Nutzung der Knolle.

Maniok ist in Österreich kaum bekannt. Was macht ihn besonders?

Iranloye: Maniok kann ohne Dünger oder Herbizide wachsen und ist glutenfrei – und is damit eine starke, gesunde Alternative zu Mais und Weizen. Bei Psaltry International konzentrieren wir uns seit langem auf die Verarbeitung zu hochwertiger Stärke und Mehl. Seit Sommer 2022 stellen wir auch den Süßstoff Sorbitol her – übrigens als die Einzigen in Afrika.

Ihr Unternehmen beliefert Großkunden wie Unilever und Nestle. Woher kommen die Wurzeln?

Iranloye: Psaltry benötigt täglich 600 Tonnen frische Wurzeln. Wir arbeiten mit vielen Kleinbauern zusammen – anfangs mit nur drei Bäuerinnen und 14 Bauern, heute sind es etwa 10.000. Viele haben sich von Kleinbauern mit einem Hektar Anbaufläche zu mittelgroßen Landwirten mit bis zu 50 Hektar entwickelt und leben damit deutlich über der Armutsgrenze. Wir schulen sie, liefern Maschinen und kaufen ihre Ernte. Zudem beliefern uns Betriebe von 50 bis 100 Hektar. Außerdem testen wir auf unseren eigenen Forschungsfarmen neue Sorten und Techniken.

Wie steht Nigeria im Vergleich zu anderen großen Produktionsländern da?

Iranloye: Thailand, Indonesien und Vietnam ernten mehr pro Hektar, aber wir lernen von ihnen und tauschen uns durch gegenseitige Besuche aus. Nigeria verbraucht Maniok noch traditionell, doch die industrielle Verarbeitung wächst seit einigen Jahren. In den kommenden fünf Jahren werden wir Produktion und Verarbeitung weiterhin steigern.

Wie läuft der Export?

Iranloye: Wegen Vorurteilen gegen nigerianische Produkte brauchen wir oft zehn bis zwanzig Dokumente, während Thailand mit fünf auskommt. Dennoch exportiert Psaltry erfolgreich in die USA, nach Südafrika und Großbritannien – das Vertrauen in die Qualität unserer Produkte steigt.

Welche Vision treibt Sie, die Königin des Manioks, an?

Iranloye: Maniok ist die Zukunft. Er liefert Erträge auch in Dürrezeiten, ganz anders als Mais. Immer mehr Frauen steigen in den Anbau ein und verdienen gutes Geld, das freut mich besonders. Die Preise für Wurzeln und verarbeitete Produkte schwanken zwar, aber unsere Bauern machen aufgrund der steigenden Nachfrage immer Gewinn. Ich habe über Soziale Medien Masterclasses gestartet, um mein Know-how weiterzugeben: 300 Teilnehmer waren es im ersten Jahr, tausend aus 17 Ländern im Vorjahr. Maniok ist für junge Menschen attraktiv, weil der Anbau mechanisiert werden kann – mit Pflanz-, Ernte- und Jätemaschinen. Die Wertschöpfungskette ist riesig, mit vielen Einstiegsmöglichkeiten. Und es gibt Raum für Innovation. Mit einem kanadischen Institut entwickeln wir Protein für Tierfutter. Ich bin überzeugt: Maniok kann Nigeria und Afrika transformieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Hauptstory

Eine Knolle mit vielen Stärken

In Österreich ist Maniok bestenfalls eine kulinarische Randerscheinung. Doch die stärkehaltige Knolle sättigt weltweit 800 Millionen Menschen und verspricht großes wirtschaftliches Potenzial. Besonders zwei Länder stechen hervor: Nigeria dominiert die Ernte, Thailand den Export.