Angesichts der Bauernproteste zu Jahresbeginn stellt sich die Frage: Ist Europa wirklich so ein schwieriges Pflaster für die Landwirtschaft?
Angesichts der multiplen Krisen von der Pandemie bis zum Ukrainekrieg: Wie hat die RWA die vergangenen Jahre überstanden, und ist das Unternehmen für die nächsten Jahre gut aufgestellt?
Wolf: Wir haben die Pandemie gut überstanden. Gemeinsam mit den Lagerhausgenossenschaften ist die RWA ein systemrelevantes Unternehmen. Wir haben das oberste Augenmerk darauf gelegt, die Versorgungssicherheit sicherzustellen, sowohl im Lebensmitteleinzelhandel als auch in der Landwirtschaft, wo es um Futter- und Betriebsmittel und Saatgut ging. Das ist uns gut gelungen. Natürlich hat der russische Angriffskrieg die Energiemärkte durcheinandergebracht, nur normalisiert sich das mittlerweile wieder. Ich glaube aber, dass wir für die Zukunft gut aufgestellt sind, weil wir letztlich Grundbedürfnisse der Menschen befriedigen.
Wie ist Österreich insgesamt wirtschaftlich aufgestellt?
Wolf: Viel besser, als wir es derzeit von der Medienöffentlichkeit vermittelt bekommen. Österreich steht im internationalen Vergleich noch immer gut da. Es ist ein sicheres Land mit sehr hohen sozialen Standards. Trotzdem dürfen wir nicht übersehen, dass wir Schritt halten müssen mit der Entwicklung, die weltweit stattfindet sowohl in der Produktivität als auch in der Forschung und Entwicklung. Da ist es fünf Minuten vor zwölf, dass wir den Anschluss nicht verpassen. Derzeit sind wir noch in der Lage, aus einer Position der Stärke heraus zu agieren. Und das sollten wir tun!
Wird unternehmerische Leistung hierzulande honoriert? Oder beobachten wir eine Veränderung in der Leistungsbereitschaft?
Ist das Genossenschaftsmodell zukunftsfit?
Der Genossenschaftsgedanke ist nicht nur hochaktuell, sondern auch zukunftsfit.
R. Wolf
Wo liegen die Wachstumsmärkte der RWA?
Wie passen für Sie Nachhaltigkeit und Wachstum zusammen?
Was bedeutet der Klimawandel für die österreichische Landwirtschaft?
Stichwort Handelsabkommen. Wo sehen Sie die berechtigten Anliegen der Landwirtschaft und wo würde unserer Landwirtschaft mehr Wettbewerb gut tun?
Wenn wir so weit sind, dass wir unsere Pflanzen nicht mehr schützen dürfen und deshalb Nahrungsmittel importieren müssen, dann frage ich mich: Ist das nachhaltig?
R. Wolf
Wie sehen Sie Afrika als Nahrungsmittelproduzenten?
Wolf: Afrika hat viel Potenzial. Da gibt es extrem fruchtbare Regionen, und ich glaube, Europa sollte sich verstärkt darum kümmern, dass die Landwirtschaft dort ordentlich und effizient aufgebaut wird, und das nicht den Chinesen oder den Arabern überlassen. Gleichzeitig muss ich ehrlich sagen, dass die RWA da nicht nur geographisch schon verdammt weit weg ist. Ich hätte keinen Mitarbeiter, den ich nach Afrika schicken könnte, weil uns letztlich das Know-how fehlt. Ich wüsste auch nicht, mit welchem Saatgut ich dorthin gehen sollte oder wie wir so ein Business organisieren könnten. Aber vielleicht engagiere ich mich hier in meinem zweiten Leben.
Welche Rolle spielen Werte in Ihrem Unternehmen?
Worum geht es Ihnen als Manager?
Wolf: Ich möchte, dass die Menschen, für die ich verantwortlich bin, ob sie hier im Unternehmen beschäftigt oder Mitglied einer Genossenschaft sind, nachhaltig verspüren, dass wir zu ihrem Wohlstand einen wichtigen Beitrag leisten. Und wenn ich das als Manager ein Stück weit orchestrieren kann, dann habe ich einen guten Job gemacht.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person
Reinhard Wolf, 64, ist Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der RWA Raiffeisen Ware Austria AG. Seinen beruflichen Werdegang startete der Agrarökonom 1985 bei der Österreichischen Raiffeisen Warenzentrale in Wien, die später in die RWA integriert wurde. Im Laufe seiner Karriere übernahm der Niederösterreicher verschiedene Führungspositionen im Konzern, bis er im Jahr 2009 zum Vorstandsdirektor der RWA, zuständig für die Bereiche Agrar und Energie, und schließlich im Jahr 2013 zum Vorstandsvorsitzenden ernannt wurde.
Zum Unternehmen
Die RWA Raiffeisen Ware Austria AG mit Sitz in Korneuburg spielt eine zentrale Rolle im agrarwirtschaftlichen Sektor Österreichs. 1993 wurde sie zuerst als Genossenschaft gegründet und übernahm die Aufgaben ihrer Vorgängerorganisationen auf Landes- und Bundesebene. 1998 wurde die gesamte Geschäftstätigkeit auf die neu gegründete RWA Raiffeisen Ware Austria AG übertragen. Diese fungiert als Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen und versorgt Lagerhausgenossenschaften in den Bereichen Agrar, Technik, Baustoffe, Bau- und Gartenmarkt, Energie, Dienstleistungen & Services. Die RWA ist außerdem in Kroatien, Serbien, Slowenien, Rumänien, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und der Ukraine aktiv. Mit der deutschen BayWa AG bildet der Konzern seit 1999 eine strategische Allianz. Rund 3.000 RWA-Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2022 circa vier Mrd. Euro Umsatz.
Fotos: Bernhard Weber

