Als EU-Beitrittskandidat ist Serbien gefordert, vermehrt auf Erneuerbare Energien zu setzen. Nach wie vor ist Kohle mit einem Anteil von 70 Prozent Spitzenreiter im Energiemix des Landes. Und obwohl Energieministerin Zora Mihajlovic am Bau eines weiteren Kohlekraftwerks festhält, verspricht sie noch für dieses Jahr einen integrierten Investitionsplan sowie bessere Rahmenbedingungen für private Investitionen in Erneuerbare Energien. 

Neben Sonne und Wind war Energie aus Biomasse in Serbien bisher kaum ein Thema. Nicht einmal holzverarbeitende Betriebe nützen ihre Holzabfälle zur Energieerzeugung, beobachteten Vertreter des AußenwirtschaftsCenter in Belgrad. Dennoch steigt die Produktion von Holzpellets ebenso wie die Zahl der Hersteller. Vor allem die nördliche Provinz Vojvodina gilt als Hoffnungsmarkt für österreichische Maschinen- und Anlagenbauer im Strom- und Wärmesektor.

Mit der ADA als Partner

Das Biomassepotenzial Serbiens zu heben, ist erklärtes Ziel eines Konsortiums unter der Führung von E3 International, eines US-basierten Beraters und Projektentwicklers für nachhaltige Energie. Das Unternehmen wurde vor 20 Jahren im Auftrag der US-amerikanischen Entwicklungsagentur USAID am Balkan tätig. Später managte es unter anderem eine große Investitionsfazilität für die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung EBRD und begleitete dabei mehr als 400 Energieeffizienz- und Erneuerbare Energie-Projekte in Serbien. Auf diese Erfahrungen gestützt wollen die Berater nun mit dem Aufbau eines nachhaltigen Biomassemarkts in der Vojvodina eine neue Bresche schlagen, um das Land beim Ausbau der Erneuerbaren Energien unterstützen. Mit CIFOR Deutschland und deren Mutterorganisation in Indonesien haben die Amerikaner zwei renommierte Forschungseinrichtungen zum Thema integrale Forst- und Agroforstwirtschaft zur Seite.

Als Finanzierungspartner ist für die erste Phase seit Mitte 2020 die Austrian Development Agency ADA, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, über eine Wirtschaftspartnerschaft mit an Bord. ADA-Programmmanager Gottfried Traxler begründet die Förderung damit, „dass das Projekt grünes Wirtschaftswachstum und nachhaltige Lebensgrundlagen im ländlichen Raum unterstützt, und zwar im Einklang mit den Prioritäten der serbischen Regierung, dem Pariser Abkommen und den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen“.

Holz als Basis

Schilf oder Weide Was gut gedeihen kann, bestimmen vor allem Bodenbeschaffenheit und Niederschlag.

Erstes Etappenziel im Rahmen der Wirtschaftspartnerschaft war die Errichtung einer Demonstrationsanlage für den Anbau schnell wachsender Hölzer – in diesem Fall Weiden- und Schilfarten – mit hohem Trockenmasse-ertrag für die Energieerzeugung. Dies gelang in Kooperation mit einer Dorfgemeinde, Nova Crnja, dem dortigen Bauernverband und dem BioSense Institut der Universität Novi Sad: Gemeinsam wurden so genannte Kurzumtriebsplantagen im Umfang von mehreren Hektar errichtet. Bonnie Norman, Geschäftsführerin von E3 International, erklärt dazu: „Wir wollen mehrere Nutzen stiften und haben daher festgelegt, dass die Energiehölzer ausschließlich auf aufgeschüttetem Bergbau- oder Deponiegelände oder brachliegenden staatseigenen Agrarflächen errichtet werden.“ Sie unterstreicht, dass sich die Böden binnen zwanzig Jahren – das ist der für Kurzumtriebsplantagen vorgesehene Zyklus – sogar regenerieren und dann wieder für andere Anpflanzungen in Frage kommen.

Die richtige Vorbereitung der Pflanzbeete macht sich bei der Ernte bezahlt.

