corporAID: Sollte ein Thinktank danach trachten, einflussreich zu sein?
Mendizabal: Ich bevorzuge das Wort nützlich. Einflussreich bedeutet, dass es ein beeinflusstes Gegenüber gibt, das passiv und schwach ist. Dabei sind die politischen Akteure, mit denen Denkfabriken zusammenarbeiten, zumeist sehr machtvoll. Sie wollen einen Nutzen von Thinktanks haben, die ihnen Analysen bieten können, die sie sonst nur schwer erhalten würden. Das kann ihre politischen Entscheidungen beeinflussen – aber nur, weil sie den Denkfabriken dafür Raum gegeben haben.
Haben Thinktanks noch einen anderen Nutzen?
Mendizabal: Ja, sie sind nützlich für die Medien, weil durch die Befragung von Denkfabriken ihre Berichterstattung mehr Glaubwürdigkeit erhält. Außerdem schaffen sie Räume, in denen ein Austausch stattfindet. Mitarbeiter von Ministerien, Wissenschafter oder auch Wirtschaftsakteure begegnen sich etwa bei Veranstaltungen von Thinktanks.
Inwieweit sehen Sie Denkfabriken in aktuellen Debatten dem Zeitgeist verpflichtet?
Mendizabal: Sie sollten sich verpflichtet sehen, zu aktuellen Debatten einen Beitrag zu liefern oder auf entscheidende Entwicklungen hinzuweisen, die sonst übersehen werden. Dazu gibt es ein gutes Beispiel vom britischen Prospect Magazine, das immer wieder Thinktanks ausgezeichnet hat. Als der Arabische Frühling ausbrach, setzte man die Auszeichnung für den besten Thinktank für internationale Politik aus. Der Grund war, dass kein Thinktank diese Entwicklung kommen gesehen hatte. Dabei ist genau das die Aufgabe von Denkfabriken.
Und wie breit gefächert sehen Sie die Themensetzung bei entwicklungspolitischen Thinktanks?
Mendizabal: Ich habe den Eindruck, dass die entwicklungspolitischen Denkfabriken in der EU, Großbritannien oder den USA eine sehr ähnliche Themensetzung haben. Ein Grund dafür könnte sein, dass entwicklungspolitische Themen oft nur dann Aufmerksamkeit erhalten, wenn sie mit brennenden politischen Debatten wie etwa der Migration verbunden sind. Ansonsten handelt es sich eher um Randthemen.