Die Demonstrationsanlagen sollen Anbau und Wachstum von Energiepflanzen veranschaulichen, sind aber auch Ausgangspunkt für die Entwicklung eines technisch, rechtlich und wirtschaftlich tragfähigen skalierbaren Geschäftsmodells für Kurzumtriebsplantagen. Daran werde zurzeit gefeilt, so Norman. Ziel sei, 45.000 Hektar in Kurzumtriebsplantagen umzuwandeln – das ist ein Viertel der ungenützten Äcker in der Vojvodina. Landesweit liegen 1,6 Millionen Hektar brach. Mit einem angestrebten Ertrag von mindestens einer halben Million Tonnen Holztrockenmasse jährlich werde man einen relevanten Beitrag zur Wärme- und/oder Energieerzeugung in Serbien leisten. 

Fazilität im Visier

Bis dahin ist jedoch noch sehr viel zu tun. So sind die Projektpartner aktuell dabei, mit dem staatlichen serbischen Stromerzeuger, den lokalen Fernwärmeunternehmen und Einrichtungen mit ganzjährigem Wärmebedarf (wie Spitäler und Hotels) Abnahmeverträge zu entwickeln. Daneben müssen im Austausch mit der Agrar- und Handelskammer sowie diversen gewerblichen Akteuren kostengünstige kurze Lieferketten entwickelt werden – inklusive der Gründung von Maschinenringen für Setz- und Erntemaschinen oder der Errichtung von Lagern. Von entscheidender Bedeutung sind zudem Empfehlungen zur Verbesserung des politischen Rahmens: Förderungen, Anreize, Netzzugang oder Einspeisetarife. Zugleich arbeiten die Partner mit der Universität Belgrad an einer Schulungsplattform für die Landwirte. Themen sind das Management von Kurzumtriebsplantagen, die Standort- und Sortenwahl und nachhaltige Anbaumethoden. „Der Biomasseanbau soll den Landwirten ein spürbares Zusatzeinkommen ermöglichen und damit auch zur Eindämmung der Landflucht beitragen“, sagt Norman. Beschäftigungsmöglichkeiten sieht sie etwa auch für jene, die wegen des absehbaren Rückbaus von Kohleminen alternative Jobs suchen werden. 

Bei allen ökologischen Vorteilen, die Kurzumtriebsplantagen bieten, tragen sie doch zur Monotonisierung von Landschaften bei. Um einen Ausgleich zu schaffen, haben sich die Konsortialpartner verpflichtet, rund 4.000 Hektar entwaldeten Boden wieder aufzuforsten – mit dem Zusatznutzen, dass wiederum Arbeitsplätze entstehen. Dafür soll eine eigene Förderung gesucht werden.

Die Finanzierung ist generell die größte Herausforderung im Projekt, „bietet aber auch das größte Potenzial“, erklärt Norman. Sie will Investitionskapital in Höhe von rund 200 Mio. Euro für die Errichtung eines Biomassemarkts auf Basis von 45.000 Hektar Kurzumtriebsplantagen aufstellen. Einen Gutteil davon benötigen die Landwirte als Kredit, da ein positiver Cashflow erst ab dem fünften Jahr erwartbar ist. Doch hat das Konsortium noch weit größere Pläne. „Wir wollen nach internationalem Vorbild mit Entwicklungsbanken und privaten Investoren eine Fazilität aufstellen, die auch die Errichtung von Wärme-, Solar- oder Windkraftwerken stimulieren kann.“ Für das Vehikel will Norman mittelfristig mehr als eine Mrd. Euro aufstellen. Eine Information für Investoren soll in Kürze vorliegen. 


Die Partner

Internationales Konsortium 

Medienarbeit in Serbien: Bonnie Norman, Geschäftsführerin von E3 International

E3 International ist ein seit 20 Jahren bestehender und 2010 neu strukturierter Projektentwickler im Energiesektor mit Sitz in den USA und Tochtergesellschaft in Belgrad. Das rund 20-köpfige Team unter Leitung von Bonnie Norman hat Zugriff auf einen großen Expertenkreis. Seit kurzem sind die Berater auch in Nordafrika tätig. Die beiden Forschungszentren Center for International Forestry Research in Indonesien und World Agroforestry in Kenia haben Anfang 2019 als CiFOR ICRAF fusioniert, um sich wissensbasiert für die nachhaltige Bodennutzung unter Berücksichtigung globaler Herausforderungen zu engagieren.

Fotos: E3 International

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